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Die vierte Todsuende

Die vierte Todsuende

Titel: Die vierte Todsuende Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Lawrence Sanders
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durch. Vielleicht befragt ihn ein anderes Medium.«
    »Das wäre möglich.«
    »Wir geben doch nicht auf, Brian?«
    »Auf keinen Fall«, versicherte er.
    Samstagnachmittag hielten Delaney, Boone und Jason Kriegsrat. Sie blätterten in den Berichten, die im Laufe der Woche eingegangen waren, und überlegten, ob und wie sie die Arbeit neu verteilen sollten.
    »Estrella behauptet, die Otherton ist sauber«, sagte Delaney. »Nehmt ihr zwei ihm das ab?«
    »Ich bestimmt«, sagte Jason prompt. »Seine Berichte zeigen, dass er ihr Umfeld gründlich geprüft hat. Und dass er auf die Idee mit dem täglichen Anruf wegen der Post kam, war ein Glücksfall. Ich glaube ihr.
    »Boone?«
    »Ich stimme Jason zu, Sir.«
    »Und was soll der Quatsch mit dem Ouija-Brett in seinen Berichten? Das ist nun schon das zweite Mal, dass er es erwähnt. Ist er vielleicht Spiritist?«
    »Nein, Sir. Estrella ist ein nüchterner, gewissenhafter Mann. Aber seine Frau liegt im Sterben, und vielleicht erklärt sich daher…«
    »Das tut mir leid, davon wusste ich nichts. Will er vielleicht Urlaub nehmen?«
    »Nein, er sagt, ihm liegt daran, weiterzuarbeiten.«
    »Vermutlich das Beste, was er tun kann. Also streichen wir die Otherton. Sie hat womöglich eine Schraube locker, aber als Mörderin sehe ich sie ebenfalls nicht. Jetzt kommen wir zu unserer Kollegin Venable … Das ist wirklich interessant. Es sieht ganz so aus, als ob uns Mrs. Yesell vorsätzlich irregeführt hat.«
    »Tja, da kriegen wir wohl was zu tun, Sir«, meinte Jason. »Jetzt, wo Otherton wegfällt, könnten wir Estrella mit auf den Fall Yesell ansetzen. Ich meine, er könnte Helen mit den Bridgespielerinnen helfen.«
    »Richtig«, stimmte Delaney zu. »Das soll er machen. Boone, Sie sind zusammen mit Calazo hinter Bellsey her?«
    »So oft ich kann, Sir.«
    »Und Jason und Keisman haben Gerber in Arbeit.«
    »Ganz recht, Sir. Bisher nichts Neues.«
    »Und Konigsbacher weiß auch nichts Neues über Symington. Dafür habe ich was, was euch interessieren könnte. Doktor Ellerbee hat testamentarisch sämtliche ausstehenden Honorare gestrichen.«
    Er schilderte kurz sein Gespräch mit Parnell. »Was halten Sie davon?« fragte er die beiden Beamten abschließend.
    Beide wussten nicht, was davon zu halten sei.
    »Keinen Schimmer«, sagte Boone.
    »Wahrscheinlich nichts dran«, meinte Jason.
    »Tja, so wird es wohl sein. Lauter Kram, mit dem sich nichts anfangen lässt«, klagte Delaney. »Ich kann also weiter nichts sagen als: Macht weiter und betet um einen glücklichen Zufall.«
    Nachdem sie weg waren, wühlte er erbittert in den Berichten auf seinem Schreibtisch. Was hätte er den beiden schon sagen sollen, außer »Macht weiter«? In seinen eigenen Ohren klang das wie der reine Hohn.
    Wieder einmal wurde Delaney der krasse Gegensatz deutlich zwischen der großen und wilden Passion, aus der viele Gewaltverbrechen entstehen, und der mühsamen Fieselei und Laufarbeit der Polizei bei der Aufklärung eines solchen Falles.
    Es war vielleicht ein abwegiger Gedanke, doch kam sich Delaney vor wie jemand, der das Geheimnis eines Gemäldes von Rembrandt durch Untersuchungen der Farbpigmente, der Beschaffenheit der Leinwand und der Technik der Pinselführung zu analysieren versucht und, wenn er alles schön aufgelistet hat, ausruft: »Da! Seht, das ist das Geheimnis Rembrandts!« Das war barer Unfug. Ein Geheimnis bleibt ein Geheimnis, ohne rational Stück für Stück erklärbar zu sein.
    Auch wenn er den Fall Ellerbee zum Abschluss bringen sollte, würde das, so befürchtete Delaney, kaum eine rein sachliche Erklärung bieten: das menschliche Verhalten bleibt bis zu einem gewissen Grade immer rätselhaft.

19
    Noch zwei Wochen bis Weihnachten, und die Stadt wirkte gänzlich verzaubert, wobei unter ›Stadt‹ Manhattan zu verstehen ist, das Zentrum; die Straßen strahlten in glitzerndem Lichterschmuck, von überall her rieselten Weihnachtslieder auf die Kauflustigen nieder, und ihr Klang vermischte sich mit dem Klingeln der Ladenkassen.
    Die alljährliche Kaufwut gelangt an ihren Höhepunkt; die Kaufhäuser waren völlig überlaufen, und es schien so, als schrien alle diese Menschen aus vollem Halse: »Bitte, bitte, nehmt unser Geld!«
    Weiter südlich, auf der 7. Avenue, war von alldem allerdings nichts zu bemerken, hier fehlten der Lichterschmuck und die Musikberieselung, nur schmutzige Schneereste zierten die Fahrbahnränder und Gehsteige, gesprenkelt mit Abfällen und Hundekot. Auch das

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