Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Die Verschwoerung von Whitechapel

Die Verschwoerung von Whitechapel

Titel: Die Verschwoerung von Whitechapel Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Anne Perry
Vom Netzwerk:
geheimnisvoll, und du kamst mir auch ziemlich verstört vor. Ich wollte einfach mal nachsehen, ob es dir gut geht.«
    »Und was wirst du tun, wenn das nicht der Fall ist?« Charlotte nahm sich eins der Laken vor.
    Emily ergriff das andere Ende. »Ich gebe dir Gelegenheit, einen Streit mit mir vom Zaun zu brechen, damit du so richtig auf jemandem rumhacken kannst. Es sieht ganz so aus, als ob du im Augenblick genau das brauchst.«
    Charlotte sah sie an, ohne weiter auf das Laken zu achten. Zwar gab sich Emily Mühe, munter zu wirken, doch sah sie in den Augen der Schwester Besorgnis, und ihre kesse Antwort war in keiner Weise lustig gemeint.
    »Ich komme zurecht«, sagte Charlotte etwas freundlicher. »Um Thomas mache ich mir allerdings Sorgen.« Die beiden Schwestern hatten an vielen seiner Fälle mitgewirkt, und so konnte sich auch Emily gut in die Situation einfühlen. Außerdem wusste sie, was Angst war, und sie hatte gelegentlich etwas über den Inneren Kreis gehört. Charlotte konnte ihr nicht sagen, wo sich Pitt aufhielt, wohl aber, warum.
    »Und was steckt dahinter?« Emily spürte, dass es mehr gab, als ihr Charlotte anvertraut hatte, und in ihrer Stimme schwang Sorge mit.
    »Der Innere Kreis«, sagte sie leise. »Ich glaube, Adinett hat zu ihnen gehört. Eigentlich bin ich meiner Sache sogar sicher. Die werden Thomas nie verzeihen, dass er den Mann überführt hat.« Sie zitterte ein wenig. »Gerade heute Morgen hat man ihn gehängt.«
    »Ich weiß. Einige Zeitungen haben wieder einmal über die Schuldfrage spekuliert: ob er es überhaupt getan hat. Offenbar kann sich niemand ein Motiv für einen solchen Mord denken. Hat Thomas auch keine Vorstellung?«, fragte sie mit düsterer Stimme.
    »Nein.«
    »Versucht er, es denn festzustellen?«
    »Das kann er nicht«, sagte Charlotte und sah zu den Wäschestücken, die auf dem Fußboden lagen. »Man hat ihn von seinem Posten in der Bow Street abgelöst und … und ihn ins East End geschickt … wo er Jagd auf Anarchisten machen soll.«
    »Was?« Emily war entsetzt. »Das ist ja ungeheuerlich! Und an wen habt ihr euch gewandt?«
    »Niemand kann etwas dagegen unternehmen. Cornwallis
hat bereits alles versucht, was in seinen Kräften steht. Im East End ist Thomas vor denen sicher, soweit das möglich ist, denn niemand weiß, wo er sich dort aufhält.«
    »Im East End, und man weiß nicht, wo?« An Emilys entsetztem Gesicht ließ sich nur allzu deutlich ablesen, welche Gefahren sie sich ausmalte.
    Charlotte sah beiseite. »Ich weiß. Alles Mögliche könnte ihm passieren, und es würde Tage dauern, bevor ich es wüsste.«
    »Nichts wird ihm passieren«, sagte Emily rasch. »Und mir leuchtet ein, dass er dort immer noch sicherer ist als an einem Ort, wo sie ihn aufspüren könnten.« In ihrer Stimme lag mehr gespielter Mut als Überzeugung. Rasch fuhr sie fort: »Was können wir tun, um zu helfen?«
    »Ich war bei der Witwe Fetters«, sagte Charlotte und sprach in ebenso zuversichtlichem Ton wie ihre Schwester. »Aber sie weiß nichts. Ich versuche gerade, mir zu überlegen, was ich als Nächstes tun könnte. Es muss etwas geben, worüber die beiden Männer in Streit geraten sind, aber je mehr ich über Martin Fetters erfahre, desto überzeugter bin ich, dass er ein ungewöhnlich friedliebender Mensch war, der niemandem etwas zuleide getan hat.«
    »Dann suchst du eben nicht an den richtigen Stellen«, sagte Emily offen heraus. »Vermutlich hast du an all die Motive gedacht, auf die man üblicherweise verfällt: Geld, Erpressung, eine Frau, Rivalität um eine Anstellung oder dergleichen?« Sie sah verwirrt drein. »Was war eigentlich die Basis ihrer Freundschaft?«
    »Reisen in ferne Länder und politische Reformen, soweit seine Frau weiß.« Charlotte legte das letzte Laken zusammen. »Möchtest du eine Tasse Tee?«
    »Nicht unbedingt. Aber ich würde lieber in der Küche sitzen, als hier vor dem Wäscheschrank herumzustehen«, gab Emily zurück. »Kann man sich über Reisen eigentlich ernsthaft in die Haare geraten?«
    »Das bezweifle ich. Außerdem sind sie nicht einmal in dieselben Länder gereist. Mr. Fetters war im Nahen Osten und Adinett in Frankreich, außerdem hatte er sich früher einmal in Kanada aufgehalten.«
    »Dann steckt bestimmt die Politik dahinter.« Emily folgte ihr die Treppe hinunter und durch den Flur in die Küche. Sie beglückwünschte Gracie zu ihrem Kuchen, dessen Duft den Raum füllte. Normalerweise hätte sie nie im Leben das Wort an ein

Weitere Kostenlose Bücher