Die Versuchung
Anderes zu machen, da ich dieses Kraut beim besten Willen nicht essen kann.“
„Oh natürlich“, rief Sophie sofort. „Walli, was sollen wir für Herrn Hamilton kochen? Ich hätte wirklich nicht gedacht, dass mir das Kochen so viel Spaß machen würde.“
„Wenn man es so lernt wie Sie, dann muss es auch Spaß machen“, sagte Walburga. „Denken Sie nur, dass Sie bald ein eigenes Haus haben werden und einen reichen Mann, der am Haushalt nicht sparen muss; der Major weiß bestimmt, was gut ist.“
Diese Worte wirkten auf Sophie wie eine kalte Dusche. Das Lächeln verschwand aus ihrem Gesicht und sie murmelte, dass es wohl Zeit sei, sich zum Mittagessen herzurichten.
„Aber ich dachte, Sie wollten mir als Ersatz für das Sauerkraut etwas anderes kochen“, sagte Hamilton.
„Walli wird etwas machen“, antwortete sie teilnahmslos und band sich ihre Schürze ab. Als sie die Küche verließ, folgte Hamilton ihr in den Flur. Die Tür des Kinderzimmers stand offen, wo Isabelle neben ihren Brüdern Franz und Gustel an einem kleinen Tisch saß; vor ihr lagen ein Buch und eine Schiefertafel, und gerade gab sie dem Älteren ein Buch mit der Bemerkung zurück: „So geht das nicht, Franz, du hast nicht ein einziges Wort deiner Lektion gelernt.“
„Kreuzhimmelsapperment!“, rief Fritz und warf das Buch zur Decke hinauf. „Das ist auch zuviel verlangt! Wenn man den ganzen Morgen in der Schule gewesen ist und kommt für eine Stunde nach Hause, um zu essen und sich zu unterhalten, soll man auch noch Französisch lernen. Ich sage dir, Isabelle, ich werde dich bald hassen, wenn du mich ständig mit dieser Grammatik plagst.“
„Was soll ich mit ihm machen?“, fragte Isabelle ihre Schwester.
„Du willst doch Offizier werden“, sagte Sophie. „Aber auf die Offiziersschule kannst du nur gehen, wenn du Französisch kannst. Denk nur an den Degen und die Uniform.“
„Donner und Doria! Was nützt mir der Degen und die Uniform, wenn ich dafür das Wörterbuch auswendig lernen muss!“
„Hör auf zu fluchen, Franz!“, rief Isabelle energisch, „das gehört sich nicht für einen Jungen in deinem Alter. Auch wenn du deine Lektion nicht gelernt hast, werde ich wenigstens deine Übungen korrigieren.“
Sie streckte ihre Hand nach der Schiefertafel aus. Franz kam ihr jedoch zuvor, ergriff sie und warf sie hoch in die Luft, wie vorher das Grammatikbuch. Aber sie fiel nicht wie das Buch einfach zu Boden. Hamilton, der in der offenen Tür gestanden hatte, stürzte herbei, kam jedoch zu spät, um zu verhindern, dass sie Isabelle im Fall so unglücklich an der Schläfe traf, dass eine kleine blutende Wunde entstand. Franz war einen Moment ganz starr vor Schreck, dann schlang er seine Arme um sie und rief: „Vergib mir, vergib mir! Ich wollte dir nicht weh tun!“
„Wenn der Papa aus dem Büro nach Hause kommt, werde ich gleich zu ihm gehen und ihm alles erzählen!“, drohte Sophie.
„Nein, nein“, sagte Isabelle, die ein Taschentuch gegen ihre Schläfe presste. „Er hat es ja nicht mit Absicht getan, es ist auch nicht so schlimm. Du darfst es weder dem Papa noch der Mama sagen.“
„Oh Isabelle, du bist die beste Schwester der Welt!“, rief Franz. „Ich will wirklich lieber von dir geohrfeigt als von Sophie geküsst werden.“
„Du hättest dir sicher eine Ohrfeige verdient“, sagte Isabelle lachend.
„Aber die Mama wird sicher die Wunde sehen und fragen, was passiert ist“, gab Sophie zu bedenken.
„Ich kann sie leicht unter meinen Haaren verstecken, wenn sie aufgehört hat zu bluten.“
„Dafür verspreche ich dir, in den nächsten zwei Wochen so viele Lektionen zu lernen, wie du willst“, rief Franz.
Madame Rosenbergs Schritte und das Klimpern ihres Schlüsselbunds schreckte sie auf. Hamilton ging hinaus, um sie im Flur aufzuhalten und sagte: „Kann ich fünf Minuten mit Ihnen sprechen?“
„Gewiss können Sie das, auch noch länger“, antwortete sie, während sie ihren Schlüsselbund in das Schürzenband einhakte. „Lassen Sie mich nur kurz sehen, wie es in der Küche aussieht, dann stehe ich Ihnen zur Verfügung. – Leg einen Deckel auf den Topf, Walburga, und sag der Mamsell Sophie, sie soll den gestoßenen Zucker und die Äpfel für den Nachtisch der Knaben nicht vergessen. – Und nun: Was wollen Sie mir sagen? Sie sehen so ernst aus, dass ich befürchten muss, Sie wollen mir sagen, dass Sie mit Ihren Zimmern unzufrieden sind, weil sie auf eine Gasse hinausgehen, in der ein
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