Die vierte Zeugin
Titel:
Die vierte Zeugin Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren:
Tanja u.a. Kinkel
,
Oliver Pötzsch
,
Martina André
,
Peter Prange
,
Titus Müller
,
Heike Koschyk
,
Lena Falkenhagen
,
Alf Leue
,
Caren Benedikt
,
Ulf Schiewe
,
Marlene Klaus
,
Katrin Burseg
Dämmerung zu, und die meisten Hafenarbeiter saßen bereits bei einem Becher heißem Gewürzwein in den Schenken etwas weiter stromabwärts. Die Sonne war ein kleiner, harter Ball, der hinter den Stadtmauern versank. »In den letzten Monaten habe ich viel über uns nachgedacht«, fuhr Augustin fort. »Ich glaube …«
»Meinst du, wir sollten noch einmal gemeinsam nach Speyer reisen?«, unterbrach sie ihn. »Oder um eine Audienz beim Erzbischof Adolf von Schaumburg bitten? Er war doch in seiner Zeit als Koadjutor Mutters engster Vertrauter.« Zornig trat sie mit ihrem Fuß einen Kiesel auf die Eisplatten des zugefrorenen Rheins.
»Der ist zur Zeit auf Reisen.« Augustin seufzte. »Eigentlich wollte ich mit dir über etwas anderes reden«, versuchte er es noch einmal. »Vielleicht ist es an der Zeit, diesen Fall abzuschließen und dafür …«
»Ich soll auf die
Wolkenburg
verzichten? Nach all den Mühen, die wir in den letzten Monaten hatten?« Sophie ließ seine Hand los und blickte ihn mit zornig funkelnden Augen an. »Hast du nicht selbst gesagt, man dürfe niemals aufgeben? Du hast mir die Hoffnung zurückgegeben, Augustin! Willst du sie mir jetzt wieder nehmen?«
Augustin wand sich. »Das nicht, Sophie. Aber sieh doch. Ich habe eine gut gehende Kanzlei in der Perlengasse …«
»Aha, du meinst, du willst dich auf aussichtsreichere Fälle konzentrieren. Ist es das? Sag es nur!«
»Verflucht nochmal, Sophie! Ich liebe dich! Ich habe lange gebraucht, um mir das selbst einzugestehen, doch es ist die Wahrheit. Ich liebe dich, aber ich kann nicht mit dir zusammen sein, wenn auf ewig dieser Fall zwischen uns steht!« Augustin war auf dem menschenleeren Pier stehen geblieben und rang nach Worten, während ihn Sophie verdutzt ansah.
»Anfangs … ja, anfangs habe ich geglaubt, ich müsse den Fall diesmal gewinnen, weil ich sonst mein Leben lang nicht mehr ruhig schlafen kann«, fuhr er leise fort. »Weil ich mir selbst etwas beweisen muss. Aber das ist es nicht. Ich … ich kann deinetwegen nicht mehr schlafen! Ich liebe dich und ich …« Er zögerte kurz, dann brach es aus ihm heraus. »Und ich möchte dich fragen, ob du meine Frau werden willst.«
Eine Zeit lang herrschte eine fast unnatürliche Stille auf dem Pier. Nur das Knarzen der Eisplatten, die gegen die Hafenmauern schlugen, war zu hören. Sophies Gesicht verwandelte sich. Die harten Augen verschwanden und machten den Mädchenaugen von damals Platz, ihre Lippen wurden wieder weich, ihr ganzer Gesichtsausdruck bekam etwas kindlich Staunendes.
»Du … du willst mich zur Frau nehmen?«, brachte sie schließlich hervor. »Wirklich? Mich, eine einfache Krämerswitwe?«
»Es ist mir gleich, was du bist, Sophie«, erwiderte Augustin sanft. »Lass die anderen nur reden. Hauptsache, du wirst meine Frau. Willst du das? »
Er beugte sich nach vorne, um ihr einen Kuss auf die Wange zu hauchen. Mit geschlossenen Augen wandte sie ihm ihre Lippen zu.
»Ob ich das will?«, flüsterte sie. »Es gibt nichts, was ich mir mehr wünsche.«
In diesem Moment mischte sich ein anderes Geräusch unter das Knarren der Eisplatten.
Es war das Schaben von Metall.
Augustin blickte sich um und sah hinter ihnen auf dem Pier einen einzelnen Mann stehen. Er trug einen dunklen Mantel und hatte die Kapuze tief ins Gesicht gezogen, in seiner rechten Hand hielt er einen Rapier, mit dem er nun bedrohlich langsam auf das Liebespaar zuging. Augustin erkannte den Fremden sofort. Es war derselbe Mann, der ihm erst vor ein paar Wochen in der Gasse nahe des Domhofs aufgelauert hatte. Und auch zuvor hatte er sich bereits einige Male verfolgt gefühlt. Seitdem hatte Augustin immer wieder versucht zu verdrängen, dass ihm womöglich jemand nach dem Leben trachtete. Er hatte seine Furcht als dumm und unbegründet abgetan, als Ausgeburt seiner Fantasie, genährt von früheren Erlebnissen. Doch nun musste er sich eingestehen, dass all seine Ängste berechtigt waren. Der Mann auf dem Pier war ausgesandt worden, ihn zu töten.
Ihn und vermutlich auch Sophie.
»Wer schickt dich?«, brachte Augustin mit fester Stimme hervor. Entschlossen packte er Sophie am Arm, die wie versteinert auf die geduckte Gestalt am Pier starrte. Augustin von Küffen richtete sich auf. Die Frau, die er liebte, sollte nicht merken, dass er vor Angst fast umkam.
»Spielt das eine Rolle?«, erwiderte der Fremde mit krächzender Stimme. »Ihr habt Euch in Dinge eingemischt, die man besser ruhen lässt, von Küffen. Mein
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