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Die Violine von Auschwitz: Roman (German Edition)

Die Violine von Auschwitz: Roman (German Edition)

Titel: Die Violine von Auschwitz: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Maria Àngels Anglada
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jener aus Reis, Bohnen und Fleisch bestehende Eintopf, der eine ganze Nacht lang im Ofen der Gemeinde köchelte und den er als Junge des Öfteren holen gegangen war …
    Unbarmherzig lösten sich diese Bilder angesichts der kargen Suppe auf, die es täglich gab, außer donnerstags, wenn die Kartoffeln seinen Magen etwas mehr füllten. Er wusste: Der Nachmittag würde kommen, und die fünf oder sechs Stunden Arbeit in der Fabrik, mit nichts weiter als einer wässrigen Suppe im Magen, würden ihn wie jeden Abend an den Rand der Erschöpfung, in eine dumpfe Hoffnungslosigkeit treiben; oft hatte er das Gefühl, nicht mehr die nötige Kraft aufbringen zu können, um am nächsten Tag aufzustehen. So glich sein Tag jenen Gesichtern, die einen Unfall erlitten hatten, die eine Seite war beinahe unversehrt und schön, verbrannt und voller Narben die andere.
    Er konnte sich jedoch nicht immer den ganzen Vormittag dem Bau der Geige widmen: Manchmal brachten sie ihm auch ein Instrument zur Reparatur, denn die Feinde hatten in jenem Lager, wie in anderen auch, so seltsam es scheinen mochte, ein Orchester zusammengestellt.
    Zunächst war es für ihn sehr zeitaufwendig gewesen, sorgfältig alles Material auszuwählen, das er benötigte; man hatte ihm nämlich am ersten Tag ausdrücklich befohlen, die Dinge, die er nicht brauchen würde, auszusortieren. Vermutlich wollen sie den Rest verkaufen, dachte er. So achtete er darauf, dass ihm, sollte er etwas verderben oder für künftige Reparaturen brauchen, genügend Stücke und Hölzer übrig blieben. Er fand einige bereits zugeschnittene, edle Fichten- und Ahornhölzer vor und ein paar Ebenholzwirbel. Er behielt auch zwei Bögen zurück – den einen, um ihn herzurichten, der andere war offensichtlich funkelnagelneu -, ebenso einige umsponnene Saiten und Leisten aus Maulbeerund Ebenholz. Außerdem bewahrte er eine Anzahl schon zurechtgeschnittener Holzstreifen für die Zargen auf und das gesamte Werkzeug, das vorhanden war, man konnte nie zu viel davon haben. Auch drei schon vorgefertigte Stimmstöcke behielt er; besser es blieb einer übrig, sie würden ihm Arbeit ersparen. Das Ordnen der Tiegel mit Leim, Grundierung, Lacken und Granulaten hatte ihm viel Mühe bereitet, doch nun waren sie feinsäuberlich aufgereiht und mit leserlichen Schildern versehen. Er hatte letztlich nur auf wenig Material verzichtet, aber zum Glück machte man ihm daraus keinen Vorwurf. Seiner Einschätzung nach musste all das Zubehör aus der Werkstatt eines hervorragenden Geigenbauers stammen.
    An dem Tag, als er die Decke der Geige vorbereitete, um sie nachher abzuschleifen, fiel es ihm schwer, sich auf die viel eintönigere Arbeit in der Fabrik zu konzentrieren; sein Instrument begann ihn zu fesseln, das war ihm bislang noch bei jedem Instrument so ergangen. Aber er durfte nicht geistesabwesend sein, sonst lief er Gefahr, sich zu verletzen, und er musste sich dem vorgegebenen Rhythmus anpassen, nicht schneller, nicht langsamer sein als die anderen seiner Abteilung. Zwar hatte der Kapo, auch ein Häftling aus der Ukraine, nicht den Ruf, besonders grausam zu sein, was allerdings die Arbeitsleistung betraf, so achtete er mit aller Strenge auf die erforderliche Quote.
    Ab und zu erschienen das Monster oder ein anderes Mitglied des Führungsstabs auch persönlich, und für gewöhnlich gingen diese Besuche schlecht aus; eines Nachmittags wurde sogar ein angeblicher Saboteur mit dem Tode bestraft. Daniel war überzeugt, dass einer der Mithäftlinge jenen mürrischen Schlosser denunziert hatte. Warum sonst wären sie direkt, ohne zu zögern, auf ihn zugegangen? Das Aufsehen einer öffentlichen Hinrichtung wurde jedoch – vielleicht auch, um den Denunzianten nicht bloßzustellen – vermieden. Der Kommandant hatte den Mann angeschnauzt und einen Befehl zu seinen beiden Begleitern herübergerufen, die den Häftling daraufhin unverzüglich hinauszerrten. Sie sahen ihn nie wieder.
    In anderen Fällen, wenn sie ihr Pensum nicht erfüllen konnten, schaffte man sie eine halbe Stunde früher zu ihren Arbeitsstätten, und das Mittagessen wurde gestrichen. Also arbeitete er tüchtig den ganzen Nachmittag, stets darauf bedacht, sich die Hände nicht aufzuschrammen, und er zwang sich dazu, bis zum Abend nicht an seine über alles geliebte Geige zu denken.
    Am nächsten Morgen bemerkte er zum ersten Mal – die ganze Zeit über war er so vertieft in seine Arbeit gewesen -, dass die Tage schon länger wurden und es nicht mehr

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