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Die vierte Todsuende

Die vierte Todsuende

Titel: Die vierte Todsuende Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Lawrence Sanders
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ich da.«
    Delaney brannte die erloschene Zigarre erneut an und las die Times zu Ende. Gerade, als er sie gefaltet hatte und für Monica zurechtlegte, klingelte es.
    Parnell trug eine schwarze Melone zu einem mausgrauen zweireihigen Wintermantel aus Gabardine. Eine Aktenmappe aus glänzendem schwarzem Leder hatte er unter den Arm geklemmt. Als er Delaneys verblüfften Gesichtsausdruck sah, lachte er. »Das ist meine Dienstkleidung. Wenn ich mit Bankmenschen und Behörden zu tun habe, lohnt es, so auszusehen wie einer von ihnen. Außer Dienst trage ich Jeans und Sweatshirts.«
    »Eine Melone habe ich seit Jahren nicht mehr gesehen«, sagte Delaney bewundernd, »und Ihnen steht sie sogar.«
    Als Hut und Mantel an der Garderobe hingen, erstrahlte der Detektiv in seiner ganzen konservativen Eleganz: dreiteiliger Anzug aus marineblauem Flanell mit weißen Nadelstreifen, hellblaues Hemd mit gestärktem weißem Kragen und Manschetten, großzügig gemusterte Krawatte, matt glänzende schwarze Schuhe.
    »Manchmal komme ich mir in dieser Verkleidung vor wie ein Clown«, sagte er, als er Delaney ins Arbeitszimmer folgte, »aber die Leute, mit denen ich zu tun habe, lassen sich davon beeindrucken. Hübsches Haus haben Sie hier.«
    »Ja, das finde ich aus.«
    »Gehört es Ihnen?«
    »Ja.«
    »Falls Sie je daran denken sollten, ein Stockwerk zu vermieten, lassen Sie es mich bitte wissen. Meine Frau und ich hausen mit zwei Kindern in einer Wohnung auf der West Side wie Sardinen in der Büchse.«
    Das sagte er aber ohne Bitterkeit, und Delaney Schloss daraus auf einen eher gutmütigen Charakter.
    »Wo tragen Sie denn Ihren Dienstrevolver?« fragte er Parnell neugierig. »Der müsste bei diesem eleganten Kostüm doch auftragen?«
    Parnell kehrte ihm den Rücken und hob die Jacke. Der kurzläufige Revolver steckte in einem Halfter, das ihm auf dem Rücken hing.
    »Man kommt zwar nicht gut dran, aber er ist so eine Art Notbremse. Gehen Sie denn bewaffnet?«
    »Nur selten. Möchten Sie eine Erfrischung? Kaffee? Eine Cola?«
    »Der Kaffee kommt mir heute Vormittag schon bei den Ohren raus.«
    Delaney bot ihm einen Sessel an. »Machen Sie es sich gemütlich.«
    »Ich rieche Zigarrenrauch, darf ich mir eine Zigarette anzünden?«
    » Selbstverständlich.«
    Delaney betrachtete sich derweilen den Mann. Kurz geschnittenes eisengraues Haar, Pferdegesicht mit tiefen Furchen, auch Lachfalten um die Augen. Große Zähne. Offener Gesichtsausdruck. Ein hässliches Gesicht, aber nicht ohne Charme. Würde sich jederzeit als Gast auf einer Party gut ausnehmen.
    »Wie wollen wir es machen?« Parnell öffnete die Aktenmappe. »Wollen Sie erst lesen, oder soll ich Ihnen eine Zusammenfassung geben?«
    »Tun Sie das. Falls ich dann noch Fragen habe, kann ich die hinterher stellen.«
    »Einverstanden. Beginnen wir mit Dr. Samuelson, Julius K. Ist eine runde Million wert. Sehr vorsichtig mit Geld. Schatzanweisungen, steuerfreie Schuldverschreibungen. Besitzt eine Eigentumswohnung und eine eigene Praxis. Hat immer zu viel auf seinem Girokonto, aber ich sagte schon, er ist vorsichtig. An Aktien traut er sich nicht ran, jede Spekulation ist ihm zuwider. Er hat drei unwiderrufbare Stiftungen eingerichtet. Nutznießer sind drei Kliniken mit psychiatrischen Forschungsabteilungen. Nichts Ausgefallenes, nichts irgendwie Ungewöhnliches. Haben Sie dazu Fragen?«
    »Mir fallen keine ein. Sein Testament haben Sie nicht zufällig gesehen?«
    »Nein, an so was ist nicht ranzukommen. Es war schon ein Glücksfall, dass ich von den Stiftungen erfahren habe. Mir kommt es vor, als wäre für Sie an Samuelson nichts zu gewinnen — was seine finanzielle Lage angeht, meine ich. Er ist nicht gerade schwerreich, aber darben tut er auch nicht.«
    »Sie haben wohl leider recht«, seufzte Delaney »Und die Ellerbees? Was ist mit denen?«
    »Tja, da wird es schon interessanter. Sollte Ihnen der Gedanke gekommen sein, die Frau könnte ihren Mann wegen seiner Kohlen umgebracht haben, dann können Sie's vergessen. Er hat nicht schlecht verdient, aber sie ist sowieso steinreich.«
    »Ach nein!« Delaney war verblüfft. »Woher denn das?«
    »Ihr Vater hat ihrer Mutter bei seinem Tode ein schönes Vermögen hinterlassen. Zwei Jahre später starb die Mutter, die auch etwas eigenes Vermögen hatte. Das alles hat die kleine Ellerbee geerbt. Ein Jahr drauf beerbte sie eine unverheiratete Tante, und damit fiel sie förmlich in eine Goldgrube. Fast drei Millionen allein von dieser

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