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Die Verstoßenen (Verlorene Erinnerungen) (German Edition)

Die Verstoßenen (Verlorene Erinnerungen) (German Edition)

Titel: Die Verstoßenen (Verlorene Erinnerungen) (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sarah Arnold
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in
deiner Annahme, dass ich mir ihr Vertrauen erschleiche und auch dazu, dass ich
ihre Ängste kennenlerne, aber auch ihre Vorlieben. Das System hat Lücken, glaubt
mir, und die weiß ich zu nutzen. Ich bin Psychologin. Meine Arbeit stellt
niemand in Frage und deswegen fällt es auch keinem auf, wenn ich Ängste und
Vorlieben bei dem Profil vertausche und ihnen so den angenehmsten Aufenthalt
schenke.“
    Er rang sich nur zu einem unbeeindruckten „ Mhm“ durch. Etwas
mehr Begeisterung wäre ihr Recht gewesen, aber das konnte sie von diesem Kerl
wohl nicht erwarten.
    Nach kurzer Zeit des Schweigens, fragte sie: „Du willst bestimmt
wissen, warum ich mich entschieden habe, dich zu betreuen.“
    „Ja, das würde mich wirklich interessieren“, nuschelte er  gespielt
freundlich und versuchte auch wirklich interessiert zu klingen, obwohl es ihn
wenig kümmerte. Er war nun mal hier und konnte nichts daran ändern und sie war
nun eben seine Betreuerin. Auch wenn sie gute Absichten oder Einstellungen hegte,
war es ihm im Grunde egal, wohin man ihn verfrachten würde. Er würde ja auf
kurze oder lange Sicht versuchen auszubrechen und Penelope zu finden.
    „Also meistens suche ich mir die Hässlichsten oder die, die am meisten
entstellt oder gar verstümmelt, am unheilbarsten krank sind. Einfach solche,
die - wenn ich sie retten würde - bei der nächsten Resetta wieder hierher kämen.
Diese Menschen, ich will nicht sagen hoffnungslosen Fälle , - aber doch,
das trifft es eben -,  die suche ich mir aus, um sie in die sichersten und
angenehmsten Reservate zu bringen. Doch bei dir, war es etwas anderes. Ich habe
dich als Patienten ausgewählt, weil du anders als die meisten hier bist. Du
bist nicht verwundet, entstellt oder der hässlichste Abschaum der Straßen.
Deswegen weiß ich nicht, warum du hier bist, obwohl es genau das ist, was mich
wirklich mal interessieren würde. Ich habe Fragen und du vielleicht die
Antworten, auch wenn du es selbst vielleicht nicht weißt. Ich meine: Warum bist
du hier, warum hat man dich bei den Resettas aufgerufen?“
    Wie ein Messer rissen alte, fast verschlossene Wunden in Jay wieder
auf. Sie waren nicht verschlossen, weil sie etwa durch Vergebung geheilt werden
könnten. Nein, nie würde er vergeben können. Doch wie heißt es so schön: die
Zeit heilt alle Wunden. Er begann zu verdrängen, zu vergessen. Er löschte
diesen Teil seiner Vergangenheit aus seinem Leben. Er wollte die Frage nicht
beantworten. Das ging niemanden etwas an, erst Recht nicht die Psychologin der
NRU!
    Sie sollte keine Antworten auf ihre Fragen bekommen. Das stand ihr
nicht zu. Also schwieg er. Er drehte sich weg, legte sich auf das Bett und
starrte die weiße Decke des Raumes an. Er schwieg, ab jetzt redete er kein Wort
mehr, mit niemandem. Nach einer Stunde verließ die Pflegerin den Raum, mit
einem traurigen Seufzen. Genervt verdrehte Jay die Augen. Natürlich, er
bewunderte die Taten dieser Frau auf eine gewisse Weise. Doch das war ihre
Vergangenheit und sie konnte stolz darauf sein und davon erzählen. Doch seine
Vergangenheit sollte auch allein seine bleiben. Würde er etwas davon
preisgeben, so würden andere vielleicht Konsequenzen für sein Handeln tragen
müssen und er dann ebenfalls und das könnte er niemals verantworten. Also
schwieg er von jetzt an, vielleicht für immer, wer weiß.
    Drei Tage verliefen zäh und träge. Alle gleich. An keinem einzigen
hatte er auch nur ein Wort gesagt. Morgens, mittags und abends kamen
Pflegerinnen und brachten  ihm ein wenig zu Essen und zu Trinken. Meistens eine
seltsame grüne Masse, die so ziemlich nach nichts schmeckte, neutral. Er konnte
es nicht definieren.

Kapitel 3
     
     
     
    Es war noch früh am Morgen. Sonnenlicht, das die Wände des Raums
aufnahmen und etwas gedämpft reflektierten, tauchte das kleine Zimmer in zartes
Zitronengelb. Aus den kleinen Mikroboxen in den Wänden schallte ein lautes
schrilles Klingeln. Jay sprang auf. Er musste. Hastig rannte er zu dem
Kleiderhaufen, den man ihm hingelegt hatte. Seine alten eigenen Kleider, die er
bei der Resetta getragen hatte. Der vertraute Geruch nach den Wäldern, nicht
nach sterilen sauberen Räumen, sondern nach morschem Holz und frischer
unverbrauchter klarer Luft, ließen ihn für einen kurzen Moment in Erinnerungen
schwelgen. Er liebte diesen Geruch, diese Kleidung. Er musste sie bei der
Aufnahme gegen dunkelblaue Einheitskleidung für Jungen tauschen, nun durfte er sie
wiederhaben. Schnell zog er

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