Die Verwandlung - Blutsbande 1
Ahnung überkam mich und mich fröstelte. Ich sah Nathan ins Gesicht, aber er schaute weg.
Hektisch suchte ich im Buch nach einer Abbildung eines Vampirherzens. Dann las ich mir kurz den Text auf der gegenüberliegenden Seite durch.
Der schwächste Punkt des Organismus eines Vampirs ist das erste der beiden Herzen, das zuvor menschliche Herz. Durch das Entstehen des Siebenkammer-Herzens des Vampirs ist es überflüssig geworden und dient jetzt als effizienter Weg, die Kreatur zu töten.
Max, der offensichtlich meine Aufregung nicht wahrnahm, fing an zu summen. Das ging mir wahnsinnig auf die Nerven. Die Melodie kam mir seltsam bekannt vor.
Indem das menschliche Herz mit einem beliebigen Gegenstand durchbohrt wird, wird der sofortige Tod des Vampirs durch Verbrennen hervorgerufen.
„Nathan, warum hast du mir das nie erzählt?“ Mir rannen Tränen über die Wange, als ich eine große Leere in meiner Brust spürte. Oder bildete ich mir das nur ein?
„Ich wollte dir keine Angst machen.“
„Was?“ Ich wollte nicht so schrill klingen, außerdem war ich laut geworden. Leiser sprach ich weiter. „Wie kannst du es wagen! Das ist mein Leben. Du hättest es mir sagen müssen!“
Max ging quer durch den Raum und tat so, als interessiere ihn ein Stück Isolierband auf der gegenüberliegenden Mauer sehr. Er gab sich Mühe, unser Gespräch nicht aus unmittelbarer Nähe mitanhören zu müssen.
Nathan kam nahe an mich heran. „Wie hätte ich dir denn bitteschön so etwas sagen sollen? In den letzten vier Tagen bin ich wach geblieben, während du geschlafen hast, um zu schauen, ob du …“ Er sah weg. „Mein Blut fließt in deinen Adern. Ich kenne jedes Detail von dir. Ich dachte, wenn ich dir nicht erzähle, was er getan hat, dachte ich … dass es vielleicht nicht ans Licht kommen würde und ich es vergessen könnte.“
Jetzt verstand ich auch seine verzweifelte Angst und seine Sicherheit, dass er mich nicht beschützen könne. Aber er hatte kein Recht, mich über meine Sterblichkeit im Unklaren zu lassen.
Auf der anderen Seite des Ladens stand Max immer noch und summte. Die Melodie brachte mich zum Weinen.
I left my Heart in San Francisco. Ich habe mein Herz in San Francisco zurückgelassen.
Das Herz, das mir noch geblieben war, schlug heftig gegen meine Rippen. Ich rannte zur Tür.
„Carrie, warte!“, rief Nathan mir nach.
Ich lief die Treppen zum Bürgersteig hinauf. Die Nächte waren sehr viel wärmer geworden, und der Regen, der auf die Straße fiel, gefror nicht mehr.
Aus irgendeinem Grund folgte mir Nathan nicht. Auf der einen Seite wollte ich nicht allein sein, auf der anderen Seite wollte ich auch nicht, dass er unten im Laden einfach die Hände hob, die Schultern zuckte und „Nun ja“ sagte.
Nicht, wenn Cyrus mich jeden Augenblick töten konnte.
Ich ging an der Gasse vorbei. Obwohl mein Blut sicherlich schon lange verschwunden war, glaubte ich, es riechen zu können. Mein altes, verdorbenes Blut, das Blut meines bisherigen Schöpfers.
Die Erinnerung daran, wie der Souleater in Cyrus’ Brust herumwühlte, war plötzlich wieder klar. Cyrus hatte mir erzählt, dass der Souleater seinen eigenen Schöpfer getötet hatte. Also muss er Cyrus’ Herz zur Sicherheit entfernt haben. Niemand würde eine Person hintergehen, die ihn durch Fernsteuerung töten konnte.
Cyrus hatte mein menschliches Herz herausgerissen, um sicherzugehen, dass ich ihn nicht hinterging. Dachte er, ich würde zu ihm zurückkehren?
Als ich weiterging, kontrollierte ich in gewissen Abständen, ob meine Haut nicht wie Asche von meinem Körper herabfiel. Obwohl er nicht länger mein Schöpfer war, wusste ich doch, dass das einer seiner Wege sein konnte, andere zu quälen. Er konnte mein Herz zerstören, wann immer es ihm gefiel. Und nie würde ich meinen Tod erahnen können. Ich musste immer an Cyrus’ Erinnerungen denken, wie sein Vater ihn festhielt und aufschlitzte. Seine Narbe war besser verheilt, aber ich hatte nun die gleiche. Konnte sein Vater ihn immer noch kontrollieren, weil er sein Herz besaß?
Die ganze Nacht lief ich in der Stadt herum. Gelegentlich schaute ich in Das Sanguinarius, das ich ohne nachzudenken mitgenommen hatte. Warum hatten wir ein zweites Herz? Schließlich gab ich mich mit der Erklärung zufrieden, dass wir mehr Blut durch den Körper pumpen mussten, um unsere Gliedmaßen zu versorgen, die auch viel stärker waren als die eines Menschen. Daher war das alte Herz überflüssig geworden. Aber
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