Die Verschwörung des Bösen
groß, aber ein ausgezeichneter Beobachter war, schon eine ganze Weile im Auge hatte. Er schnappte sich die Beute und verschwand damit in einer Ecke, um sie in Ruhe zu verspeisen.
»Habt Ihr das gesehen, Herr, der Hund hat…«
»Ich warte!«
»Also, es ist nur eine Kleinigkeit, die mir aufgefallen ist. Der Haarschneider, der hier im Palast arbeitet, ist gestern Abend kurz vor Sonnenuntergang in den Palast gekommen und keiner hat ihn seither wieder hinausgehen sehen. Normalerweise endet sein Dienst vor dem Mittagessen.«
»Dann hat er sich also versteckt!«
»Seid unbesorgt, ich habe seine Arbeitsgeräte. Niemand darf sich im Palast aufhalten, der Waffen oder andere gefährliche Gegenstände mit sich führt.«
»Dummkopf! Wahrscheinlich hat er irgendwo ein
Rasiermesser versteckt!«
Sobek und sein Untergebener liefen zu den Gemächern von Sesostris. In dem Flur, der dorthin führte, entdeckten sie den Haarschneider.
»Das ist er!«
Der Mann, der einen kleinen Lederbeutel in der Hand hielt, blieb erschrocken stehen. Sobek fiel mit seinem ganzen Gewicht von hinten über ihn her und drückte ihn zu Boden. Sein Untergebener fesselte ihn an Händen und Füßen mit einem Seil, das ihm ins Fleisch schnitt.
»Gib’s zu, du wolltest den König töten!«
»Nein, nein, ich schwöre es, das wollte ich nicht!«
»Das werden wir gleich sehen.«
Sobek öffnete den Lederbeutel.
Darin war kein Rasiermesser, sondern ein wunderschöner Skarabäus aus Karneol.
»Hast du den Skarabäus gestohlen?«
Der Haarschneider senkte den Kopf.
»Ja, ich geb’s zu.«
»Und wem?«
»Einem Zimmermädchen.«
»Und dann hast du dich heute Nacht hier versteckt, um deinen üblen Plan auszuführen?«
»Ich habe geglaubt, dass mich niemand bemerkt hat. Ihr müsst entschuldigen, ich… «
»Ich entschuldige gar nichts, sondern verspreche dir einige Jahre Gefängnis.«
Während Sesostris noch den Angriffsplan von General Nesmontu studierte, unterrichtete Sobek die beiden davon, dass zwei verletzte Späher soeben die erste Verteidigungslinie hinter sich gelassen hatten. Misstrauisch wie er war, verlangte der oberste Ordnungshüter von General Nesmontu, dass er die Männer überprüfte, ehe sie vor dem Pharao erscheinen durften. Einer der beiden jungen Männer hatte eine Pfeilspitze in der linken Schulter, der andere ein blutiges rechtes Bein. Sehr stolz darauf, dass sie ihren Auftrag erfolgreich ausgeführt hatten, wollten sie sich aber nicht verarzten lassen, ehe sie dem Pharao und dem General, die ihnen gespannt zuhörten, Bericht erstattet hatten.
Nesmontu beglückwünschte sie zu ihrer Leistung und beförderte sie in den Offiziersstand. Als sie dann auch noch der König, der einen guten Kopf größer war als sie, umarmte, konnten die beiden Helden Tränen der Rührung nicht mehr unterdrücken.
Nachdem man sie ins Krankenlager gebracht hatte, rief Sesostris seinen engsten Beraterkreis zusammen – die beiden Generäle Nesmontu und Sepi, den Träger des Königlichen Siegels, Sehotep, und Sobek den Beschützer.
Mit ernster Miene fasste Nesmontu die Neuigkeiten zusammen, die sie eben erhalten hatten. Nach seinem Bericht herrschte erst einmal bedrücktes Schweigen.
»Chnum-Hoteps Verteidigungsanlage ist unüberwindlich«, meinte endlich Sepi. »Wir bräuchten eine dreimal so große Armee, um ihn zu überrennen – und das auch nur auf Kosten schwerer Verluste. Beim gegenwärtigen Zustand unserer Truppen haben wir keine Chance.«
»Ich gebe zu, dass es ein schwieriges Unternehmen zu werden scheint«, gestand Nesmontu. »Trotzdem kommt es nicht in Frage, dass wir aufgeben. Ich übernehme mit meiner besten Einheit die Führung, und wir durchstoßen die gegnerischen Bollwerke.«
»Du wirst kämpfen wie ein Held, da bin ich mir ganz sicher«, sagte Sehotep. »Aber du wirst mit deinem Leben bezahlen. Und welche Hoffnung bleibt uns dann noch, wenn wir unsere besten Soldaten verloren haben?«
»Dass wir jetzt die feindlichen Stellungen kennen, ist für uns von erheblichem Vorteil. Wenn wir unser Wissen geschickt nutzen, ist das Schicksal vielleicht auf unserer Seite.«
»Was sollen diese überflüssigen Beschwörungsformeln!«, protestierte Sobek. »Du hast uns doch eben selbst erklärt, warum wir von vornherein verloren haben.«
»Und wenn wir doch noch einmal versuchen zu
verhandeln?«, schlug Sehotep vor. »Ich glaube, ich könnte Chnum-Hotep besänftigen.«
»Er würde dich nur als Geisel behalten«, prophezeite General Sepi.
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