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Die Versuchung

Die Versuchung

Titel: Die Versuchung Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jemima Montgomery
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ganze Zeit scharf beobachtet.“
    „Was haben Sie gesagt?“
    „Sehr wenig. Dass es sehr traurig sei, dass Philipps Tod sehr überraschend ist, aber dass er Caroline als Ehemann vermutlich nicht glücklich gemacht hätte. Sie stimmte mir zu und sagte dann, sie habe längst bemerkt, dass ihre Tochter Philipp völlig gleichgültig gewesen sei. Sie könne nicht verstehen, dass Caroline seine Kälte ihr gegenüber nicht bemerkt habe. Ich verstehe es ehrlich gesagt auch nicht ...“
    „Sie vergessen, dass Liebe blind macht.“
    „Für Fehler, aber doch nicht für offensichtliche Gleichgültigkeit.“
    „Ich fürchte, sie kann für alles blind machen“, erwiderte Hamilton. „Insofern ist sie eng verwandt mit Hass.“
    „Philipp konnte Menschen geschickt täuschen. Er hat mich anfangs auch geblendet, wie Sie vielleicht wissen.“
    „Ich erinnere mich“, sagte Hamilton trocken.
    „Es ist mitunter seltsam – ich fand Frau von Hoffmann am Anfang unserer Bekanntschaft überaus unterhaltsam und angenehm, ihre scharfen Bemerkungen hielt ich für Scherze – bis sie mich selbst trafen“, sagte Isabelle nachdenklich.
    „Vielleicht erinnern Sie sich auch daran, dass Sie mich zunächst überhaupt nicht leiden konnten – obwohl Sie mich gar nicht kannten“, bemerkte Hamilton.
    „Sie können sich nicht vorstellen, wie unsympathisch Sie ihr waren“, sagte Sophie, die sich ihnen unbemerkt genähert hatte. Sie schraken beide zusammen und Isabelle errötete, als sie fortfuhr: „Sie hätten sie damals hören sollten, wie sie über den kalten, stolzen Engländer gesprochen hat.“
    „Sophie, wir wollen jetzt nicht mehr davon sprechen“, sagte Isabelle. „Ich kann mich heute nicht gegen euch beide verteidigen, ich bin einfach zu müde.“
    Doch Sophie ließ sich nicht aufhalten. „Olivia hat am Ende doch recht“, fuhr sie fort, „als wir gestern Abend auf euch gewartet haben, sagte sie, dass sich dein Hass am Ende noch ...“
    „Sophie, ich bitte dich!“, rief Isabelle, die in den letzten Minuten abwechselnd rot und blass geworden war und jetzt am Ende ihrer Kräfte schien. Erschrocken fiel Hamilton ein, dass sie heute morgen nicht gefrühstückt und die ganze Nacht vermutlich kaum geschlafen hatte. Er war der Einzige, der wusste, dass sie Entsetzliches erlebt hatte. Dennoch war er ebenso schockiert wie alle anderen, als Isabelle nach einem kurzen Aufstöhnen plötzlich schwankte und lautlos zu Boden sank.
    „Sophie, was hast du zu deiner Schwester gesagt?“, rief ihr Vater, als er herbei eilte.
    „Nichts – ich ... ich weiß es nicht“, stotterte Sophie erschrocken.
    Herr Rosenberg legte die ohnmächtige Isabelle auf das Sofa, während Sophie die Fenster öffnete und Madame Rosenberg Wasser und Riechsalz holte. Wenig später schlug sie die Augen auf, flüsterte etwas und fiel erneut in Ohnmacht. Man trug sie in ihr Zimmer und schickte nach Doktor Berger. Der Arzt konnte keine eindeutige Diagnose stellen, er vermutete nervliche Überreizung und vapeurs , eine weibliche Modekrankheit, die alle möglichen Beschwerden bis hin zu Hysterie und heftigem Fieber auslösen könne, wie er versicherte. Er verordnete Bettruhe und leichte Krankenkost, wollte einer Verschlechterung ihres Zustandes in den nächsten Tagen aber nicht ausschließen. Es folgten zwei Tage voller Ungewissheit, in denen Isabelle kaum ansprechbar war und die ganze Familie auf Zehenspitzen ging und nur im Flüsterton redete. Hamilton sah so mitgenommen aus, als leide er selbst unter einer Krankheit. Aber am dritten Tag schien die Gefahr gebannt und Herr Rosenberg war so glücklich über diese Mitteilung, dass er den Abend ganz gegen seine Gewohnheit sogar zuhause verbrachte.
     
    Nach Isabelles Genesung begannen die Vorbereitungen für Sophies Hochzeit. Die Familie Hoffmann hatte das Haus verlassen und würde wohl längere Zeit nicht nach München zurückkehren, wie es hieß. Madame Berger hatte zugesagt, Walzer zu spielen, damit getanzt werden konnte, und Madame Ludwig würde sich um das Abendessen kümmern. Am Hochzeitstag saß Sophie zu Hamiltons Überraschung wie sonst im Morgenrock am Frühstückstisch, während ihr Vater das Zimmer verließ, um wie gewöhnlich ins Büro zu gehen.
    „In England finden die Trauungen üblicherweise schon am Vormittag statt“, sagte er. „Darf ich fragen, wann ...“
    „Heute Nachmittag um fünf“, antwortete Isabelle. „Wir treffen uns alle an der Frauenkirche, ohne besonderes Aufsehen. Wenn wir zurück

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