Die vierte Zeugin
Titel:
Die vierte Zeugin Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren:
Tanja u.a. Kinkel
,
Oliver Pötzsch
,
Martina André
,
Peter Prange
,
Titus Müller
,
Heike Koschyk
,
Lena Falkenhagen
,
Alf Leue
,
Caren Benedikt
,
Ulf Schiewe
,
Marlene Klaus
,
Katrin Burseg
Auftraggeber hat nämlich Sorge, dass zu viel Staub aufgewirbelt wird.« Er grinste, und Augustin sah eine Reihe schwarzer Zahnstumpen. »Und Ihr wirbelt gehörig Staub auf. Es ist also wohl besser, wenn Ihr verschwindet. Ich meine,
ganz
verschwindet.«
Der Mann war eher klein, doch von gedrungener, muskulöser Statur. Sein Gesicht blieb unter der Kapuze verborgen. Nun schlenderte er beinahe gemächlich auf Augustin und seine Begleiterin zu.
»Macht es Euch nicht so schwer, von Küffen«, gurrte der Fremde. »Ein kurzer Stich nur, vielleicht zwei, dann ist es vorüber. Wehrt Euch nicht, dann lasse ich die Frau laufen. Wenn ich mit ihr fertig bin«, fügte er hämisch hinzu.
Mit klopfendem Herzen blickte sich Augustin nach allen Seiten um. Sie befanden sich am Ende einer Mole, an der einige schwankende Segelschiffe vertäut lagen. Mittlerweile war es fast dunkel, nirgendwo war eine Menschenseele zu sehen. Sollte er schreien? Vermutlich kämen die Retter erst, wenn seine Leiche bereits zwischen den Eisplatten des Rheins schwamm. Entschlossen umklammerte der Anwalt seinen Gehstock und schwang ihn wie einen Prügel. Diesmal würde er es seinem Verfolger nicht so leicht machen wie damals in den Gassen von Bologna.
Vor allem würde er diesmal die Frau retten, die er liebte. Auch wenn er das mit dem Leben bezahlte.
»Lauf zu einem der Boote und versteck dich dort«, zischte er Sophie zu. »Ich werde versuchen, den Mann so lange hinzuhalten, bis Hilfe kommt.«
»Aber …«, begann Sophie. Doch Augustin schob sie mit einer unwirschen Handbewegung zur Seite.
»Vertrau mir. Hilfe wird kommen. Und jetzt lauf!«
Mit einem lauten Schrei stürzte sich der Anwalt auf den Auftragsmörder, der verdutzt zurückwich. Der plötzliche Angriff schien den Fremden kurzzeitig aus dem Konzept zu bringen. Er hatte offenbar damit gerechnet, dass sein Opfer weglief oder regungslos stehen blieb. Augustin verpasste ihm zwei, drei Stockschläge, doch dann hatte sich der Fremde wieder gefangen. Routiniert wehrte er mit seinem Rapier die nächsten Hiebe ab, dann setzte er zum Gegenangriff an.
Augustin hatte in seiner Pariser Zeit als Gerichtsassessor ein wenig fechten gelernt, und so gelang es ihm, den gezielten Stichen eine Zeit lang auszuweichen. Dennoch trieb ihn der Mann Stück für Stück auf das Ende der Mole zu.
Einen kurzen Moment wagte es der Anwalt sich umzublicken und sah gerade noch, wie Sophie hinter der Reling einer zwischen Eisschollen tief im Wasser liegenden Rigg verschwand. Augustin schöpfte erneut Hoffnung. Vielleicht waren ja einige Wachen unter Deck, die sie alarmieren konnte.
In diesem Moment ritzte ihn die Klinge seines Gegners am rechten Oberarm. Er fühlte einen brennenden Schmerz und schrie erneut laut auf.
»Hilfe! Zu Hilfe! Mord, hier unten am Pier!«
Der Fremde hielt kurz inne und grinste ihn an.
»Ihr ruft vergeblich, von Küffen!«, zischte er. »Ich habe selbst gesehen, wie die Wachen für einen Schoppen Wein Richtung Schenke verschwunden sind. Hier unten ist niemand, keine Menschenseele, jedenfalls so lange, bis ich mit Euch fertig bin. Und dann hol ich mir die Frau.«
Erneut prasselten Stiche auf Augustin ein. Die Wunde am Oberarm, vor allem aber sein steifes Bein schmerzten höllisch. Lange würde er dem Angriff nicht mehr standhalten können. In einem letzten Akt der Verzweiflung griff er nach einem losen Tauende und ließ sich in das Hafenbecken fallen. Das Seil war an der Reling des Schiffes befestigt, auf das Sophie geflohen war. Nun hing Augustin nur wenige Handbreit über dem Rhein, unter ihm schaukelten in der Dämmerung die Eisplatten, dazwischen schäumte schwarz das Wasser.
Augustin ließ seinen Gehstock fallen und zog sich keuchend an dem Tau empor. Aus dem Augenwinkel sah er, wie der Fremde fluchend an der Längsseite der Mole entlangrannte, um eine Stelle zu finden, wo er auf das Schiff springen konnte. Weiter vorne war zwischen Boot und Kai ein schmaler Holzsteg, auf den der Mann nun zulief.
Mit letzter Kraft hangelte sich Augustin hinauf zur Reling und ließ sich an Deck fallen. Er hörte ein Knarren und Quietschen, als der Mann über den Steg an Bord kam. Der Anwalt duckte sich und lief hinter einigen Taurollen und Kisten hinüber auf die andere Seite des Schiffes, während er sich immer wieder verzweifelt umblickte. Wo war nur Sophie geblieben?
Etwa in der Mitte des Vorderdecks konnte er eine offenstehende Luke erkennen. Er eilte darauf zu und begann so leise wie möglich, eine
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