Die Violine des Teufels
nur eine eigenartige Grimasse dabei heraus. Sie war noch zu erschrocken, um Erleichterung zu verspüren. Aus dem Augenwinkel blickte sie unentwegt zurück – nicht, dass der Hund sich womöglich doch noch einmal auf sie stürzte. Dann fragte sie: »Geht es Ihnen gut?«
Perdomo zog die Hose ein Stück herunter, um nach seiner Hüfte zu sehen, und erblickte ein großes Hämatom, das bereits begonnen hatte, sich bläulich rot zu verfärben. Er betastete es, um festzustellen, ob etwas gebrochen war – und glaubte, er müsse ohnmächtig werden.
»Das sieht ja furchtbar aus!«, rief Ordóñez, als sie die Prellung sah. »Wir müssen sofort zum Notarzt!«
»Nein, auf keinen Fall«, entschied Perdomo. »Es ist nichts gebrochen, es blutet nicht, ich kann es ertra… puh! Was für eine Prellung! Wir müssen schön langsam gehen.«
Milagros bot sich für die wenigen Meter bis zur Eingangstür als Stütze an, doch Perdomo lehnte ihre Hilfe aus männlichem Stolz ab.
»Es geht schon, danke.«
Kläglich hinkend legte er das letzte Stück zurück.
Er merkte, dass er selbst ebenfalls verstohlen zurückblickte, um sich zu vergewissern, dass dieser Höllenhund ihnen nicht doch noch folgte. Wie war es möglich, dass das Tier bereits geflüchtet war, noch ehe Perdomo überhaupt die Waffe auf es gerichtet hatte? War es womöglich bereits früher mit Feuerwaffen in Berührung gekommen? Perdomo beschloss, diese Gedanken für sich zu behalten, und klopfte an die Glastür, durch die man ins Gebäude gelangte. Da die Scheibe sehr dick war, klang das Klopfen sehr gedämpft, so dass er eine Münze aus der Tasche holte, mit der sein Klopfen besser zu hören war. Gleich darauf öffnete ihnen ein Mitarbeiter des Sicherheitsdienstes, der das Auditorio bewachte. Er prüfte Perdomos Dienstmarke und ließ sie dann ein.
Sobald sie im Foyer standen, setzte Perdomo den Mann über den Vorfall mit dem Hund in Kenntnis.
»Da draußen ist ein Hund, der –«
»Ach ja«, unterbrach ihn der Wachmann. »Aber der tut nichts.«
Bei dieser Reaktion fuhr Ordóñez empört auf: »Der tut nichts? Der hätte diesen Herrn hier fast gefressen!«
Nun trat der Partner des Wachmanns zum ersten Mal aus den Schatten.
»Mal sehen, ob wir denselben Hund meinen.«
»Es ist ein großer Straßenköter, dunkel, mit Ohren, die nach vorn hängen, vorne ist er viel höher als hinten. Er sieht aus wie eine Mischung aus Hirtenhund und Rottweiler«, erklärte Perdomo und bemühte sich, sich die bohrenden Schmerzen in der rechten Seite nicht anmerken zu lassen.
»Ja, das ist er«, gab der Wachmann zu. »Der streicht schon seit ein paar Nächten hier herum. Jemand muss ihn ausgesetzt haben, aber weil er bisher keine Schwierigkeiten gemacht hat …«
»Seit ein paar Nächten?«, fragte Perdomo nach. »Seit wann genau?«
»Ich glaube, seit die Geigerin ermordet wurde«, antwortete der andere Wachmann.
»Dann seien Sie bitte so freundlich und benachrichtigen Sie die Behörden, damit man den Hund einfängt. Dieses Tier muss eingeschläfert werden. Gerade eben erst hat es mich umgeworfen und wäre mir beinahe an die Gurgel gegangen.«
Der Wachmann, der das Kommando zu haben schien, versicherte ihm, gleich am nächsten Morgen werde er das Tier melden. Ordóñez und Perdomo wechselten einen besorgten Blick. Beide dachten das Gleiche, nämlich dass sie beim Verlassen des Auditorio womöglich wieder von diesem gefährlichen Hund überrascht würden.
»Versuchen Sie, jetzt jemanden zu erreichen. Je eher der aus dem Verkehr gezogen wird, desto besser.«
Der Wachmann bedeutete seinem Kollegen mit einem Nicken, er solle den Anruf tätigen, und fragte den Inspector dann, was er sonst für ihn tun könne.
Perdomo erklärte ihm, er müsse im Chorsaal einiges überprüfen, und bat ihn, sie hinzuführen.
»Sie haben übrigens nicht zufällig ein bisschen Eis?«, fügte er noch hinzu. »Um die Prellung zu kühlen.«
»Klar haben wir Eis«, sagte der Wachmann stolz. »Wir sind mit allem versorgt.«
Er führte sie in das Kabuff, in das man den Fernseher gestellt hatte, mit dem die Wachleute sich nachts die Zeit vertrieben, und in einer Ecke erblickte Perdomo einen kleinen Kühlschrank, ähnlich den Minibars in Hotels. Der Wachmann holte einen Behälter mit Eiswürfeln heraus, schüttete die Eiswürfel auf ein blaues Tuch, dessen Herkunft Perdomo lieber nicht erfahren wollte, faltete das Tuch zusammen und reichte es Perdomo.
Sobald dieser sich die kühlenden Würfel auf die
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