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Die vierte Zeugin

Die vierte Zeugin

Titel: Die vierte Zeugin Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Tanja u.a. Kinkel , Oliver Pötzsch , Martina André , Peter Prange , Titus Müller , Heike Koschyk , Lena Falkenhagen , Alf Leue , Caren Benedikt , Ulf Schiewe , Marlene Klaus , Katrin Burseg
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es niemals beweisen.«
    »Und warum nicht?« Sophie reckte entschlossen das Kinn vor. »Wir sind ihnen auf die Schliche gekommen. Jetzt müssen wir nur noch …«
    »Himmelherrgott, Sophie!« Augustin schlug so hart auf den Tisch, dass ein blasser Justiziar nervös um die Ecke einer Regalwand lugte. Erst als der Mann wieder verschwunden war, sprach Augustin leise weiter.
    »Willst du gegen sämtliche Königshäuser Europas kämpfen?«, zischte er. »Vergiss es! Ich habe immer gehofft, dass ich in diesen Akten etwas finde, das einen Verfahrensfehler offenbart. Irgendeinen Strohhalm. Aber unter diesen Umständen ist der Fall hoffnungslos.«
    Sophies sonst so warme grüne Augen wurden plötzlich kalt wie zwei Saphire. Zornig funkelte sie den Anwalt an. Unvermittelt stand sie auf. »Dann hast du deine Wahl getroffen«, sagte sie kühl. »Ich jedenfalls werde nicht aufgeben. Lieber sterbe ich, als dass ich die
Wolkenburg
verloren gebe! Gehabt Euch wohl, Herr Winkeladvokat!«
    Mit Tränen in den Augen rannte sie den Gang zwischen den vielen Akten entlang auf die Treppe zu, die nach oben in den Domhof führte.
    »Sophie! Sophie, warte doch!«
    Augustin eilte ihr nach, doch schon nach wenigen Schritten merkte er, dass er sie mit seinem steifen Bein nicht würde einholen können. Fluchend kehrte er um und machte sich insgeheim Vorwürfe. Niemals hätte er ihr sagen dürfen, wie aussichtslos das ganze Unterfangen war! Nicht nach all dem, was in den letzten Tagen und Wochen zwischen ihnen geschehen war. Sophie hatte an ihn geglaubt, und er hatte sie vor den Kopf gestoßen. Plötzlich musste er daran denken, wie er selbst vor über zwanzig Jahren gegen das Unvermeidliche angerannt war. Mathis von Homburg hatte ihn spüren lassen, dass er chancenlos war, und ihn kurzerhand aus dem Gericht entfernt und auf die Zuschauerbank verbannt. War er nun selbst zu so einem blasierten, selbstgerechten Alten geworden? Wie hatte ihn Sophie gerade eben genannt?
    Winkeladvokat …
    Seufzend packte Augustin die Pergamente auf dem Tisch wieder zusammen und begann, die Akten am Boden aufzuräumen. Er würde sich auf alle Fälle Abschriften von den Briefen machen, auch wenn er wusste, dass er sie vermutlich nicht würde verwenden können. Trotzdem – er durfte nicht aufgeben. Schon allein, um Sophie nicht zu enttäuschen! Er würde weiter stöbern und forschen.
    Während Augustin die Dokumente in die jeweiligen Kisten packte, gingen seine Gedanken zurück zu seiner Zeit als junger Assessor in Bologna, kurz nachdem er Köln den Rücken gekehrt hatte. Er musste an den ehrbaren Silberschmied denken, den er damals gegen die halbe Patrizierschaft vertreten hatte. Die Herrschaften hatten ihm gedroht, und er hatte nicht auf sie gehört. Bis heute erinnerten ihn die Narbe an seiner Wange und das steife Bein an seine damalige Sturköpfigkeit.
    Dies und ein blondes Mädchen, das kopfunter im Fluss getrieben hatte.
    Was hatte der alte Hauser zu ihm gesagt?
    Hütet Euch, von Küffen … Ihr weckt vielleicht Dinge, die man besser ruhen lässt …
    Hatte Sophie doch Recht mit ihrem Verdacht? Wenn einige mächtige Königshäuser schon damals den Fall vertuschen wollten und möglicherweise über Leichen gegangen waren, vielleicht waren diese Kräfte dann auch heute noch am Wirken.
    Augustin schüttelte sich und konzentrierte sich wieder ganz auf die Abschriften. Stück für Stück tauchte er ein in das gewundene altertümliche Juristenlatein, das ihm zu einer zweiten Heimat geworden war. Hier gab es unumstößliche Regeln, feste Mauern und ganze Gebäude, die auf uralten Paragraphen ruhten. Hier fühlte er sich geborgen.
    Nur wenn Augustin genauer hinsah, merkte er, dass all diese Gebäude und Mauern schlicht auf Sand gebaut waren.

    Etliche Stunden später trat der Anwalt hinaus in den kalten, klaren Dezemberabend. Die Domglocken hatten bereits die siebte Stunde geschlagen, und auf den Gassen war keine Menschenseele mehr zu sehen. Augustin von Küffen zog den Kragen seines Mantels hoch und schritt Richtung Perlengasse, wo seine Kanzlei lag. Er hatte beschlossen, gleich morgen mit Sophie zu reden. Auch wenn er kaum noch Hoffnung hatte, für sie würde er weiter nach einer Rettung Ausschau halten. Selbst wenn er sich vor seinen Kollegen damit zum Narren machte.
    Gerade eben war er in die schmale Brückengasse eingebogen, als er hinter sich plötzlich ein tapsendes Geräusch hörte. Einen Augenblick lang verfiel Augustin auf den Gedanken, Sophie könnte ihm gefolgt

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