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Die Versuchung

Die Versuchung

Titel: Die Versuchung Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jemima Montgomery
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getroffen, als ich mit Walburga vom Einkaufen kam, und sie hat mir gesagt, dass er mit der Tochter der neuen Mieter im ersten Stock verlobt ist. Er wird also nur darauf warten, Fräulein von Hoffmann am Fenster zu entdecken.“
    „Er hat aber eben zu diesem Fenster hoch geguckt“, behauptete Madame Berger. „Darf ich fragen, was für eine Person dieses Fräulein von Hoffmann ist? Habt ihr sie gesehen?“
    „Walburga hat sie gesehen“, erwiderte Sophie. „Sie soll sehr freundlich sein, aber wohl nicht mehr ganz jung.“
    „Dabei ist er sicher noch keine dreißig. Was denkst du, Sophie?“
    „Er scheint noch jung zu sein“, sagte Sophie, während sie vorsichtig hinter dem Musselinvorhang hinaus spähte.
    „Sophie, komm vom Fenster weg“, sagte Isabelle ärgerlich, „es gehört sich nicht, jemanden auf diese Weise zu beobachten.“
    „Nun, ich kann dir jetzt von Herzen zu deiner bevorstehenden Hochzeit gratulieren, Sophie“, sagte Olivia boshaft, „Major Stutzenbacher wird dich sicher nicht halb so viel herumkommandieren wie Isabelle. Die Heirat wird für dich eine wahre Befreiung sein.“
    Sophie errötete und sagte: „Es stimmt, manchmal behandelt Isabelle mich wie ein Kind.“ Trotzig spähte sie erneut durch die Gardine.
    „Du benimmst dich manchmal auch wie ein Kind, so wie jetzt gerade“, rief Isabelle ärgerlich und verließ das Zimmer.
    „Was für ein Auftritt!“, sagte Madame Berger affektiert. „Du hast deine Schwester gehörig verzogen, weil du immer alles getan hast, was sie will. Ich gebe dir den guten Rat, es bei deinem Mann besser zu machen. Gib vor allem nie zu, im Unrecht zu sein. Du musst stets darauf bestehen, dass du Recht hast. Sobald du einmal nachgibst, musst du jedes Mal nachgeben. Ich kann dir versichern, dass ich verzweifelte Kämpfe gehabt habe, aber der Doktor hat nachgeben müssen, und jetzt kommen wir blendend miteinander aus. Wenn ich leichtsinnig oder verschwenderisch gewesen bin, so muss er mich um Verzeihung bitten.“ Sie warf den Kopf in den Nacken und lachte.
    „Aber Olivia, wie kann das sein? Der Doktor ist ein kluger Mann, und wenn er sich so benähme, wie du es sagst, dann müsste er ein Narr sein.“
    „Du verstehst mich nicht, Kind! Es ist so: Wenn ich etwas tue, was ihm missfällt, dann macht er mir Vorhaltungen oder er tadelt mich, er wird unfreundlich, und dann schmolle ich, bis er mich um Verzeihung bittet.“
    „Hören Sie nicht auf solche Ratschläge, Mademoiselle“, sagte Theodor. „Madame Berger scherzt sicher nur.“
    „Ich scherze nicht!“
    „Dann behandelt Ihr Gatte Sie wie ein verzogenes trotziges Kind, dem man um des lieben Friedens willen seinen Willen lässt – aber er wird Sie nicht ernst nehmen.“
    „Theodor“, sagte Olivia kühl, „ich rate Ihnen, in Zukunft Ihre Ansichten über diese Dinge für sich zu behalten, bis Sie danach gefragt werden. Sie sprechen von etwas, wovon Sie nichts verstehen. Sophie wird einen Mann heiraten, der fast dreißig Jahre älter ist als sie; ich habe dasselbe getan und spreche daher aus Erfahrung. Wenn ich einen Mann in meinem Alter geheiratet hätte, so wäre das etwas ganz anderes. Wenn ich zum Beispiel Sie geheiratet hätte, so wäre ich jetzt eine ganz andere Person.“
    „Das glaube ich nicht, Olivia, Sie wären immer noch so, wie Sie nun einmal sind.“
    „Und bin ich nicht – bezaubernd?“
    „Bezaubernd? Oh sicher, bei allem Leichtsinn sind Sie auf jeden Fall bezaubernd“, antwortete Biedermann.
    „Nun, da Sie das zugegeben haben, will ich Ihnen Ihre Unverschämtheit ausnahmsweise noch einmal verzeihen.“
     
    10
    Es war der erste Sonntag im Oktober und Major Stutzenbacher war soeben mit der Kutsche vorgefahren, um die Familie Rosenberg abzuholen. Man wollte zum Oktoberfest, wie jedes Jahr. Franz stieg in seiner Kadettenuniform auf den Bock, während die Übrigen versuchten, sich in den Wagen zu quetschen. Es war sehr eng. Ihre Bemühungen waren scheinbar nicht unbeobachtet geblieben, denn wenig später erschien ein Dienstbote und ließ ausrichten, Madame Hoffmann biete einer der jungen Damen einen Platz in ihrem Wagen an, wenn es ihr nichts ausmache, etwas später zu fahren.
    „Vielen Dank“, rief Madame Rosenberg, „das ist wirklich sehr freundlich, noch ehe ich ihren Besuch erwidert habe. Isabelle, du wirst das Angebot natürlich annehmen. Sorg bitte dafür, dass Herr Hamilton sein Mittagessen pünktlich bekommt. Das Pferderennen fängt ohnehin erst um drei Uhr an.“
    Isabelle

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