Die vierte Todsuende
Vince?«
»Jetzt nicht mehr. Früher mal. Sie hat mich aber verlassen. Wobei ich nicht verschweigen möchte, dass sie unser gemeinsames Konto plünderte, unseren Pudel mitnahm und eine Sammlung römischer Münzen.«
»Dann sind Sie also geschieden?«
»Soweit mir bekannt, bis heute nicht.«
»Aber darum sollten Sie sich kümmern, Vince. Eines Tages möchten Sie womöglich wieder heiraten.«
»Das bezweifle ich denn doch. Stark sogar.«
»Es ist schon eine schlimme, schlimme Welt«, klagte Konigsbacher etwas geziert. »Man muss alles mitnehmen, was sich bietet.«
»Ein wahres Wort.« Symington schnalzte mit den Fingern und deutete dem Bartender an, dass er nochmals Drinks bringen sollte.
Konigsbacher sagte: »Es ist so schwer, verständnisvolle Menschen zu finden, ganz zu schweigen von wahren Freunden.«
»Ach, geht es Ihnen auch so?« Symington strich über seine Glatze. »Ich kann Ihnen gar nicht sagen, wie einsam ich mich fühle.«
»Ich muss ihnen allerdings gestehen, dass ich kein einfacher Mensch bin«, fuhr Konigsbacher zielstrebig fort, »derzeit mache ich gerade eine Psychoanalyse durch.«
»Aber das ist doch nichts Schlimmes! Ich war Jahre in Behandlung.«
»War? Sind Sie fertig damit?«
»Nein.« Dies sehr bekümmert. »Mein Psychiater ist seit kurzem tot.«
»Was denn? Tot? Das ist ja furchtbar. War er krank?«
»Nein, er wurde ermordet.« Symington hatte sich wieder vorgelehnt und vertraute Konigsbacher dies im Flüsterton an.
»Ermordet! Wie ganz, ganz grauenhaft!«
»Sie haben davon vielleicht gelesen, Ellerbee hieß er.«
»Weiß man schon, wer der Täter ist?«
»Nein. Die Polizei war aber mehrmals bei mir. Man befragt seine ehemaligen Patienten.«
»Wie lästig. Wissen Sie denn überhaupt etwas?«
»Tja, ich mache mir so meine Gedanken, aber davon sage ich den Polypen nichts. Meine Devise ist: Nichts Böses hören, nichts Böses sehen, nichts Böses sagen.«
»Da haben Sie nur allzu recht, Vince. Halten Sie sich auf alle Fälle raus.«
»O ja, ganz gewiss. Ich habe ohnedies genügend Probleme.«
»War Ihr Therapeut tüchtig?«
»Nun ja, Sie wissen sicher selber, wie diese Leute sind -gelegentlich können sie richtig gemein sein.«
»Das ist leider allzu wahr. Meinen Sie, er wurde von einem seiner Patienten umgebracht?«
Symington blickte verstohlen um sich, als ob er befürchten würde, belauscht zu werden, lehnte sich noch weiter vor und wisperte verschwörerisch: »Vor einem halben Jahr ungefähr habe ich ihn gesehen, wie er an einer Verkehrsampel hielt. Ich ging über die 1. Straße, weil ich bei ›Lucky Pierre‹ gegessen hatte. Übrigens die weitaus besten Schnecken, eine wahre Delikatesse. Es war so gegen neun. Ellerbee saß in seinem neuen Jaguar, und ich sah ihn ganz genau, er mich aber nicht. Die Ampel sprang dann um, und er fuhr stadtwärts. Jetzt frage ich Sie: Worauf deutet das hin?«
Konigsbacher ahnte es nicht. »Meinen Sie…? Vielleicht war er…«
»Ganz recht. Er war irgendwo gewesen, und zwar nicht allein. Aber auch nicht mit seiner Frau. Die hätte im Wagen gesessen.«
»Tja, Vince«, sagte Konigsbacher enttäuscht, »das mag ja sein, aber er kann überall gewesen sein, in der Klinik, bei einem Patienten, was weiß ich, wo.«
»Das ist aber nicht alles«, Symington lehnte sich zurück und grimassierte schadenfroh, »ich könnte der Polizei schon Hinweise geben, aber sollen die doch ihre Arbeit selber erledigen.«
»Das ist sehr klug. Halten Sie sich raus.«
»Oh, das werde ich, das werde ich. Hineinziehen lasse ich mich nicht.«
Konigsbacher blickte auf die Uhr. »Lieber Himmel, es ist doch später geworden, als ich dachte, ich muss unbedingt aufbrechen.«
»Müssen Sie wirklich schon gehen, Ross?«
»Ja, leider, Vince.« Konigsbacher hatte sich vorgenommen, den Fisch mit äußerster Behutsamkeit an Land zu ziehen »Aber ich habe diesen Abend sehr genossen.«
»Ich gleichfalls. Hätten Sie Lust, wieder einmal herzukommen?«
»Sehr sogar. Vielleicht schon morgen?«
Sie strahlten einander an und schüttelten sich innig die Hand. Konigsbacher trollte sich und überließ es Symington, die Getränke zu bezahlen. Auf der Heimfahrt repetierte er so gut es ging die abendliche Unterhaltung mit Symington und beschloss, alles und jedes in seinen Bericht aufzunehmen. Sollte Delaney ruhig sehen, wie er damit zu Rande kam. Jedenfalls zeigte sich hier ein Lichtblick.
Delaney war von diesem Bericht nicht sehr angetan. Er durchschaute Konigsbachers Taktik
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