Die Versuchung
heute gründlich versalzen.“
18
Sophie würde in zwei Wochen heiraten; vorher sollten sie und ihre Schwester bei der Hochzeit von Caroline Hoffmann als Brautjungfern fungieren. Eines Nachmittags, als Hamilton mit dem Schlitten ausfahren wollte, warf Sophie ihm in Gegenwart des Majors rätselhafte Blicke zu. Schließlich sagte sie auf Französisch: „Ich muss Ihnen etwas sagen.“
„Du vergisst immer wieder, dass Herr Hamilton sehr gut Deutsch spricht“, bemerkte der Major verärgert. „Aber ich bin sicher, dass du keine Geheimnisse vor mir hast.“
„Himmel, nein!“, rief Sophie lachend. „Ich spreche automatisch Französisch, wenn ich an nichts Besonderes denke. Du darfst nicht vergessen, dass wir im Internat fast nur Französisch gesprochen haben.“
Während sie das sagte, warf sie ihr Handarbeitskörbchen mit den Garnrollen um, die nach allen Seiten über den Dielenboden rollten.
„Oh, wie ungeschickt von mir!“, rief sie lachend.
Der Major bückte sich und begann, die zerstreuten Rollen aufzusammeln.
„Eine rote Garnrolle ist hinter das Sofa gekullert – Herr Hamilton, würden Sie so freundlich sein, sie hervor zu holen?“
Hamilton rückte das Sofa ab – es war kein Garn zu sehen. Dafür ließ Sophie ein zusammengerolltes Stück Papier fallen, das er unauffällig aufhob und einsteckte.
„Vielen Dank!“, rief Sophie überschwänglich. „Und wenn Sie Olivia Berger besuchen, fragen Sie sie doch bitte, warum sie seit dem Ball nicht hier gewesen ist.“
Hamilton zögerte.
„Sagen Sie ihr, dass mein Hochzeitstag feststeht und ich ihren Rat wegen des Hochzeitskleids brauche. Sie werden doch sicher zu ihr gehen?“
„Nun … wenn Sie es wünschen – aber ...“
„Kein Aber – ich hasse Aber!“, sagte Sophie lachend und versuchte, ihm unauffällig zuzuzwinkern.
Sobald er in seinem Zimmer war, rollte Hamilton den Papierstreifen auseinander, auf dem auf Französisch geschrieben stand: „Sie haben Olivia Berger beleidigt, weil Sie auf dem Ball nicht mit ihr getanzt haben. Söhnen Sie sich, so schnell Sie können, mit ihr aus, sonst können wir nicht auf den Maskenball gehen!“
Hamilton seufzte. „Der Maskenball – den hatte ich ja ganz vergessen. Nun, wenn Sophie so viel daran liegt … Ich werde Madame Berger zu einer Schlittenfahrt einladen.“
Wie erwartet, stimmte Hamiltons Einladung die Doktorin gnädig, und sie bot Madame Rosenberg ihre Kutsche an, damit sie zu ihrem Vater fahren konnte – am Tag des Maskenballs. Am frühen Morgen kam Madame Ludwig, nahm die Anweisungen von Frau Rosenberg entgegen und begleitete sie und Major Stutzenbacher zum Wagen, der die Verwandten seiner Schwiegermutter kennen lernen sollte. Kaum waren sie abgereist, als Sophie Madame Ludwig zurief: „Ich würde zu gern Eis machen. Die Mama hat mir die Schlüssel für die Vorratskammer dagelassen und mir erlaubt, alles daraus zu nehmen, was ich möchte. Sie haben sicher ein gutes Rezept. Wir wollen den Rahm machen und Herr Hamilton und Isabelle können den Eiskübel drehen.“
„Sollten wir nicht zuerst mit Walburga das Mittagessen besprechen?“
„Oh, das Mittagessen – wie langweilig!“
„Nun, Ihre Mutter wünscht Suppe, gekochtes Rindfleisch und Dampfnudeln für heute Mittag“, sagte Madame Ludwig. „Übrigens sollten Sie schon wegen Herrn Hamilton ...“
„Ich habe nichts dagegen, Eis zu Mittag zu essen!“, sagte Hamilton lachend.
„Sehen Sie!“, rief Sophie. „Herr Hamilton ist so … so freundlich … er tut fast alles, was wir wünschen. Wir wollen auch ein paar Kuchen aus dem Kochbuch backen.“
Madame Ludwig war eine erfahrene Hausfrau und Köchin. Sie band sich eine weiße Schürze vor ihr schwarzes Seidenkleid und begann gleich damit, Eier zu schlagen und Zucker klein zu stoßen. Hamilton studierte zunächst die Rezepte des Kochbuchs, ehe ihm die Aufgabe zugeteilt wurde, zusammen mit Isabelle im kalten Hausflur das Gefäß mit Rahm in einem großen Kübel voller Eisstücke zu drehen, damit das Gemisch gleichmäßig gefror. Sophie kam alle paar Minuten, um zu sehen, ob die Masse schon fest wurde.
„Ich hoffe, dass es nicht schmilzt, ehe Olivia kommt“, rief sie aufgeregt. „Meinst du, es steht im Treppenhaus kühl genug, Isabelle?“
„Ganz sicher.“
„Kannst du Herrn Hamilton ein Weilchen entbehren? Wir brauchen ihn zum Zuckerstoßen, uns tun schon die Arme weh, und Walburga ist noch nicht vom Markt zurück.“
Wenig später traf Olivia
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