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Die vierte Todsuende

Die vierte Todsuende

Titel: Die vierte Todsuende Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Lawrence Sanders
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Patienten des Ermordeten anzusehen. Und wie aufs Stichwort klingelte denn auch das Telefon, und diesmal war es wirklich Sergeant Boone, der meldete, Mrs. Ellerbee sei bereit, die Herren um 21 Uhr zu empfangen.
    »Soll ich Sie eine Viertelstunde vorher abholen, Sir?« fragte Boone.
    »Lieber eine halbe Stunde vorher. Parnell war da, und ich möchte Sie über die Ereignisse seiner Nachforschungen ins Bild setzen.«

10
    Delaney, der auf dem Beifahrersitz saß, wandte sich Boone zu, während er ihn wissen ließ, was Parnell herausgebracht hatte. Der Wagen parkte unweit dem Hause Ellerbee.
    Boone wäre ein großgewachsener, schlaksiger Mann mit schlaksigem Gang, dessen Manschetten und Hosenaufschläge um einiges zu kurz waren. Er hatte leicht rötliches Haar, Sommersprossen und ein Pferdegebiss. Er sah eigentlich aus wie ein Provinzjockel, doch wusste Delaney, dass dies täuschte: Boone war blitzgescheit und überdies ungemein empfindsam.
    Als Delaney zu Ende war, sagte er: »Die Dame ist ja das reinste Kraftwerk! Haufenweise Geld, zwei Häuser, eine beneidenswerte Karriere. Aber wissen Sie, wer mich in diesem Fall am meisten fasziniert, Sir?«
    »Der Ermordete?« mutmaßte Delaney.
    »Ganz recht. Auf den kann und kann ich mir keinen Vers machen. Angeblich war er ein brillanter Seelenklempner. Das mag ja sein, aber ich sehe ihn nicht vor mir - nicht, wie er sich kleidete, wie er redete, was er außerhalb seiner Praxisstunden gemacht hat. Nach allem, was wir von Samuelson und der Witwe über ihn gehört haben, muss er ein wahres Musterexemplar gewesen sein.«
    »Na ja, was erwarten Sie von diesen beiden? Die können unmöglich schlecht von ihm reden. Ich hoffe, seine Patienten können uns ein zutreffenderes Bild von ihm geben - falls die überhaupt den Mund aufmachen. Übrigens - es wird Zeit. Wir dürfen nicht zu spät kommen.«
    Mrs. Ellerbee bat die Herren über das Türmikrofon in den zweiten Stock und ließ sie ein. Den Hut in der Hand, stapften sie nach oben, wo sie mit einem kräftigen Händedruck begrüßt wurden.
    »Es wird ein Weilchen dauern«, sagte sie sogleich, »deshalb habe ich Sie heraufgebeten; im Wohnzimmer ist es bequemer.«
    Sie trug einen langärmligen Springeranzug aus schwarzer Seide mit einem langen Reißverschluss vom Kragen bis zur Taille. Das blonde Haar fiel gelöst bis auf die Schultern. Als sie ihnen voran ins Wohnzimmer ging, hatte Delaney Gelegenheit, neuerlich ihre aufrechte stolze Haltung und die Geschmeidigkeit ihrer Bewegungen zu bewundern.
    Das Wohnzimmer war hell, aber behaglich erleuchtet; eine Wand wurde von einem bis zur Decke reichenden Bücherregal eingenommen, was vollgestellt war mit Lederbänden, Taschenbüchern und Zeitschriften. Hier und dort standen Nippes, gerahmte Fotos und dergleichen und ließen das Zimmer bewohnt und gemütlich erscheinen.
    »Sie sehen, hier ist es weniger steril als unten«, sagte sie mit einem kleinen Lächeln. »Auch nicht so aufgeräumt. Hier haben Simon und ich abends meist gesessen. Man kann sich hier wirklich entspannen. Geben Sie mir Ihre Mäntel, meine Herren. Und möchten Sie vielleicht irgendetwas zu sich nehmen? Kaffee? Einen Drink?«
    Beide lehnten höflich ab.
    Delaney und Boone wurden Sessel angeboten, während Mrs. Ellerbee auf einem Gebilde aus Rohr mit steiler Lehne Patz nahm. Da saß sie denn sehr aufrecht, die Hände züchtig im Schoß gefaltet, den Kopf aufgereckt.
    »Julie, das heißt Dr. Samuelson, hat mir geraten zu tun, was Sie wünschen, und doch habe ich da meine Bedenken. Zwischen meinem Wunsch, den Mord an meinem Mann gerächt zu sehen, einerseits, und dem, seine Patienten unbedingt zu schützen, werde ich gleichsam hin- und hergerissen.«
    »Vielleicht hilft es, wenn ich Ihnen versichere, dass alles streng vertraulich bleibt, was wir über ehemalige Patienten Ihres Mannes erfahren?« schlug Delaney vor.
    »Hmmm …,auf mehr darf ich wohl nicht hoffen … Übrigens sind es nur sechs aus einer großen Zahl von Patienten, die ich ausgewählt habe und denen ich zutraue, gewalttätig zu werden.«
    »Das macht nichts, Madam, alle können wir ohnehin nicht überprüfen, und dies wäre ein Anfang«, versicherte Boone.
    »Das leuchtet mir ein. Bedenken Sie aber auch, dass ich mich irren kann, dass mein Urteil nicht unbedingt zutreffend sein muss. Es waren schließlich die Patienten meines Mannes, nicht meine eigenen. Ich kann mich also nur an seine Krankengeschichten halten und an das, was er mir jeweils mitgeteilt hat. Es ist

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