Die Versuchung
ganzen Schule. Aber sie kann ungemein launisch sein und wenn sie in Wut gerät, ist sie geradezu unausstehlich. Und für eine Dame ist ein solches Benehmen völlig unverzeihlich.“
„Vielleicht ist sie eher leidenschaftlich als damenhaft, aber ...“
In diesem Moment ging die Tür auf und Sophie trat mit der Lampe in den Händen und einem strahlenden Lächeln ins Zimmer.
„Da bist du ja endlich mit der Lampe“, rief Madame Rosenberg. „Das hat nun wirklich lange gedauert. Aber dafür brennt sie besser denn je – ist die Glocke gereinigt worden, Sophie?“
„Ja, Walli hat sie ein wenig geputzt, sie war sehr staubig“, antwortete Sophie und warf Hamilton einen vieldeutigen Blick zu.
Isabelle errötete und ging in das Nebenzimmer. Hamilton blickte ihr nach, und sofort flüsterte Olivia: „Haben Sie das gesehen? Sie ist doch wahrhaftig auf ihre Schwester eifersüchtig.
„Nein, sie ist nicht eifersüchtig“, widersprach er, während er ihr immer noch nachsah.
„Ich bitte um Verzeihung“, sagte sie, „ich wusste nicht, dass ich mit einem Verehrer spreche. Ich glaube, ich sollte ihr sagen, welche Eroberung sie gemacht hat.“
Tatsächlich erhob sie sich und ging Isabelle nach. Hamilton folgte ihr und hörte gerade noch, wie Isabelle verächtlich sagte: „Du sprichst von Dingen, die du nicht verstehst.“
Madame Berger schlenderte hinüber zum Spieltisch, wo Sophie neben dem Major saß, um ihm Glück zu bringen, wie er sagte. Es gelang ihr, die Freundin von ihrem Platz zu locken, um ihr zuzuflüstern: „Was hat denn Isabelle heute Abend, sie hat ja eine ganz entsetzliche Laune.“
„Das ist mir gar nicht aufgefallen.“
„Sie ist wirklich unerträglich, das kann ich dir versichern. Ich habe nur einen harmlosen Scherz über Herrn Hamilton gemacht und ...“
„Oh, über ihn darfst du nicht scherzen, sie kann ihn nicht ausstehen.“
„Da irrst du dich – und er hasst sie auch nicht.“
„Was du nicht sagst!“
„Da bin ich mir sicher. Er verteidigt sie ständig, wenn die Rede auf sie kommt, du hättest ihn hören sollen.“
„Ich hätte nicht gedacht, dass die beiden ein doppeltes Spiel spielen“, sagte Sophie betroffen.
„Isabelle ist zu allem fähig! Und er sicher auch. Du hättest nur die Blicke sehen sollen, die sie gewechselt haben, als Isabelle das Zimmer verließ, um nach dir und der Lampe zu suchen. Und dann sah er ständig zur Tür und ...“
„Ach so“, rief Sophie, der ein Stein vom Herzen zu fallen schien, „das meinst du. Nein, Olivia, du irrst dich wirklich. Ich weiß, weshalb er Isabelle angesehen und ständig zur Tür geschaut hat.“
„Auf die Erklärung bin ich gespannt. Wir müssen uns unbedingt in den nächsten Tagen unter vier Augen sehen. Dieser Hamilton ist wirklich ansehnlich und sehr amüsant. Du weißt, ich bin neugierig. Ich möchte unbedingt wissen, was ihn nach Seeon geführt hat und wieso er in eurem Haus wohnt etc.“
8
Hamilton war den ganzen Vormittag unterwegs gewesen. Bei seiner Rückkehr hörte er, dass in der Küche offenbar nicht nur gekocht, sondern auch gesungen wurde. Er konnte der Versuchung nicht widerstehen, einen Blick hinein zu werfen. Sophie stand am Herd, einen Holzlöffel in der Hand, die Ärmel über die Ellbogen zurückgeschoben, die Arme voller Mehl, während eine große Leinenschürze ihre Kleidung vor den Spuren der Küchenarbeit schützte. Hamilton hielt sich sehr gerne in der Küche auf, für ihn war sie der behaglichste Raum des gesamten Hauses.
„Ich habe heute meinen ersten Unterricht im Kochen erhalten“, rief Sophie gut gelaunt. „Ich habe der Mama geholfen, eine Torte zu machen, und Sie sehen, dass ich dieses Gemüse koche“, sagte sie, wobei sie mit dem Löffel in einem Topf rührte.
„Vorsicht, Fräulein“, rief Walburga, „das ist die Suppe, und die Nudeln zerfallen, wenn Sie sie auf diese Weise umrühren.“
„Nun, das ist das Sauerkraut“, sagte sie eifrig, indem sie eine der Kasserollen zu sich zog.
„Das hätte ich Ihnen auch sagen können“, rief Hamilton, „der Geruch lässt keinerlei Zweifel zu.“
„Aber es schmeckt sehr gut.“
„Da bin ich anderer Meinung“, bemerkte er. „Ich kann mich weder an den Geschmack noch an den Geruch gewöhnen.“
„Ich habe noch nie erlebt, dass jemand kein Sauerkraut mag“, sagte Sophie erstaunt. „Isst man es in England nicht?“
„Nein, überhaupt nicht. Und da Sie eine so fabelhafte Köchin sind, muss ich Sie bitten, für mich heute etwas
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