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Die Verwöhnungsfalle - für eine Erziehung zu mehr Eigenverantwortlichkeit

Die Verwöhnungsfalle - für eine Erziehung zu mehr Eigenverantwortlichkeit

Titel: Die Verwöhnungsfalle - für eine Erziehung zu mehr Eigenverantwortlichkeit Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Kösel-Verlag <München>
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Schlüpfer anhabe.«
    Regelmäßig zum Frühstück gibt es die erste Breitseite. Und nachmittags, wenn es etwas zum Vorteil der ach so Großen zu regeln gibt, kommen sie lammfromm und fragen um Unterstützung. Die Nerven liegen blank, ein Rumpf-Selbst hält deprimiert Bestandsaufnahme, anstelle von tiefem Durchatmen setzt Hyperventilation ein. Wollen Sie nicht zum Hauptakteur, zur Hauptakteurin solcher Szenen werden, ist eine frühzeitige Stabilisierung der eigenen Persönlichkeit notwendig. Denn in Zeiten besonderer Beanspruchung wird schnell der Unterschied zwischen Staffage und eigentlicher Substanz offenkundig. Dies trifft für Eltern, Erzieherinnen, Lehrkräfte oder Vorgesetzte im Beruf gleichermaßen zu. Nur wer aufhört, sich Anerkennung durch nette Gesten erkaufen zu wollen, sich mit modischen Accessoires oder ähnlichen Attributen – plus einiger Jahre Altersvorsprung – einen Status zusammenzubasteln, hat den ersten Schritt auf dem nicht leichten Weg vom Schein zur Entwicklung personalen Seins getan. Nur wer anfängt, »sich selbst möglichen Widersprüchen im Leben zu stellen, und bisweilen auch Lebenslügen ausräumt« 10 , wird für die Zukunft taugen. Nicht Perfektheit, sondern Bescheidenheit und Demut werden diesen Menschen prägen, der gleichermaßen seine Möglichkeiten und Grenzen kennengelernt hat. Damit ist auch die notwendige Voraussetzung zur Übernahme einer Erziehungsverantwortung gegeben: ›entgegengebrachte Autorität‹.
    Abbild oder Eigenbild?
    Es liegt im Trend der Zeit, wichtige Ereignisse und Vorhaben nicht ohne entsprechende Planungen anzugehen: der nächste Urlaub, die Hochzeitsfeier, das eigene Haus, der 50. Geburtstag. Selbst Geburtstermine werden präzise geplant, sodass steuerliche Erwägungen sowie die geeignetste Jahreszeit berücksichtigt und selbst der lange vorgeplante Besuch von Tante Helene aus Florida nicht tangiert werden. So erscheint es nur folgerichtig, wenn schon kurz nach der Kindtaufe die wesentlichen Dinge im weiteren Leben des neuen Erdenbürgers geklärt werden: Wie kommen wir möglichst rasch an eine Tagesmutter, dann soll es dieser Kindergarten, jene Grundschule und anschließend das Rheinhild-Gymnasium sein, weil das dortige Abitur immer noch das angesehenste der Stadt ist und schon Großmutter dort ihre Reife fand. Für gute berufliche Perspektiven ist natürlich ein frühzeitiger Umgang mit den modernen Medien wichtig, Franz geht möglichst bald in einen Judoverein und für Susanne wird schon mal nach einer Ballettschule in der Nähe Ausschau gehalten. Nur das Organisieren der Nachhilfe hat noch etwas Zeit, weil ja mögliche Defizite noch nicht offensichtlich wurden. – Stopp! Planung ist sicher in vielen Bereichen gut, aber hier geht es um die Entwicklung des eigenständigen Seins eines Kindes, welches weder Abbild oder Gegenbild noch sonst wie zustande gekommenes Wunschbild der Eltern zu werden hat.
    Die Alternative zum eben verdeutlichten Stopp heißt nicht die Hände in den Schoß zu legen. Vieles im Umgang mit Kindern kann geplant werden. Die intensivste Sinnhaftigkeit und Notwendigkeit einer Vorbereitung ergibt sich jedoch aus der bewussten Übernahme von Elternschaft. Hier stünden Klärungen über einen möglichst geeigneten Umgang zwischen Eltern und Kind an, wären Auseinandersetzungen zu bestimmten Erziehungspraktiken angemessen, würde ein aktives Aufgreifen von Seminarangeboten der Vorbereitung auf die Rolle als Vater bzw. Mutter dienen.
    Erziehung kann nicht dem Zufall überlassen werden, sondern erfordert einen »vorausdenkenden Entwurf«, wie Heinrich Roth dies einmal auf den Punkt gebracht hat. Diese – ständig zu hinterfragende und anzugleichende – Leitlinie hat sich
    ❯ an diesem Kind mit
    ❯ diesen speziellen Anlagen in
    ❯ dieser zukünftigen gesellschaftlichen Wirklichkeit
    zu orientieren. Um die damit verbundene Forderung der Intersubjektivität zu konkretisieren: Nicht meine, sondern seine Zukunft hat im Zentrum zu stehen. Nicht meine, sondern den Fähigkeiten dieses Kindes entsprechende Hobbys und Interessen sind zu fördern. Nicht das Idealbild von Elternteilen – was ich eigentlich werden wollte, was meiner Traumvorstellung von Beruf und Bildung entspricht – ist hier gefragt! Ebenso wenig kann ein zurückliegendes Gesellschaftsverständnis oder die Welt von Schaf-Farmern in Irland ein Maßstab für jene zukünftige Wirklichkeit sein, auf welche die nachwachsende Generation vorzubereiten ist.
    Ein Orientierungspunkt

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