Die vierte Todsuende
erst, was ich zu sagen habe, Vince. Ich bin von der Kriminalpolizei und habe den Auftrag, im Mordfall Ellerbee Ihr Alibi zu prüfen, Vince. Hier sehen Sie meinen Ausweis.«
Er zog seine Brieftasche, und Symington betrachtete den Dienstausweis.
»Ach«, sagte er dann mit erstickter Stimme, »wie konnten Sie mir das nur antun, Ross.«
»Ich hatte den Auftrag, mich näher mit Ihnen bekannt zu machen und herauszubekommen, was Sie an jenem Abend getan haben, als Ellerbee ermordet wurde, Vince«, sagte Konigsbacher eindringlich. »Das war meine Pflicht. Ich gebe zu, dass ich Ihnen anfangs nicht über den Weg getraut habe, aber je länger unsere Bekanntschaft dauerte, desto mehr war ich davon überzeugt, dass Sie einer so brutalen Gewalttat nicht fähig sind.«
»Das ist lieb von Ihnen«, sagte Symington leise.
»Indessen«, sagte Konigsbacher, nachdem er tief durchgeatmet hatte, »indessen offenbarten Sie mir, dass Sie sich von jener Party im Hilton verdrückt hatten, und das ausgerechnet zur Tatzeit.«
»Aber doch nur für kurze Zeit und nur, um an die frische Luft zu kommen«, widersprach Symington ängstlich. »Ich habe Ihnen doch auch gesagt, wo ich war.«
»Weiß ich, weiß ich alles.« Der Detektiv tätschelte Symington die Patschhand. »Aber Sie müssen verstehen, dass das für mich die Angelegenheit kompliziert machte.«
Der andere nickte stumm.
»Für mich stellte sich da ein sehr unerfreuliches Problem, Vince. Einerseits war ich von Ihrer Unschuld überzeugt, andererseits war es meine Pflicht, Ihre Abwesenheit während der Tatzeit in meinem Bericht zu erwähnen, verstehen Sie? Ich habe mir lange den Kopf darüber zerbrochen, wie ich Ihnen am wenigsten schaden könnte, und wissen Sie, wozu ich mich endlich durchgerungen habe? In meinem Bericht steht kein Wort davon. Soweit ich weiß, waren Sie die ganze Zeit über im Hilton. Folglich können Sie mit Mord nichts zu tun haben. Sie sind also außer Verdacht, Vince.«
Symington bedankte sich zutiefst gerührt. Er war den Tränen nahe. »Wie kann ich Ihnen nur danken, Ross?«
»Nun, da wird uns schon was einfallen.«
Zwei Tage vor Weihnachten stapfte Edward X. Delaney, den Homburg auf dem Kopf, die Hände in den Taschen seines Wintermantels, bei leichtem Schneefall zum Markt, um einen Weihnachtsbaum zu besorgen. Eine schottische Fichte sollte es sein. Als er sah, wie teuer solche Bäume waren, hätte er sich ums Haar für eine weniger üppige Sorte entschieden. Doch ist schließlich nur einmal im Jahr Weihnachten, und er brachte ein besonders prächtiges Exemplar mit nach Hause, stellte es im Wohnzimmer ab und machte sich ans Werk. Er holte den altmodischen Christbaumständer vom Dachboden, ebenso den Baumschmuck, einzelne Stücke noch von vor dem Krieg. Nicht zu vergessen die elektrischen Kerzen. Lametta und anderes, was über die Jahre immer wieder sorgfältig verwahrt worden war, sobald der Baum abgeputzt wurde.
Er war noch dabei, die Lichter am Baum zu befestigen, als Monica nach Hause kam und in ihrem geschorenen Lammfellmantel ins Wohnzimmer trat, zwei große Einkaufstüten in den Händen, aus denen hübsch verpackte Geschenke ragten. Ihre Wangen waren von der frischen Luft gerötet und auch vom Eifer, mit dem sie das Geld ausgegeben hatte. Sie blieb in der Tür stehen und machte große Augen.
»Glückliches Chanukah«, grüßte er sie schmunzelnd, worauf sie ihm ein fröhliches Weihnachtsfest wünschte und den Baum bewunderte.
»Was für ein Prachtexemplar, Edward!«
»Nicht wahr? Ich sage dir aber nicht, was er gekostet hat, das würde dir nur die Freude verderben.«
»Es ist mir ganz egal, wie teuer er war, ich finde ihn wunderbar. Ich ziehe nur schnell meinen Mantel aus und bringe diese Sachen an die Seite, dann helfe ich dir, den Baum zu schmücken. Was für ein herrliches Stück! Das ganze Haus riecht schon danach, Edward.«
Zur Musik von Vivaldi schmückten sie während der folgenden beiden Stunden den Baum; als letztes wurde der gläserne Stern an der Spitze befestigt, zu welchem Zweck Delaney die Trittleiter erkletterte. Dies getan, ließen sie die elektrischen Kerzen aufleuchten und prüften die Wirkung.
»Ach, Edward, der ist so schön, ich könnte heulen.«
»Ja, schön ist er wirklich.« Er tätschelte ihr die Wange. »Ich hoffe, er gefällt auch den Mädchen. Wann kommen die überhaupt?«
Benjamin Calazo war nicht eben erst von den Bäumen gestiegen, er war seit vielen Jahren im Dienst, zweimal verwundet, und einmal hatte er
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