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Die vierzig Geheimnisse der Liebe / ebook

Die vierzig Geheimnisse der Liebe / ebook

Titel: Die vierzig Geheimnisse der Liebe / ebook Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Elif Shafak
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Verkaufsstände um und zertrümmerte die Ware, sodass ich den Zorn sämtlicher Händler im Basar auf mich zog. Immer noch in vollem Lauf bog ich in eine Einfahrt ein, die sich als Sackgasse erwies. Und dort stieß ich auf ein riesiges Ei, es war größer als ein Haus. Plötzlich brach die Schale auf, und heraus kam das hässlichste Vogelküken aller Zeiten. Es war ganz nass und piepste sehr laut. Bevor es mir gelang, von dort wegzukommen, erschien die Vogelmutter am Himmel und sah so böse auf mich herunter, als wäre ich für die Hässlichkeit ihres Kükens verantwortlich. Genau in dem Moment, als der Vogel, den scharfen Schnabel und die noch schärferen Krallen auf mich gerichtet, im Sturzflug niedersauste, wachte ich auf.
    Ich öffnete die Augen und sah, dass ich an einem Tisch am Fenster eingeschlafen war. Ich hatte zwar einen Geschmack wie rostige Nägel im Mund und brauchte unbedingt etwas zu trinken, aber ich war zu müde, um mich auch nur zu bewegen. Deshalb ließ ich den Kopf schwer auf dem Tisch liegen, versank noch tiefer in meinem Stumpfsinn und lauschte den Geräuschen in der Schenke.
    Ich vernahm einen hitzigen Streit, der sich unter den Männern am Nebentisch abspielte und mal lauter, mal leiser wurde wie das Gesumm eines Bienenschwarms. Kurz erwog ich, den Kopf zu wenden und nachzusehen, wer sie waren, aber dann blieb ich doch reglos sitzen. Und dann schnappte ich das verhängnisvolle Wort auf: Mord.
    Zuerst tat ich das Gespräch als besoffenes Dahergerede ab. Man hört alles Mögliche in der Schenke und lernt mit der Zeit, nicht jedes Wort ernst zu nehmen. Aber der Tonfall dieser Männer klang zu bedrohlich und viel zu entschieden, als dass man darüber hätte hinweghören können, und so spitzte ich die Ohren und lauschte. Als mir dann endlich dämmerte, dass sie es wirklich ernst meinten, blieb mir der Mund offen stehen. Aber noch mehr erschrak ich, als mir klar wurde, wen sie umbringen wollten: Schams-e Tabrizi.
    Sobald sie den Tisch verlassen hatten, stellte ich mich nicht länger schlafend und sprang auf.
    »Hristos, komm her! Schnell!«, brüllte ich panisch.
    »Was ist jetzt schon wieder los?« Hristos kam angelaufen. »Du bist ja völlig aufgelöst.«
    Doch ich konnte es ihm nicht erzählen. Mit einem Mal erschienen mir alle verdächtig. Was, wenn noch mehr Leute in diese Verschwörung gegen Schams verwickelt waren? Mir blieb nichts anderes übrig, als den Mund geschlossen und die Augen weit offen zu halten.
    »Ach nichts«, sagte ich. »Hungrig bin ich, das ist alles. Kann ich etwas Suppe haben? Aber mit viel Knoblauch, damit ich nüchtern werde!«
    Hristos sah mich argwöhnisch an, aber weil er meine Launenhaftigkeit kannte, stellte er keine weiteren Fragen. Ein paar Minuten später brachte er mir eine Schale mit scharfer, brühend heißer Ziegendarmsuppe, die ich so hastig aß, dass ich mir die Zunge verbrannte. Als ich einigermaßen nüchtern war, stürzte ich hinaus auf die Straße, um Schams-e Tabrizi zu warnen.
    Als Erstes suchte ich Rumis Haus auf, aber dort war er nicht. Dann ging ich in die Moschee, in die Madrasa, ins Teehaus, in die Bäckerei und in den Hamam … In der Straße der Handwerker sah ich in jedem Laden und in jedem Keller nach und ließ nicht einmal das Zelt der alten Zigeunerin mitten in den Ruinen aus, für den Fall, dass er dorthin gegangen war, um sich einen schmerzenden Zahn ziehen zu lassen oder einen bösen Zauber loszuwerden. Überall suchte ich ihn, und mit jeder Minute wuchs meine Sorge. Dann packte mich die Angst. Was, wenn es schon zu spät war? Was, wenn sie ihn schon getötet hatten?
    Stunden später, als ich nicht mehr wusste, wo ich noch suchen sollte, trottete ich niedergeschlagen und erschöpft in die Schenke zurück. Und stieß wie durch ein Wunder nur wenige Schritte vor der Tür mit ihm zusammen.
    »Sei gegrüßt, Suleiman. Du wirkst bekümmert«, sagte Schams lächelnd.
    »Oh mein Gott, du lebst!«, rief ich und warf mich in seine Arme.
    Nachdem er sich aus meiner Umklammerung befreit hatte, betrachtete er mich mit belustigter Miene. »Natürlich lebe ich. Oder sehe ich wie ein Gespenst aus?«
    Ich lächelte, jedoch nur für einen Moment. Ich hatte solche Kopfschmerzen, dass ich in jeder anderen Lage ein paar Flaschen geleert hätte, um so schnell wie möglich wieder volltrunken wegzudösen.
    »Was ist denn, mein Freund? Geht es dir nicht gut?«, fragte Schams argwöhnisch.
    Ich musste schwer schlucken. Was, wenn er mir nicht glaubte, was ich ihm

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