Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Die vierte Todsuende

Die vierte Todsuende

Titel: Die vierte Todsuende Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Lawrence Sanders
Vom Netzwerk:
unrasiert, und unter dem schwarzen Barett ringelte sich sein Haar.
    »Wollt ihr mich nun endlich mitnehmen?« fragte er schließlich.
    »Das müssen wir uns noch überlegen.«
    »Ich hab's gemacht! Warum geht das bloß nicht in eure dicken Köpfe? Ich bin ein Mörder! Ich bin schuldig!«
    Darauf antworteten die beiden Schwarzen nicht.
    Gerber strahlte plötzlich: »Ich muss hier sowieso weg. Ein Knilch von der Stadtverwaltung war hier mit einem Räumungsbefehl.«
    »Was du nicht sagst. Und wohin soll die Reise gehen?« fragte Keisman.
    »Woher soll ich das wissen? Ich muss mir irgendwo anders so eine Bruchbude suchen wie die hier.«
    »Sollen wir dir beim Umzug helfen?« erbot sich Jason.
    »Was gibt's denn da groß umzuziehen?« grinste Gerber wölfisch, »mein Zeug passt in eine Plastiktüte. Das meiste ist sowie unbrauchbar und bleibt hier. Will einer von euch meine Bücher haben? Da drüben, unterm Spülstein liegt ein Haufen Taschenbücher. Ganz hübsche dabei. Könnt ihr gern haben.«
    »Weshalb nicht?« versetzte Jason. »Ich sehe sie mir mal an. Vielleicht ist was für meine Frau dabei. Die steckt ihre Nase andauernd in Bücher.«
    Er hockte sich beim Spülstein hin und wühlte in dem Bücherstapel.
    Gleich darauf brachte er ein dickes Taschenbuch zum Vorschein. »Was ist denn das? Eine Bibel?«
    »Ach das…« Gerber tat das leichthin ab. »Habe ich aus der Mülltonne, hab's auch mal durchgeblättert. Richtig ulkig.«
    Jason betrachtete sich die Bibel genauer.
    »Das ist die Douay-Ausgabe, die katholische Fassung. Bist du Katholik, Harold?«
    »War ich mal. In was für einem Verein bist du denn?«
    »Baptist. Hast du was dagegen, wenn ich die Bibel mitnehme?« fragte Jason.
    »Mit den besten Komplimenten des Hauses. Lies sie durch. Wie es ausgeht, verrate ich dir aber nicht.«
    Nachdem sie noch ein Weilchen schweigsam herumgesessen hatten, verabschiedeten sich die beiden Beamten mit dem Versprechen, Gerber am folgenden Tag wissen zu lassen, ob er verhaftet werde oder nicht. In Jasons Wagen stellten sie sogleich die Heizung an, um sich etwas aufzuwärmen.
    »Der Junge ist total übergeschnappt«, sagte Keisman.
    »Stimmt genau. Er weiß nicht mal, wie Ellerbee umgebracht wurde.«
    »Und weshalb will er unbedingt in den Knast?«
    »Weiß ich nicht genau. Wahrscheinlich hat es was mit seinen Schuldgefühlen zu tun. Wegen Vietnam vermutlich. Ich blicke da nicht durch.«
    »Weshalb hast du die Bibel mitgenommen?« fragte Keisman und deutete auf das zerlesene Taschenbuch.
    »Sieh sie dir mal an. Voller Eselsohren. Die hat jemand gründlich gelesen. Und in der Mülltonne hat er sie bestimmt nicht gefunden. Bibeln schmeißt keiner auf den Müll.«
    »Na ja, als Baptist kannst du dir so was vielleicht nicht vorstellen …«
    »Kann schon sein. Aber er hat gesagt, er war Katholik, und das hier ist schließlich die offizielle katholische Fassung. Es ist doch komisch, dass ausgerechnet ein ehemaliger Katholik eine katholische Bibel in der Mülltonne gefunden haben will.«
    »Die Wege des Herrn sind wunderbar«, zitierte Keisman.
    »Sieh mal an, du bist also doch nicht bloß eine Modepuppe.«
    »Oh, ich habe eine strenge Erziehung genossen«, sagte Keisman, »abtrünnig wurde ich erst mit… na, so ungefähr mit sechs Jahren.«
    Jason sah die Bibel an und sagte dann nachdenklich: »Vielleicht ist es ja Quatsch, aber wir könnten doch mal den klassischen Versuch machen.«
    »Was denn, in allen katholischen Kirchen in New York nachfragen?«
    »Na, soweit möchte ich nicht gehen. Bloß hier in der Nachbarschaft. Ich könnte mir vorstellen, dass der arme Hund an dem betreffenden Freitagabend irgendwo gebetet hat.«
    »Mann, dich locken offenbar die unwahrscheinlichsten Möglichkeiten.«
    Weil Gerber mehrmals festgenommen worden war, gab es eine Akte über ihn im Präsidium, die auch ein Bild enthielt. Jason ließ zwei Abzüge machen, einen für sich, den anderen für Keisman.
    Detektiv Calazo hatte unterdessen ebenfalls mit Fotos zu tun, nur war das in seinem Fall mühsamer. Von Bellsey gab es im Polizeiarchiv nämlich keine Aufnahmen. Calazo hätte beantragen können, dass ein Bild von Bellsey durch einen Polizeifotografen ohne Bellseys Wissen mit dem Teleobjektiv geschossen würde, doch das bedeutete Papierkrieg und Warten.
    Der alte, weißhaarige Plattfuß war lange genug im Geschäft, um zu wissen, wie man in solchen Fällen vorgeht; er suchte sich Namen und Adresse einer Fachzeitschrift für Fleischgroßmärkte heraus

Weitere Kostenlose Bücher