Die vierte Zeugin
Titel:
Die vierte Zeugin Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren:
Tanja u.a. Kinkel
,
Oliver Pötzsch
,
Martina André
,
Peter Prange
,
Titus Müller
,
Heike Koschyk
,
Lena Falkenhagen
,
Alf Leue
,
Caren Benedikt
,
Ulf Schiewe
,
Marlene Klaus
,
Katrin Burseg
überlegen, wie wir seine Frau für ihre Mitschuld zur Rechenschaft ziehen und meinen Schaden wiedergutmachen können.«
»Genau das ist unser Anliegen«, pflichtete Bellendorf mit einem Lächeln bei. »Am heutigen Verhandlungstag werde ich versuchen, die Sache voranzutreiben. Ich bin guter Dinge, denn der ehrenwerte Richter Hauser scheint mir, lasst es mich so formulieren, einem schnellen Verfahren und einem Urteil in unserem Sinne nicht abgeneigt. Ich habe ihn nochmals auf die strittigen Punkte im Rechtsgutachten hingewiesen, das Agnes Imhoffs Anwalt vorgelegt hatte. Abgesehen davon, dass es nach meiner Meinung keine rechtliche Grundlage hat, ist dieser von Homburg ein nur wenig engagierter Gegner. Es wundert mich fast, wie zurückhaltend er ist. Vielleicht liegt es am Alter, und er hat über die Zeit seine Bissigkeit und Beharrlichkeit verloren. Das letzte Mal, als ich ihn sah, vor einigen Jahren, saß im Gerichtssaal ein anderer von Homburg als der, den ich nun vorgefunden habe. Aber«, fügte er hinzu, griff sich dabei seine Mappe und erhob sich, »was kümmert’s uns, solange wir siegreich sind?«
Nun stand auch Charman auf und strich sich die Jacke glatt. »Dieser junge Schnösel, von Homburgs Assistent, bereitet mir etwas Sorgen«, wandte er ein.
Bellendorf schürzte die Lippen und schüttelte den Kopf. »Augustin von Küffen ist in der Tat nicht unbegabt, das muss man ihm lassen, aber er ist nur ein Hitzkopf und ein Wasserträger für von Homburg und wird nichts gegen uns anführen können. Das verbietet ihm allein schon seine Position. Sein Wort hat keine Bedeutung vor Gericht. Macht Euch keine Gedanken, werter Herr Charman, schon bald werdet Ihr Pacht- und Mieteinnahmen aus den Imhoff’schen Häusern einstreichen oder sie meinethalben auch verkaufen können. Euer Essen und das Bier übernehme ich.«
Mit diesen Worten zog der Advokat zwei Silbermünzen aus seiner Geldkatze hervor, legte sie auf den Tisch und wandte sich zum Gehen. Richard Charman folgte ihm aus der Schänke auf den Alten Markt hinaus. Das versierte Auftreten seines Anwalts hatte ihm Sicherheit gegeben. Dennoch blieb ein ungutes Gefühl im Bauch zurück, und das – so musste er sich insgeheim eingestehen, auch wenn es bei Imhoff einmal anders gewesen war – hatte ihn noch selten getäuscht.
Advokat Helmbert Bellendorf durchmaß den Alten Markt mit großen Schritten, so dass Charman Mühe hatte, ihm zu folgen. Kaum waren sie an den ersten Passanten vorbeigekommen, begannen diese auch schon, unverhohlen zu tuscheln und die beiden Männer zu mustern. Charman versuchte, ihnen keine Beachtung zu schenken. Es fiel ihm schwer. Er wusste, dass er und der Prozess gegen Agnes Imhoff mittlerweile erstes Stadtgespräch waren. Man nannte ihn nur abfällig
den Engländer,
wenn man von ihm sprach, und viele schienen überzeugt zu sein, er habe die Witwe dieses angesehenen Mitgliedes der Kölner Tuchhändlergilde aus Raffgier und in betrügerischer Absicht vor Gericht gezerrt und wolle sie nun um all ihr Hab und Gut erleichtern. Dass er zuvor jedoch seinerseits durch Andreas Imhoff um ein beträchtliches Vermögen gebracht worden war, schien die wenigsten zu interessieren. Die Straße glaubte ihm nicht. Charman warf einer Gruppe Frauen einen grimmigen Blick zu, als diese im Vorübergehen allzu offensichtlich mit den Fingern auf ihn zeigten. Ertappt wandten sich die Weiber ab und steckten die Köpfe zusammen, um weitertratschen zu können. Charman spuckte auf den Boden. Er war wütend darüber, dass sich anscheinend die ganze Stadt gegen ihn verschworen hatte, und wünschte sich, er wäre niemals auf dieses vermaledeite Geschäft mit Andreas Imhoff eingegangen.
Eine komplette Schiffsladung flandrisches Tuch hatte Imhoff bei ihm geordert, und er war bereit gewesen, einen sehr ertragreichen Preis dafür zu zahlen. Der in Aussicht stehende Gewinn aus diesem Handel war verlockend gewesen, hatte ihn, Charman, blind gemacht und sein sonst so scharfes Auge für Kauf und Verkauf getrübt. Und dann noch die schöne Agnes Imhoff. Erst in den Gesprächen mit seinem Anwalt Helmbert Bellendorf war Charman bewusst geworden, mit welchem Betrügerpaar er sich eingelassen hatte. Doch da war das Kind bereits in den Brunnen gefallen.
Unzählige Klagen waren schon gegen die Imhoffs geführt worden, und doch waren sie, wie Charman mit Schrecken hatte hören müssen, mithilfe rechtlicher Spitzfindigkeiten ihres Advokaten Mathis von Homburg immer wieder in der Lage
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