Die vierte Todsuende
ohne Alkohol. Mit diesen Leckereien machte man es sich im Wohnzimmer bequem, und der Fall Ellerbee wurde mit keinem Wort erwähnt - etwa drei Minuten lang.
Dann sagte Rebecca Boone:
»Ihr werdet mich auslachen, aber ich glaube, der Mörder war einer, den keiner kennt.«
»Ein toller Einfall«, kommentierte Boone. »Ellerbee lässt einen total Fremden ins Haus. So muss es nämlich gewesen sein, denn die Haustür wurde nicht gewaltsam geöffnet. Wie sollte er also reinkommen?«
»Ha, das ist doch kinderleicht! Er wartet irgendwo im Dunkeln auf den späten Patienten, versteckt sich hinter einem geparkten Wagen oder so, drängt sich hinter ihm ins Haus, bedroht ihn mit dem Hammer oder mit einer Waffe oder sonst wie und geht mit ihm rauf. Und deshalb habt ihr auch zweierlei Fußabdrücke gefunden«, Schloss sie triumphierend.
»Sehr gut möglich«, gestand Delaney, »alles ist möglich. Aber warum sollte ein Fremder ihn umbringen wollen? Drogen hatte er keine im Haus, es fehlt nichts, ausgenommen dieses verdammte Rechnungsbuch. Und dass Ellerbee deswegen umgebracht worden ist, kann ich nicht glauben.«
»Der Mörder war wahnsinnig verliebt in Mrs. Ellerbee und wollte den Ehemann beseitigen, um die Witwe zu heiraten«, schlug Delaneys Frau vor.
»Ein ausreichendes Motiv, wenn wir nur den geringsten Anhaltspunkt dafür hätten, dass sie zugänglich war. Aber den haben wir nicht.«
»Das muss ja auch nicht so gewesen sein. Kann ja sein, sie ahnte gar nicht, dass der Mörder scharf auf sie war.«
»Weshalb begeht man denn einen Mord?« fragte Rebecca.
»Da gibt es massenhaft Motive«, sagte Delaney achselzuckend. »Habsucht, Angst, Wut, Eifersucht — die Liste ist unendlich. Manche Motive sind so läppisch, dass man es nicht für möglich halten möchte.«
»Ich hatte mal einen Fall, da hat jemand seinen Nachbarn erstochen, weil dessen Hund dauernd bellte«, sagte Boone, »und in einem anderen Fall hat jemand seine Frau erschossen, weil sie das Steak anbrennen ließ.«
»Hatten Sie vielleicht auch mal einen Fall, wo die Frau ihren Mann erschoss, weil er über die Spüle gebeugt feuchte Sandwiches aß?« fragte Monica.
Boones lachten, und selbst Delaney quälte sich ein Grinsen ab.
»Welches Motiv vermuten Sie denn hinter dem Mord an Ellerbee?« fragte Rebecca.
»Nichts so Läppisches. Das scheint mir gewiss. Irgendwas Kompliziertes. Was denken Sie, Sergeant?«
»Ich ahne es nicht, nur dass es um Geld ging, möchte ich ausschließen.«
»Dann kann es sich nur um Leidenschaft handeln«, versetzte seine Frau prompt.
Rebecca war eine kleine, rundliche Frau mit vollem schwarzem Haar, das ihr auf die Schultern fiel, und sehr hellem Teint. Ihre Augen blickten sanft, Sanftheit war überhaupt das beherrschende Merkmal ihrer Erscheinung. Das Jackenkleid, das sie trug, verbarg nicht ihre üppigen Formen.
Delaney merkte wohl, dass sie ihn mit großem Respekt behandelte, und das war ihm etwas peinlich. Seine Frau redete Boone unbefangen beim Vornamen an, doch wäre es Rebecca nie eingefallen, ihn, Delaney, Edward zu nennen. Und weil ihr andererseits Mr. Delaney zu förmlich klang, verzichtete sie gänzlich auf eine Anrede.
»Weshalb glauben Sie, das Motiv war Leidenschaft, Rebecca?«
»Ich habe das so im Gefühl.«
Der Sergeant lachte laut heraus. »Da haben Sie einen handfesten Beweis, Sir. Wir übergeben morgen die Akten der Staatsanwaltschaft.«
Als Delaney mit seiner Frau zu Bett ging, fragte er sie: »Meinst du auch, dass das Motiv für den Mord an Ellerbee Leidenschaft gewesen sein könnte?«
»Wenn Geld ausscheidet, halte ich es für sehr wahrscheinlich. Mindestens müsste es eine Rolle dabei gespielt haben.«
»Ich wollte, ich wäre meiner Sache so sicher wie du«, grollte er.
»Du hast mich gefragt, und ich habe geantwortet.«
»Falls ihr Frauen recht habt, sollten wir uns nicht mehr um die gewalttätigen Patienten kümmern, sondern um solche, die für eine starke Leidenschaft anfällig sind.«
»Du meinst, du findest welche unter denen von Ellerbee?«
»Weshalb nicht? Viele Männer wechseln von einer Frau zur nächsten, weil ihnen ihr Leben leer vorkommt, wenn sie nicht von immer anderen geliebt werden. Und bekanntlich gibt es Frauen, die verlieben sich von einer Sekunde zur nächsten, keiner weiß weshalb.«
»Die werden schon ihre Gründe haben.«
»Sag mal, hat Rebecca zugenommen?«
»Kann sein, ein oder zwei Pfund.«
»Schwanger ist sie doch wohl nicht?«
»Wie kommst du denn
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