Die vierte Todsuende
Personalchef in Symingtons Firma. Dies gelang ihm unter Verwendung einer ihm nicht gehörenden Geschäftskarte, und indem er vorgab, Symingtons Kreditwürdigkeit prüfen zu müssen, da jener angeblich an den Erwerb einer Eigentumswohnung denke. Der Personalchef lobte Symington in den höchsten Tönen, was auf Konigsbacher insofern keinen nennenswerten Eindruck machte, als er auch den Personalchef für schwul hielt.
Symington hatte die Angewohnheit, nach Büroschluß in der Stadt umherzuschlendern. Er speiste fast täglich in einem Restaurant zu Abend, und zwar immer in einem anderen, manchmal allein, dann wieder mit einem anderen Mann, doch niemals mit einer Frau.
Anschließend zog er durch die Nachtbars, landete aber unfehlbar gegen Mitternacht im Dorian Gray, einer Bar auf der Lexington Avenue, unweit der 40. Straße. Von außen wirkte dieses Lokal eher unscheinbar; in der mit Paneelen verkleideten Fassade befand sich nur ein einziges, ziemlich kleines Fenster, durch welches man in den matt von Kerzen erhellten Raum sehen konnte; es war hier immer gerammelt voll. Dezente Musik kam von einem Flügel. Konigsbacher, der Symington schon dreimal hierher gefolgt war, betrat am vierten Abend selber die Bar. Diese erwies sich als das eleganteste Etablissement dieser Art, in dem Konigsbacher je gewesen war, und er kannte zwischen Harlem und dem Village eine Menge.
Es war sehr leise, man sprach gedämpft, auch das Lachen klang gedämpft. Am Flügel war heute eine schwarze Pianistin, die mit rauher, aber leiser Stimme Cole Porter zelebrierte, und der Bartender - ein Typ wie Tyrone Power -hantierte geräuschlos mit Flaschen und Gläsern.
Der Detektiv blieb zunächst an der Tür stehen, um sich an das hier herrschende schummrige Licht zu gewöhnen. Er sah dann zwei oder drei Damen, alle übrigen waren Herren zwischen dreißig und vierzig Jahren. Fast alle trugen sehr konservative Anzüge mit Weste. Sie sahen aus wie Bankiers und Anlageberater, manche allerdings schon eher wie Leichenbestatter.
An den kleinen Tischen saß man zu zweit, wer allein gekommen war, stand an der Bar. So auch Symington. Weil der Hocker neben ihm unbesetzt war, nahm Konigsbacher hier Platz. Der Barmann war sogleich zur Stelle.
»Guten Abend, Sir. Was darf es sein?«
Konigsbacher hätte gern einen Whisky getrunken und mit Bier nachgespült, doch belehrte ihn der Blick in die Runde, dass man hier Mixgetränke in zierlichen Gläsern bevorzugte oder gar Likör.
»Einen Wodka-Martini bitte. Mit etwas Zitronenschale«, bestellte er dabei unwillkürlich im Flüsterton.
Während er wartete, schaute er in den getönten Spiegel hinter der Bar, und sein Blick traf den von Symington; beide Herren schauten rasch woandershin.
Er nahm einen Schluck aus seinem Glas, das mittlerweile gekommen war, und legte dann seine Zigaretten und sein Wegwerffeuerzeug vor sich auf die Bar. Der bildschöne Bartender platzierte sogleich einen kristallenen Aschenbecher vor ihm. Konigsbacher setzte eine Zigarette in Brand, ließ aber seine Rauchutensilien auf der Bar liegen.
Symington wartete nicht lange, bevor er ein silbernes Zigarettenetui zog und eine teure Zigarette mit Korkmundstück herausnahm. Zu Konigsbacher gewendet sagte er: »Verzeihen Sie, leider habe ich mein Feuerzeug verlegt. Dürfte ich…«
Das war wie ein Menuett, und Konigsbacher kannte die Figuren genau.
»Aber selbstverständlich, gern.« Er gab Symington selbst Feuer, dieser ergriff die Hand des Detektivs, wie um die Flamme ruhig zu halten, zog den Rauch tief ein und schien ihn förmlich zu verschlucken.
»Danke Ihnen«, flötete er dabei. »Grässliche Angewohnheit, finden Sie nicht auch?«
»Meinen Sie Sex?« fragte Konigsbacher, und beide lachten leise.
Zehn Minuten später hatten sie bereits an einem Tischchen Platz genommen und führten eine angeregte Unterhaltung. Sie lehnten sich dabei vor, so dass ihre Köpfe sich fast berührten. Unter dem Tisch pressten sie die Knie gegeneinander.
»Sie scheinen ungemein gut in Form zu sein, Ross«, sagte Symington.
»Ich tue auch etwas dafür, Vince. Jeden Morgen trainiere ich mit Hanteln.«
»Das müsste ich auch mal probieren.«
Und nach einer kurzen Pause: »Sind Sie verheiratet, Ross?«
»Meine Frau ist verheiratet. Ich weniger.«
»Nein, wie Sie sich ausdrücken! Köstlich!« Symington lehnte sich zurück und schaute Konigsbacher bewundernd an. »Meine Frau… ich weniger…! Das muss ich mir merken.«
»Und wie steht es mit Ihnen,
Weitere Kostenlose Bücher