Die Verwandlung - Blutsbande 1
hielt.
Als Max aufstand, knirschten unter ihm die Sprungfedern des Sofas fürchterlich. „Er wollte nicht, dass du mitkommst, damit dir nichts passiert. Das war ihm das Wichtigste. Ich weiß zwar nicht, was zwischen euch läuft, aber verschwende keine Zeit. Die Zeit, die ihr noch zusammen habt. Die Ewigkeit wird nach einer Weile verdammt einsam, glaub mir.“
Es war nicht fair, dass Nathan und Max ihr Leben riskierten, um Cyrus zu töten. Nicht, wenn er mich am Ende auch töten würde. Egal, wie ich es drehte, ich kam immer zu demselben Entschluss. Ich musste zu Cyrus und ihn selbst töten. Wenn er mich zuerst umbrachte, dann war ich eben das Opfer. Und was mich betraf, war ich sowieso schon tot.
Ich lauschte, bis ich Max den Fernseher abschalten hörte, dann schlich ich mich in Nathans Zimmer. Sofort wachte er auf und setzte sich hin. „Carrie? Was ist los?“
„Schsch.“ Ich zog mein Nachthemd aus und stieg ins Bett. Seine Arme umschlossen mich und zogen mich unter ihn. Dieses Mal beruhte seine Heftigkeit nur auf seinem Begehren für mich.
Er berührte mich, als wolle er sich vergewissern, dass ich noch da war, dass wir noch Zeit hatten.
Wir sprachen nicht. Ich glaube, wir hatten beide Angst, dem Ganzen durch Worte noch mehr Bedeutung beizumessen. Vielleicht wollte Nathan mir den Schmerz ersparen, wenn er sterben sollte. Ich wusste, ich würde alles tun, damit er meinen Verlust nicht beweinen musste.
Wenn er mich also küsste, machte ich es kurz. Als er meinen Körper hinabglitt, um mich mit seinen Lippen zu necken, rief ich nicht seinen Namen. Und als er schließlich etwas sagte, mich fragte, was ich mir wünsche, da sagte ich ihm nicht, was ich dachte. Dass ich mir wünschte, er würde mich lieben. Ich sagte ihm stattdessen, er solle mich ficken.
Wütend gehorchte er mir. Er spreizte meine Beine und glitt in mich hinein. Abgesehen davon hatten wir kaum Körperkontakt, bis auf die Stelle, wo seine Hüfte gegen meine Schenkel stieß und wo er meine Fußgelenke festhielt, um meine Beine hoch und auseinander zu halten. Das Bett wackelte rhythmisch gegen die Wand, und ich gab mir keine Mühe, meine Lustschreie zu unterdrücken. Er kam mit einem Schauder, der wie ein Seufzen klang, und zog mich hinterher fest in seine Arme. Er umklammerte mich verzweifelt.
Ich küsste ihn auf die Stirn und hielt ihn im Arm. Wem wollte ich etwas vormachen? Meine Gefühle vor ihm verbergen zu wollen, war so, als wollte ich ein Leck im Hoover-Damm mit einem Korken reparieren. Ich wusste, dass irgendwann der Korken mit Wucht aufgehen würde und meine Gefühle wie das Wasser von oben überallhin strömen würden, um alles darunter zu zerstören und zu töten.
Okay, vielleicht würde es nicht ganz so dramatisch sein. Aber es war naiv von mir, zu glauben, ich könnte die Verbindung durch die Blutsbande ignorieren. Genauso wenig konnte ich die Gefühle wegschieben, die ich schon für Nathan gehabt hatte, bevor er mich erschaffen hatte.
„Nathan“, sagte ich leise und versuchte, die Tränen herunterzuschlucken. „Nathan, ich …“
„Bitte, sag es nicht.“ Seine Worte hätten mich verletzt, wenn ich nicht schon gewusst hätte, was er damit meinte.
Bitte sag’ nichts, denn ich werde nicht in der Lage sein, zuzugeben, dass ich es auch spüre. Und ich habe zu große Angst, es zuzulassen.
„Ich sage es nicht“, versprach ich.
Er verschränkte meine Finger mit seinen und gab mir einen Kuss auf die Hand. „Danke.“
Aber als er eingeschlafen war, küsste ich ihn und flüsterte: „Ich liebe dich, Nathan.“
Oder Nolen. Oder egal. Auch wenn ich niemals herausfinden sollte, wer du bist, liebe ich dich.
Kurz nachdem die Sonne untergegangen war, stand ich vorsichtig auf und zog mich an. Ich hinterließ keine Nachricht, denn ich hatte keine Ahnung, was ich vorhatte.
Nur eines wusste ich bestimmt: Bei Sonnenaufgang würde entweder Cyrus tot sein oder ich.
HERZLICH WILLKOMMEN ZU HAUSE
Als ich auf Cyrus’ riesiges Haus zuging, klopfte mein Herz wie verrückt. Die Fenster waren dunkel und einen verzweifelten Moment lang glaubte ich, ich hätte meine Chance verpasst. Ich dachte, Cyrus sei fortgezogen und er hätte mein Herz in einen Umzugskarton gepackt, auf dem hoffentlich zerbrechlich draufstand.
Dann sah ich ein wenig Licht hinter dem bodenlangen Fenster seines Arbeitszimmers, und mein Herz tat mir noch mehr weh. Ich musste ihn konfrontieren, es half alles nichts. Es war an der Zeit.
Obwohl es wahrscheinlich besonders
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