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Die Versuchung

Die Versuchung

Titel: Die Versuchung Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jemima Montgomery
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völlig freie Hand gelassen.“
    „Vielleicht weil er wusste, dass ich nicht mehr in München bin.“
    „Aber er hat seltsamerweise nie von einer deutschen Baronin gesprochen. Ich bin mir eigentlich sicher, dass er nie Ihren Namen erwähnt hat ...“
    Sie seufzte. „Es scheint, dass er mich völlig vergessen hat. Das ist schade, aber es liegt natürlich auch daran, dass ich schon lange nicht mehr in England war. Ich darf mich also nicht beklagen. Tatsächlich habe ich früher aber sogar eine Zeitlang im Hause Ihrer Eltern gewohnt, als Sie noch ein Kind waren und zur Schule gingen.“  
    „Davon weiß ich leider gar nichts“, sagte Hamilton bedauernd. „Aber die Idee, eine Weile in München zu leben, gefällt mir ausgesprochen gut. Ich wäre Ihnen sehr dankbar, wenn Sie mir helfen könnten, eine Gastfamilie zu finden.“
    „Das will ich gerne tun, aber Sie sollten warten, bis Sie sicher wissen, ob Sie zum Offizier ernannt werden ...“
    „Ich gehe nicht in die Armee! Mein Onkel will nicht erlauben, dass ich nach Indien reise und deshalb ist es der Wunsch meines Vaters, dass ich in den diplomatischen Dienst gehe. Ich möchte meine deutschen Sprachkenntnisse deshalb weiter verbessern. Wenn sich eine geeignete Familie finden würde, die bereit wäre, mich für einige Zeit aufzunehmen, würde mir das sehr entgegen kommen.“
    „Ein Diplomat! Wenn Sie diese Laufbahn einschlagen wollen, dürfen Sie freilich nicht schüchtern sein und nicht so leicht in Verlegenheit zu bringen. Wie Sie vorhin so vor mir standen und kaum wagten, mir in die Augen zu sehen, haben Sie mir wirklich leid getan.“
    „Ich befand mich auch in einer etwas unangenehmen Situation, denn ich habe natürlich gleich bemerkt, dass Sie nicht wissen, wer ich bin. Es hätte sein können, dass Sie diesen Brief gar nicht geschrieben haben oder eine völlig andere Familie Hamilton gemeint haben, und da ich heute früh bereits eine peinliche Szene hinter mich gebracht habe, so wünschte ich keine zweite, zumal ich nicht sicher sein konnte, ob die Aufklärung der Sache bei Ihnen auch so unterhaltsam sein würde wie bei Graf Zedwitz.“
    Hamilton berichtete ihr recht ausführlich von seinem kleinen Abenteuer, das die Baronin so amüsierte, dass sie davon auf Deutsch ihrem Gatten erzählte, ehe er das Zimmer verließ. Ihr Benehmen ihm gegenüber flößte ihm großes Vertrauen ein, sie verhielt sich ganz so wie eine alte Bekannte der Familie. Natürlich kam es ihm entgegen, dass er mit ihr in seiner Muttersprache sprechen konnte, aber er war sich sicher, sie hätte ihn auch in einer anderen Sprache mühelos verstanden. Und so erzählte er ihr auch, dass er die Absicht habe, ein Buch zu schreiben. Sie zeigte keinerlei Erstaunen, so als sei das eine ganz naheliegende Idee, und fragte, was denn das Thema sein werde.
    „Deutschland und die häuslichen Sitten oder etwas in dieser Art“, antwortete er zögernd.
    „Dann hoffe ich, dass Ihre Sprachkenntnisse ausreichen, um mühelos einem Gespräch in dieser Sprache zu folgen und auch selbst etwas sagen zu können. Es ist in meinen Augen unverzeihlich, wenn Leute über die Bewohner eines Landes schreiben, ohne in der Lage zu sein, sich mit ihnen zu unterhalten.“  
    „Mein Deutsch ist auf jeden Fall gut genug, um mich zu unterhalten, normalerweise verstehe ich fast alles. Mir fehlt ein wenig die Übung, aber je länger ich hier bin, desto besser wird es werden. – Darf ich fragen, an welche Familien in München Sie gedacht hatten?“
    „Ich hatte Kontakt zu zwei Familien, die in Frage kämen, aber ...“ Sie zögerte.
    „Aber was?“
    „Als mit der einen bereits alles soweit besprochen war, dass ich an Ihren Vater schreiben wollte, kam heraus, dass eigentlich nur ein Mitglied der Familie wirklich bereit war, sie aufzunehmen, und das war die Person, auf die es in diesem Falle am wenigsten ankam – ich meine der Herr. Er wünschte Ihre Gesellschaft, um Gelegenheit zu haben, Englisch zu sprechen; da er aber den größten Teil des Tages im Büro verbringt und jeden Abend ausgeht, so wären Sie natürlich auf das Entgegenkommen der Frau angewiesen gewesen, und sie sagte mir rundheraus, dass sie keinen fremden Logiergast im Hause wünsche und dass es ihr lieb wäre, wenn ich Sie anderweitig unterbringen würde.“
    „Und die andere Familie?“
    „Das war die Familie eines Professors an der Universität.“
    „Ein Professor! Nun, das heißt nicht viel, und wahrscheinlich würde ich von dem gewöhnlichen

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