Die Versuchung
vergessen“, sagte Sophie und starrte auf die Straße hinaus, um ihn nicht anzusehen. „Es war einfach viel – zu schön … Es war genau das, was ich mir erhofft hatte, von einem Mann zu hören ...“
Hamilton biss sich nervös auf die Lippen. „Sie haben mich ernst genommen, weil Sie es zum ersten Mal gehört haben. Wären Sie ein wenig älter, hätten Sie mich vermutlich ausgelacht. Major Stutzenbacher wird Ihnen sicherlich erklären ...“
„Major Stutzenbacher!“, antwortete Sophie verächtlich. „Der Major spricht nur davon, wie schön es in seinem Haus sein wird, was wir essen werden, wie viele Dienstboten wir halten können und von solchen Dingen.“
„Er wird sicher nicht der schlechteste Ehemann sein“, sagte Hamilton, „jedenfalls wird er Sie gut behandeln, davon bin ich überzeugt.“
„Sie sprechen schon wie meine Mutter“, sagte Sophie unwillig, „und von Ihnen kann ich es nicht ertragen, schließlich sind Sie der Grund meines Unglücks.“
„Ich bin der Grund Ihres Unglücks? Wenn Sie das wirklich meinen, dann kann ich nicht einen Tag länger in diesem Haus bleiben!“
„Oh nein!“, rief Sophie. „Nein, so habe ich es natürlich nicht gemeint. Ich bin auch nicht wirklich unglücklich. Eigentlich bin ich sogar sehr glücklich ...“ Bei diesen Worten brach sie in Tränen aus.
Hamilton stand auf und ging unruhig im Zimmer auf und ab. „Da habe ich wirklich etwas Schönes angerichtet. Wenn ich geahnt hätte, dass meine Worte eine solche Wirkung haben, dann hätte ich mir lieber die Zunge abgebissen. Aber was ich gesagt habe, hatte nicht die Bedeutung, die Sie darin sehen wollen ...“
„Nicht die Bedeutung, die ich darin sehen will? Haben Sie etwa gar nicht gemeint, was Sie gesagt haben?“
„Gütiger Himmel, ich weiß nicht mehr, was ich damals überhaupt gesagt oder gemeint habe!“, sagte Hamilton heftig.
Sophie begann laut zu schluchzen.
„Sophie!“, sagte er beinahe verzweifelt. „Bitte verzeihen Sie mir. Ich bitte Sie nochmals um Verzeihung und flehe Sie an, mir meine Dummheit zu vergeben. Bitte lassen Sie uns nie wieder darüber sprechen, wenn Sie nicht auch mich unglücklich machen wollen.“
„Aber“, schluchzte Sophie, „aber sagen Sie mir wenigstens, dass es für Sie nicht einfach nur ein Spiel war, wie Isabelle sagt; sagen Sie mir, dass Sie mich wirklich lieben, dann ist alles gut.“
„Sie – Sie wissen nicht, was Sie da verlangen!“, rief Hamilton, der immer mehr das Gefühl hatte, die Hauptrolle in einem schlechten Theaterstück zu spielen. „Sie können doch unmöglich wollen, dass ich einen Fehler wiederhole, den ich unendlich bereue. Würde ich das tun, in dieser Situation, so wäre es geradezu – ein Verbrechen.“
„Sie meinen, weil ich verlobt bin?“
Ehe er antworten konnte, wurde die Tür geöffnet, und Isabelle kam mit einem Tablett herein, auf dem Kaffeetassen standen. Sophie wandte sich rasch zum Fenster, um ihre Tränen zu verbergen, aber Isabelle ließ sich nicht täuschen. Wütend fauchte sie Hamilton an: „Ihr Benehmen ist völlig unverzeihlich – es ist unehrenhaft und ...“
„Hör bitte auf, Isabelle, ich bitte dich!“, rief Sophie flehend. „Du tust ihm Unrecht und missverstehst ihn völlig!“
„Verteidigen Sie mich nicht“, sagte Hamilton, „sie wird Ihnen nicht glauben, und ich verdiene es auch nicht.“
Walburga unterbrach sie, indem sie den Kopf zur Tür herein steckte und geheimnisvoll meldete, dass ein Offizier gekommen sei, der nach Herrn Hamilton gefragt habe.
„Bitten Sie ihn in mein Wohnzimmer und sagen Sie ihm, dass ich gleich bei ihm sein werde.“
Hamilton war sicher, dass der junge Graf Zedwitz ihn besuchte, und so war es auch. Wenig später stand er jedoch schon vor ihm im Gesellschaftszimmer. „Mein Besuch gilt nur teilweise Ihnen“, sagte er zu Hamilton. „Ich möchte auch Madame Rosenberg meine Aufwartung machen.“
Wortlos verließ Isabelle das Zimmer, gefolgt von ihrer Schwester.
„Die jungen Damen sind nicht besonders höflich“, sagte Hamilton und setzte sich wieder auf das Sofa.
„Sie werden sicher gleich mit ihrer Mutter zurückkommen.“
Madame Rosenberg wurde jedoch nur von Sophie begleitet, und so fiel der Höflichkeitsbesuch des Grafen bei ihr sehr kurz aus, und sie gingen wenig später in Hamiltons Zimmer.
„Nanu“, rief Frau Rosenberg, als sie das Tablett mit den vollen Kaffeetassen sah, „Herr Hamilton hat seinen Kaffee gar nicht getrunken.“
„Ich werde ihm den
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