Die vierte Todsuende
alt sie waren, wo in Manhattan sie wohnten, was die Väter für einen Beruf hatten, was sie selbst für Absichten in dieser Hinsicht hätten, und wann sie gedachten, Monicas Herzblättchen unversehrt wieder abzuliefern.
Als Mary und Sylvia hereinkamen, war Delaney von ihrem Anblick hingerissen. Er bot ihnen zu trinken an, sagte aber schon sehr bald: »Ihr solltest jetzt lieber losgehen. Sonst ist euer Tisch weg. Und vergesst nicht: Zapfenstreich um zwei. Falls ihr nicht um fünf nach zwei da seid, alarmiere ich das FBI, okay?«
Die Mädchen verabschiedeten sich mit einem Küsschen.
»Ich hoffe bei Gott, sie amüsieren sich gut«, sagte Ihre Mutter.
»Das tun sie bestimmt.« Delaney verschloss die Haustür. »Es sind recht nette Jungs«, sagte er zurückkehrend.
»Peter will Medizin studieren«, berichtete Monica, »Jeffrey Architektur.«
»Hab ich alles mitgekriegt. Eine schwere Enttäuschung. Zur Polizei will keiner von beiden.«
Es war noch etwas im Krug. Delaney holte Eiswürfel und goss die Gläser nochmals voll. »Meinst du, wir bauen die Geschenke heute Abend noch auf? Oder sollen wir damit bis morgen früh warten?«
»Lieber morgen früh. Geh schon schlafen, Edward, ich warte, bis die beiden zurück sind.«
»Ich habe nichts anderes erwartet«, schmunzelte er, »und ich werde dir dabei Gesellschaft leisten.«
Er ließ sich in den blankgescheuerten grünen Ledersessel sinken. Monica betrachtete das Blumenbukett von Mrs. Ellerbee, das auf dem antiken Sekretär abgestellt war. Sie ändere ein wenig das Arrangement und sagte zum wiederholten Male: »Es ist wirklich eine Pracht, Edward.«
»Tja, es…«, er verstummte und erhob sich langsam aus dem Sessel. »Was hast du da gesagt?« Seine Stimme klang fremd.
Seine Frau starrte ihn an. »Dass es eine wahre Pracht ist, habe ich gesagt. Was hast du denn bloß, Edward?«
»Nein, nein«, sagte er unwirsch, »ich will wissen, was du gesagt hast, als die Blumen gebracht wurden. Als ich damit in die Küche kam.«
»Was ist denn nur los, Edward?«
»Was du da gesagt hast, will ich wissen!« brüllte er förmlich, »los, wiederhole es!«
»Ich habe gesagt, ›die sind aber schön‹, und ob sie für die Mädchen sind, und da hast du gesagt, »nein, für uns beide‹.«
»Und weiter?«
»Ob du eine Nelke für dein Knopfloch willst. Und du sagtest nein.«
»Richtig! Ich fragte dich, ob du mich je mit einer Blume im Knopfloch gesehen hättest, und du sagtest, nie, nicht mal an unserem Hochzeitstag. Und als ich fragte, was du denken würdest, wenn ich mir eine Blume ins Knopfloch stecken würde, was hast du da geantwortet?«
»Mir würde sofort der Verdacht kommen, dass du dich verliebt hast.«
Er schlug sich mit der flachen Hand vor die Stirn. »Ich Idiot!« heulte er. »Was war ich nur für ein Idiot!«
Damit rannte er ins Arbeitszimmer und knallte die Tür zu. Seine Frau schaute verständnislos, ließ sich dann aber achselzuckend vor dem Fernsehgerät nieder und sah sich das Weihnachtsprogramm an. Fast eine Stunde widerstand sie der Versuchung, bei ihm reinzuschauen. Dann aber schlich sie sich hin, öffnete die Tür spaltbreit und sah ihn vor seinem Aktenregal fieberhaft Berichte durchblättern. Sie fand, es sei besser, ihn in Ruhe zu lassen. Als er nach einer weiteren Stunde aber immer noch nicht wieder erschienen war, meinte sie jedoch, nun sei es genug, und marschierte schnurstracks in sein Arbeitszimmer. Sie sah ihn in sich zusammengesunken am Schreibtisch sitzen, die Brille auf der Nase, ein Blatt Papier in Händen.
»Jetzt sag mit gefälligst, was du da treibst, Edward«, verlangte sie.
Er schaute verwundert auf. »Ich hab's. Ellerbee war verliebt.«
23
Es sollte ein festlicher Tag werden. Zunächst versammelten sich alle im Wohnzimmer, nur Morgenröcke oder einen Bademantel über dem Schlafanzug und packten die Geschenke aus, die liebevoll unter dem Baum arrangiert waren. Delaney hatte für Monica eine Halskette aus Zuchtperlen gekauft, die sie sogleich anlegte.
Es folgte das große Weihnachtsfrühstück am Küchentisch. Delaney ließ dies alles mit glasigem Blick über sich ergehen. Um zehn schlich er sich ins Arbeitszimmer und rief bei Ellerbees Praxishelferin an. Carol Judd meldete sich nicht. Auch nicht eine Stunde später und auch zwei Stunden später nicht. Wo steckte die verflixte Person nur? Nun ja, seufzte er innerlich, es ist immerhin Weihnachten, und da wird sie bei ihrem Freund sein. Ist schließlich ihr gutes
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