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Die Verschwoerung von Toledo

Die Verschwoerung von Toledo

Titel: Die Verschwoerung von Toledo Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Philipp Espen
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es waren ihre Reiter, die unwillkürlich langsamer ritten. So als könnten sie damit das Zusammentreffen mit all ihren Feinden hinauszögern.
    »Wie willst du es machen, Henri?«, fragte Uthman eines Nachmittags, als hinter ihnen in der Ferne die Türme von Nimes verschwanden. »Wir werden Avignon in spätestens fünf Tagen erreichen. Willst du in die Stadt einreiten und ihnen Ferrand in den Hof des Gerichtshauses legen?«
    Henri blickte mutlos. »Ich weiß es selbst nicht, Uthman. Nein, wirklich! Ich entscheide es, wenn wir vor den Toren Avignons stehen. Vielleicht kann ich Gottfried von Wettin zurate ziehen, der, wie du weißt, bei den Dominikanern ist. Ich werde Gottfried als Ersten aufsuchen. Er muss mir raten.«
    »Henri, sie werden dich schon am ersten Stadttor verhaften! Du hast keine Chance, nach Avignon hineinzukommen. Und wenn es dir gelingen sollte, dann kommst du nicht lebend hinaus. Du musst das wissen, Henri! Mein Gott, warum handelst du nicht entsprechend!«
    »Ferrand de Tours muss vor ein ordentliches Gericht«, brummte Henri stur. »Und ich bin es, der ihn hinbringt.«
    »Ich mache dir einen Vorschlag! Lass die beiden Sarazenen mit ihm einreiten. Gegen sie liegt nichts vor, niemand kennt sie. Wir warten im sicheren Abstand von den Stadtmauern, bis sie uns Bericht erstatten.«
    »Ich bin es, der Ferrand abliefern muss, Joshua! Das bin ich mir schuldig. Ich kann die Verantwortung nicht abtreten.«
    »Du wirst Ferrand nach Avignon gebracht haben. Damit hast du deine Verantwortung erfüllt. Alles andere liegt ohnehin in Gottes Hand, denn du nimmst doch nicht im Ernst an, dass du auf das Gerichtsverfahren Einfluss nehmen kannst. Vielleicht lassen sie ihn wegen Mangel an Beweisen oder weil sie ihn für ihre Pläne einspannen können, wieder laufen. Willst du in den Mauern Avignons darauf warten? Es kann Tage und Wochen dauern.«
    »Ich muss es selbst tun!«
    »Denke wenigstens in den kommenden Tagen über meine Worte nach, Henri! Das bist du mir und Uthman schuldig. Und vor allem dir selbst! Du wirst noch gebraucht, Henri! Mein Gott, es ist ja, als wolltest du dein Leben wegwerfen! Du weißt, das wäre Sünde!«
    »Ich werde deinen Vorschlag bedenken, Joshua. Mehr verspreche ich nicht.«
    Zwischen Nimes und der Stadt Tarascon, die schon an der Rhone lag, wendete Henri das Für und Wider seines Vorhabens hin und her. Er wusste, Joshua und Uthman hatten Recht. Es war Selbstmord, nach Avignon zu reiten. Er forderte das Schicksal ungebührlich heraus.
    Aber er sah keine Lösung, von seinem Plan, den er einmal gefasst hatte, abzuweichen. Musste ein Tempelritter sich nicht selbst treu bleiben? Aber war es wirklich ein Verrat an der eigenen Treue, wenn er einen offensichtlich undurchführbaren Plan aufgab?
    Und dann entschloss sich Henri ein letztes Mal, sein Vorhaben um keinen Preis aufzugeben. Er würde es tun! Ferrand de Tours musste in Avignon vor ein Gericht gestellt werden. Henri sah keine Möglichkeit, sich seiner Verantwortung dafür zu entziehen.
     
     
    Avignon besaß noch immer Dutzende von italienischen Bankhäusern und stank noch immer zum Himmel. Das Wasser aus Küchen und Aborten floss durch die Gassen und durch Löcher in der Stadtmauer in die Rhone hinab. Als Henri die Mauern der gelben Stadt erreichte, überfiel ihn die Erinnerung an seinen letzten Aufenthalt.
    Es war vor mehr als einem Jahr gewesen, im April, man feierte die Tage des Anselm. Henri hatte damals die Ermordung des Verräters Clemens vorbereitet.
    Die gelben Mauern der Stadt türmten sich so hoch auf, als wollten sie die Wolken berühren.
    Henri zügelte sein Pferd und dachte nach, für einen Moment mutlos. Er hatte Ferrand auf Joshuas Pferd gesetzt und ihm die Hände am Sattelknauf angebunden.
    Wieder zahlte er in Villeneuve-les-Avignon an der alten Brücke über die Rhone, die jetzt St. Benezet hieß, den üblichen Zoll fremder Kaufleute. Ferrand, für den Henri mitbezahlte, sagte kein Wort, er blickte plötzlich zuversichtlich.
    Der ummauerte Vorhof in Richtung Stadt, unterhalb der erzbischöflichen Burg, wurde von mürrischen Soldaten, die sich aber nicht für Ferrands Fesseln interessierten, freigegeben. Henri war beinahe beunruhigt darüber, dass alles so glatt ging. Er blickte so wie bei seinem ersten Besuch unwillkürlich zu dem Bergfried der Burg St. André auf. Der Turm wurde noch immer Donjon Philipps des Schönen genannt, denn dieser hatte ihn zu seinen Lebzeiten als Aufsicht und Brückenkopf der päpstlichen Stadt

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