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Die Violine des Teufels

Die Violine des Teufels

Titel: Die Violine des Teufels Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Joseph Gelinek
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Hüfte legte, spürte er, wie der Schmerz nachließ, und zum ersten Mal seit dem Angriff des Hundes gestattete er sich ein Lächeln.
    »Viel besser«, sagte er und blieb eine Weile reglos mit dem improvisierten Eisbeutel auf der Hüfte stehen, wobei er die beiden Wachmänner musterte.
    Der Aktivere der beiden war groß, dick und kräftig und hatte das Hemd bis zum Bauchnabel aufgeknöpft wie ein Flamencosänger. Über seiner breiten Brust, die so behaart wie die eines Schimpansen war, baumelten jede Menge Goldkettchen, an denen Anhänger mit Bildchen von Heiligen, Jungfrauen und Christus hingen. Beim Sprechen zog der Mann die erste Silbe jedes Wortes in die Länge, als leide er an chronischer Erschöpfung.
    Sein Kollege war ein schwächliches Männlein mit Brille, fliehendem Kinn und einem Mund, der immer halb offen stand.
    Sobald Perdomo sich etwas besser fühlte, gab er dem kleineren Mann die Eiswürfel zurück und sagte dem Flamencosänger, sie könnten jetzt zum Chorsaal gehen.

    Dann gingen sie durch die leeren Korridore. Der Dicke führte die Gruppe mit der Taschenlampe in der Hand an. Unterwegs wollte der Inspector wissen, wer zu dieser späten Stunde noch im Gebäude sei, aber der Wachmann wusste es nicht genau.
    »Ich schätze, im obersten Stock sind jetzt noch zwei, drei Leute. Vielleicht der Leiter des Jugendorchesters – der geht immer erst spät –, und die stellvertretende Leiterin des Auditorio, die arbeitet immer länger als alle anderen.«
    Den Rest des Weges legten sie schweigend zurück. Das einzige Geräusch war das rhythmische Klirren des Schlüsselbundes, den der Wachmann mit einem Karabinerhaken am Gürtel befestigt hatte.
    Als sie den Chorsaal erreichten und der Dicke ihnen die Tür öffnete, standen sie vor einem unerwarteten Problem: Der Wachmann wusste nicht, wo die Lichtschalttafel war. »Ich bin zum ersten Mal so spät hier, und tagsüber gibt es jemanden, der dafür zuständig ist …«, rechtfertigte er sich.
    »Machen Sie denn nachts keinen Rundgang?«, fragte Perdomo.
    »Doch, aber dabei schalten wir das Licht nicht ein. Wir haben Taschenlampen dabei. Also wir jetzt – unsere Vorgänger haben sich nicht mal die Mühe gemacht, hier runterzukommen.«
    »Ihre Vorgänger?«
    »Bevor wir das hier übernommen haben, war eine andere Firma für die Sicherheit im Auditorio zuständig. Aber dann ist irgendwas passiert, weswegen der Vertrag nicht verlängert wurde.«
    Perdomo wollte schon nachhaken, denn er hatte so eine Ahnung, dass der Pseudoflamencosänger ihm etwas verheimlichte. Doch zunächst musste das Problem mit dem Licht gelöst werden, daher bat er den Wachmann, sich sofort darum zu kümmern. Der Wachmann ging in einen kleinen Raum ganz in der Nähe, in dem sich die Sicherungen für dieses Geschoss befanden, und probierte eine nach der anderen aus, bis Perdomo ihm zurief, dass sie endlich Licht im Chorsaal hatten.
    »Brauchen Sie mich dann noch? Weil mein Kollege und ich in knapp zehn Minuten unsere Runde machen müssen.«
    Perdomo sagte ihm, es sei nicht nötig, dass er bei ihnen bleibe, sofern er das Licht in den Korridoren eingeschaltet lasse. Der Wachmann verabschiedete sich und wandte sich zum Gehen, doch da fiel dem Inspector seine Frage wieder ein.
    »Der Sicherheitsdienst, der vorher hier gearbeitet hat – warum ist der Vertrag nicht verlängert worden?«
    Bei dieser Frage blieb der Wachmann wie angewurzelt stehen. Nach kurzem Zögern drehte er sich zu Perdomo um, ohne zu ihm zurückzukommen, als befürchtete er, wenn er sich ihm zu sehr näherte, könnte dieser zu viel aus ihm herausholen.
    »Ich weiß das nur aus zweiter Hand, denn als wir hier angefangen haben, waren die anderen ja schon weg. Aber ein paar Angestellte des Auditorio haben mir gesagt, die Wachleute hätten Angst gehabt.«
    »Angst? Wovor?«
    »Sie sagten, hier unten wäre … etwas.«
    »Könnte ich das etwas genauer haben, bitte?«
    »Sie haben was von einer Art Geist gesagt. Ein Gespenst, ein Spuk – nennen Sie es, wie Sie wollen. Ein übernatürliches Wesen, und deswegen hatten sie Angst, ihren Rundgang zu machen.«
    »Wie sah denn dieser Geist aus?«
    »Den hat niemand je gesehen, aber die Männer haben wohl gesagt, er würde Gegenstände verrücken. Die Sache kam dann der Leitung des Auditorio zu Ohren, und daraufhin hat der Sicherheitsdienst den Vertrag lieber von sich aus gekündigt, damit es nicht zu einem Skandal kam.«
    Einige Wochen zuvor wäre Perdomo bei dieser Geschichte in lautes

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