Die vierte Zeugin
Titel:
Die vierte Zeugin Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren:
Tanja u.a. Kinkel
,
Oliver Pötzsch
,
Martina André
,
Peter Prange
,
Titus Müller
,
Heike Koschyk
,
Lena Falkenhagen
,
Alf Leue
,
Caren Benedikt
,
Ulf Schiewe
,
Marlene Klaus
,
Katrin Burseg
Mandant die beklagte Frau Imhoff, auch nach dem Ableben ihres Gemahls, wiederholt um Ausgleich für die Lieferung bat und dabei nur auf taube Ohren stieß, beantrage ich, die besagten Anwesen vorsorglich zu versiegeln und in richterliche Haft zu nehmen, bevor sie womöglich veräußert werden.«
Mit sorgenumwölkter Stirn nahm Bellendorf Platz.
Zum ersten Mal bemerkte Mathis eine Regung neben sich. Agnes Imhoff öffnete den Mund und war dabei, sich zu erheben, als er ihr warnend die Hand auf den Arm legte. Wie ein verwundetes Tier sah sie ihn an, ließ sich jedoch wieder in den Stuhl fallen.
»Nun, wir werden sehen«, sagte Hauser, dessen flinken Augen nichts entgangen war. »Ich bitte nun die Beklagte, sich zu diesen Anschuldigungen zu äußern. Magister von Homburg, Ihr habt das Wort.«
Mathis erhob sich.
»Hohes Gericht.« Er verneigte sich höflich. »Die Klage ist eindeutig zurückzuweisen.«
»Mit welcher Begründung?«, fragte Hauser scharf.
»Der Kläger gibt zu, die Lieferung zurückerhalten zu haben. Er wird zunächst beweisen müssen, dass es nicht dieselbe Ware war, die er zuvor versandt hatte. Bis dahin kann von Inhaftnahme der Anwesen keine Rede sein. Auch nicht von irgendeiner Schuldtilgung.« Er verbeugte sich dünn lächelnd in Richtung des gegnerischen Anwalts und setzte sich.
»Das wird nicht schwer zu beweisen sein«, erwiderte Bellendorf und lächelte ebenfalls, siegesgewiss.
»Eure Ablehnung der Klage fußt also auf der Behauptung, eine ordnungsgemäße Lieferung habe gar nicht stattgefunden«, sagte Hauser.
Mathis erhob sich wieder. »Nein, Hoher Rat. Das behaupten wir nicht. Wir weisen nur darauf hin, dass zunächst zu klären ist, ob der Kläger tatsächlich ein vertauschtes Tuch zurückerhalten hat. Die Beweislast liegt hier beim Kläger. Kann er dies nicht überzeugend darlegen, kann von einer Geldschuld keine Rede sein.«
Er setzte sich wieder. Wenn er hiermit die gegnerische Seite zum Stolpern bringen konnte, würde es vielleicht gar nicht zur Frage der Haftung einer Ehefrau kommen. Dann würde er der Imhoff helfen können, ohne sich selbst einen Strick um den Hals zu legen.
»Nun ja«, sagte Dr. Hauser frostig, dem Mathis’ Flankenangriff gar nicht zu gefallen schien. »Was aber ist mit Frau Imhoffs Unterschrift? Das ist doch zunächst die Frage. Denn ohne diese Unterschrift säßen wir hier nicht zu Gericht.«
Von Homburg spürte, wie Augustin ihn dringlich am Ärmel zupfte und irgendetwas zuflüsterte, stieß dessen Hand jedoch unmutig von sich und sprang erneut auf.
»Mit Verlaub, Hoher Rat, die
causa effectiva,
wie Aristoteles es uns lehrte, ist in diesem Fall …«
Er stockte, als er merkte, dass Hauser ihm gar nicht zuhörte, sondern mit gerunzelter Stirn zu Augustin hinüberstarrte. »Euer junger Gehilfe scheint da etwas auf dem Herzen zu haben«, sagte der Richter.
Mathis wandte sich jäh um. Tatsächlich wedelte doch der Junge mit dem vermaledeiten Gutachten in der Luft herum. Dabei hatte Mathis das verdammte Ding überhaupt nicht vorlegen wollen.
»Das Gutachten, Meister«, flüsterte Augustin so laut, dass ihn der ganze Saal verstehen konnte. »Ihr habt es vergessen.«
»Tretet vor, junger Mann, und zeigt, was Ihr da habt«, befahl Hauser streng.
Bevor Mathis es verhindern konnte, hatte Augustin, rot vor Aufregung, sich dem Richterpult genähert und Hauser das besagte Dokument ausgehändigt. »Ein
consilium iudicialis,
Herr Rat«, hörte er den Jungen sagen, »ein Gutachten, ausgefertigt von Dr. Gottfried Gropper und auch von anderen Professoren unterzeichnet. Es belegt, dass nach altem Gesetz eine Ehefrau weder bürgen noch haften darf.«
Mathis schloss einen Augenblick lang die Augen und atmete tief ein. Wie konnte dieser Bengel ihn nur so eigenmächtig übergehen? Am liebsten hätte er ihn in der Luft zerrissen. Und zu alledem ergriff nun auch noch Agnes Imhoff seine Hand und flüsterte freudig erregt: »Danke Magister. Danke.«
Dr. Hauser warf ihm einen finsteren Blick zu, bevor er sich wieder an Augustin wandte.
»Wollt Ihr mich etwa belehren, junger Mann?«, fragte er ausgesprochen scharf. »Oder glaubt Ihr, ich kenne nicht das
senatus consultum vellaeanum
?«
»O nein, Herr Rat«, stammelte Augustin verlegen und sah sich hilfesuchend nach seinem Meister um. Als ihn auch von dort nur ein eisiger Blick traf, schlich er sich an seinen Platz zurück wie ein geprügelter Hund.
»Wenn ich es also recht verstehe, Magister von Homburg«, sagte Dr.
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