Die Verstoßenen (Verlorene Erinnerungen) (German Edition)
zwischen den Rahmen und bildete wieder eine Tür.
Diese Technik zum Abriegeln von Räumen gab es überall, es war Alltag, Stand der
Technik dieses Jahres, dem Jahr 2426. Er dachte, die Technik wäre in den Reservaten
weiter zurückgefallen - so hieß es zumindest.
Die junge Frau schaute ihn einen Moment lang zögernd an, dann sagte sie
ruhig: „Hallo, mein Name ist Ina, Ina Sully. Wer sind Sie?“
Etwas misstrauisch, was die Frau von ihm wollte, antwortete Jay: „Jay
Stone.“ Dann fragte er kühl und streng „Wo bin ich hier und was machen sie
hier?“
„Du bist im Verteilerzentrum der NRU, in der psychischen
Reinigungsabteilung und ich bin deine Betreuerin. Ich werde dich psychisch auf
die Reservate vorbereiten und ein Schreiben über deine geistige Verfassung bei
deiner Ein- und Auslieferung ausstellen.“
„Was sind das für Schreiben?“
„Darin beschreibe ich deinen Zustand, geistig und körperlich und
erkläre deine Ängste und Probleme, damit wir ein geeignetes Reservat für dich
finden.“
„Warum tun sie das?“, fragte Jay ernst.
„Was? Warum tue ich was?“, verwirrt blickte Miss Sully in Jays
meergrüne Augen.
„Mich anlügen“, entgegnete er ruhig. Doch in seinen Augen loderte Wut.
„Ich lüge sie nicht an. Warum sollte ich das tun?“, antwortete die Dame
verunsichert.
„Sie wollen sich mein Vertrauen erarbeiten. Sie kommen hier rein, nett,
verständnisvoll, mitfühlend, stellen sich mit Vornamen vor, sprechen mich aber
trotzdem mit Sie an, sie haben diese Höflichkeit wie sie nur wenige Menschen
gegenüber Ropeys haben. Sie sind so ausgesprochen nett, obwohl wir doch beide
wissen, dass sie mich ausliefern wollen. Ich wurde ausgewählt weil ich zu
hässlich und abstoßend bin, um die Straßen zu betreten. Doch sie behandeln
mich, als wäre ich ein angesehener Citiza, ein Gleichberechtigter. Sie wollen
mein Vertrauen durch diese Höflichkeit erschleichen, wollen jemand sein, dem
ich mich zuwenden kann. Der anders ist, als die grausame Regierung“, erklärte
er mit finsterem Ausdruck im Gesicht. Er wusste wovon er sprach, das würde er
sie wissen lassen, mehr nicht. Er musste Macht zeigen, solange er noch konnte.
„Warum denken sie das? Wozu sollte ich mir denn Ihr Vertrauen
erschleichen? Ich bin einfach nur gut erzogen.“ Sie war aufgebracht, wütend.
Eine durchaus voraussehbare Reaktion für ihn.
„Bitte ersparen Sie mir diese Peinlichkeit und duzen Sie mich! Ich
erkenne an, dass Sie höhergestellt sind als ich.“ Er hatte diesen Ausdruck in
seinem Gesicht, den sie nicht deuten konnte, sie konnte ihn einfach nicht
durchschauen, er spielte mit ihr und das machte sie wahnsinnig.
„Seit wann arbeiten gut erzogene Leute denn bei der NRU, der wohl
oberflächlichsten, rassistischsten Organisation der Erde? Na schön, wenn das
für sie gut erzogen heißt. Ich meine, Sie wollen mein Vertrauen, um meine
Ängste zu erfahren. Wenn sie diese kennen, dann können sie dementsprechend ein
Reservat aussuchen, in dem ich möglichst schnell durchdrehe, dann belege ich
nicht zu lange Platz! Sie sind mich schnell und sauber los aus dieser Welt.
Hätte ich zum Beispiel Angst vor der Dunkelheit, dann käme ich in ein Reservat,
in dem die Leute in Höhlen schlafen oder unter Tage leben müssen. Dazu stellen
sie die Schreiben aus, damit man weiß, wohin man mich bringt. Ja das ist
wirklich sehr mitfühlend. Dann will ich ihrer guten Erziehung mal nicht im Wege
stehen, Miss. Also fahren sie doch mit ihrer Befragung fort, damit ich so
schnell wie möglich abgeschoben werde“, spottete er mit breitem Grinsen.
In ihren Augen funkelte der Zorn, sie konnte sich nicht mehr
beherrschen, sie wollte nicht in diese Schublade gesteckt werden, als treuer
Diener der Regierung abgestempelt werden. Normalerweise war ihr das völlig
egal, doch dieser junge Mann weckte ihr Interesse, weil er einfach nicht normal
war. Er war weder krank, noch hässlich, noch so naiv oder willenlos, wie die
normalen Ropeys, die, die sie sonst in die Reservate stecken musste. Verwirrt
und ohne jegliche Kontrolle über sich, entfuhr es ihr: „Ich bin beeindruckt wie
gut du Menschen analysieren kannst, Jay. Und weil du das so gut kannst, gucke
mir bitte in die Augen und sage mir, ob ich lüge, wenn ich sage: Ich will das
hier wirklich nicht machen, aber ich muss!“
Er schwieg.
„Ich bin nicht so eine, die die Ultimatie unterstützt, das kannst du
mir glauben! Ich helfe den Menschen hier so gut ich kann. Du hast zwar Recht
Weitere Kostenlose Bücher