Die Verstoßenen (Verlorene Erinnerungen) (German Edition)
würde, diese zwei
unglaublich tapferen Menschen:
Das blinde Mädchen und der geheimnisvolle Junge.
Olivia würde immer für sie kämpfen, denn sie hatten ihr in der wenigen
Zeit, die sie miteinander hatten, etwas so kostbares geschenkt, das sie in
ihrem alten Leben nie hatte:
Geborgenheit, Zuneigung, Zusammengehörigkeit.
Egal, wie das Leben hier ohne die Beiden weiter ging, sie würde diese
magische Zeit, voller Grausamkeit des Reservates, aber auch voller wunderbarer
Erfahrungen, immer in Erinnerung tragen. Und wie es sich hier auch entwickeln
würde, sie hielt an dem Schwur, den die Gruppe heute geleistet hatte fest:
Sie würden sich irgendwann alle wiedersehen, in einer besseren Welt,
einer sicheren Welt, einer gerechten Welt.
EPILOG
Sie saßen in dem schwarzen Helikopter, der, angetrieben von glühender
blauer Energie, matt leuchtete. Ihre Sitze waren in einem abgelegenen kleinen
Abteil, nur die Beiden. Verlassen, hoch im Himmel über den Reservaten, denen
sie nun den Rücken kehrten. Es war still, bis Jay den Blick hob, sie anstarrte
und auf einmal wütend schnaubte:
„Mein ganzes beschissenes Leben ist ein Test! Ein Test, der nur aus
hinterhältigen grausamen Prüfungen besteht. Ein Test, der mich bald in den
Wahnsinn treibt. Denn weißt du, was meine größte Angst ist? Dass ich den Test
nicht bestehe…Ich meine, wenn ich alles versuche, wenn ich alles gebe, denn das
tue ich, jeden verdammten Tag, aber was ist, wenn es einfach nicht reicht?“
Erschrocken blickte Ceela auf. Dann sagte sie ernst:
„Guck dich an, Jay! Ich meine es ernst, guck dir an, wer du bist. Denn
ich weiß nicht, ob dir das schon aufgefallen ist, aber du bist der stärkste,
klügste, härteste, und verdammt nochmal, der aller mutigste Mensch, den ich je
kennengelernt habe. Du musst nicht glauben, dass dein Leben ein Test ist, aber
wenn du das dennoch tust, dann lass dir eins sagen: Welchen Test sollte es
geben, den du nicht bestehen könnest?“
Was sollte er schon sagen? Sie war ein so wundervoller Mensch. Er fand
keine Worte, er schwieg.
Pause.
Sie senkte ihren toten Blick wieder auf den Boden.
„Darf ich dich was fragen?“
„Nur zu.“
„Wieso glaubst du, dass dein Leben eine Prüfung ist?“
„Ich kann nicht gut erklären, aber, du musst verstehen, dass es
Menschen, und ich meine, gefährliche Menschen, gibt, die mich lieber tot wissen
würden.“
Pause.
Die Wahrheit seiner Worte schlug ihr ins Gesicht.
„Ist das der Grund, weshalb du in die Reservate geschickt wurdest?“
„Ja, das ist er wohl. Leider. Ich habe alles getan, dass das nicht
passiert, denn ich wollte für Penelope sorgen. Ich musste, sie hat sonst
niemanden! Ich bin untergetaucht, habe meinen Namen und mein Aussehen geändert,
habe mir ein gefälschtes, neues ID einpflanzen lassen, habe alles getan, damit
sie mich nicht finden. Aber schließlich musste ich begreifen, dass die Regierung
einen immer finden wird, denn das haben sie letztendlich und dann musste ich
gehen, habe alles verloren, was ich noch hatte. Weißt du, ich hatte gerade
wieder angefangen, mir ein neues Leben aufzubauen, ein sicheres Zuhause für
Penelope. Aber sie haben es mir genommen, sie haben mich in die Reservate
geschickt, um zu sterben und deswegen, verstehe ich nicht, wieso gerade ich
jetzt für diese Mission ausgewählt wurde. Aber ich weiß, dass es einen viel
dunkleren tieferen Grund gibt, als ich vielleicht jetzt erahne.“
Pause.
„Ich habe Angst.“ Sie war nicht in der Lage mehr zu sagen.
„Ich auch.“
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