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Die Violine von Auschwitz: Roman (German Edition)

Die Violine von Auschwitz: Roman (German Edition)

Titel: Die Violine von Auschwitz: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Maria Àngels Anglada
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Werkzeug genauer sein könnte als seine Finger. Er musste allerdings besorgt feststellen, dass sie ihre Feinheit durch die Arbeit in der Fabrik eingebüßt hatten und neuerdings Schwielen aufwiesen, die ihn beunruhigten.
    Dennoch ließ er sich nicht entmutigen, und das Heulen der Sirene überraschte ihn dabei, wie er die beiden Teile der Decke streichelte, so wie er Eva liebkost hatte, bereits voller Verzweiflung, als es zu ersten Überfällen auf das Ghetto gekommen war.
    Die Inspektion war nicht in allen Werkstätten so glimpflich verlaufen, das wurde ihm sofort klar, als er zwei Kapos mit einem Häftling sah, die einem Befehlshaber folgten; sie sperrten ihn in eine der dunklen Zellen, und rundum herrschte seltsames, nur von ängstlichem Gemurmel durchsetztes Schweigen. Wie Jäger, die Fallen mit Vogelleim auslegen, konnten auch die Helden dieser Jagd auf keinen Fall ohne irgendeine Beute zurückkehren.

V
     
    UNSEREN MUSIKERN HAT MAN
DIE HÄNDE ABGEHACKT,
UNSEREN SÄNGERN DIE MÜNDER
MIT EISEN VERSCHLOSSEN.
DIE SÜSSKLINGENDE GEIGE
LIEGT AUF DER ERDE EINER
UNBEWEGLICHEN
WIEGE GLEICH,
SIE HÄTTEN DAS NEUGEBORENE
WIEGEN SOLLEN -
DOCH SIE TÖTETEN ES,
NOCH BEVOR ES ZUR WELT KAM.
     

Jannis Ritsos, Missatgers
    Aufstellung über die von den Lagern Lublin und Auschwitz abgegebene Bekleidung usw. (Fragment)
     
1. Reichswirtschaftsministerium
     
     
     
Männer=Altbekleidung
ohne Wäsche
97 000 Garnituren
Frauen=Altbekleidung
ohne Wäsche
76 000 Garnituren
Frauen=Seidenwäsche
89 000 Garnituren
     
     
     
     
     
insgesamt: 34 Waggons
Lumpen
400 Waggons
2 700 000 kg
Bettfedern
130 Waggons
270 000 kg
Frauenhaare
1 Waggon
3000 kg
Altmaterial
5 Waggons
19 000 kg
insgesamt: 2 992 000 kg
insgesamt: 536 Waggons
570 Waggons
     
     
     
    E in neuer Kapo, der bestechlicher war als der vorherige, verschaffte ihm unter der Hand eine Tube mit Creme, die hoffentlich seine Hände wieder geschmeidig machen würde. Als Gegenleistung bot er ihm Zigaretten an, die er eine nach der anderen von Freund erhalten und aufgespart hatte, der sie wiederum regelmäßig von den Chauffeuren in der Werkstatt zugesteckt bekam. Seit dem letzten Besuch Raschers und des Kommandanten waren inzwischen knapp zwei Wochen vergangen, und an diesem Tag, der nur zögerlich zur Neige ging, hatte eine Reihenuntersuchung der Häftlinge stattgefunden.Vielleicht aufgrund irgendwelcher Verordnungen, oder aber es handelte sich um eine Anweisung von höherer Stelle, vom Arzt mit den kalten Augen. Die Befehlshaber verschiedener Dienstgrade, die Schweine, wie Freund sie immer nannte, hatten die Reihenuntersuchung als »Frühjahrsputz« bezeichnet, vermutlich weil ihnen der Winter schon einen Teil der Arbeit abgenommen hatte.
    Daniel lag mit sorgfältig eingecremten Händen auf seiner Pritsche und dachte, dass er sich glücklich schätzen konnte, die Reihenuntersuchung heil überstanden zu haben, denn diesmal hatten sie sich nicht auf einen flüchtigen Blick beschränkt, wie vor den körperlichen Züchtigungen. Immerhin, da das Lager klein war, hatten sie alles an einem Tag erledigt. Splitternackt war er gewogen, abgehört, rücksichtslos abgetastet und – wie alle anderen auch – angewiesen worden, Kniebeugen zu machen; schließlich hatte man ihn für arbeitsfähig befunden, nicht reif für den Schlachthof, für das Todeslager mit den schwarzen Rauchwolken. Die »Gesunden« hatten sie früher als sonst in die Baracken geschickt.
    Daniel lag in dieser Nacht noch lange wach, während seine Kameraden schliefen oder so taten als ob, um nicht reden zu müssen, um nicht über die grauenvolle Selektion nachzudenken, und so hörte er ganz deutlich das Motorengeräusch der viel zu früh zurückkommenden Lastwagen. Sie können sie in kein anderes Lager geschafft haben, dachte er, für eine Fahrt nach Auschwitz-Birkenau und zurück hätten sie mehr Zeit benötigt. Die Kameraden mussten schon tot und begraben sein, nackt und ohne Totenhemd, ohne letzten Abschied, auf irgendeiner Waldlichtung verscharrt, hier ganz in der Nähe des Dreiflüsselagers . Die erstickten, verzweifelten Schreie, die am Abend durch die dünnen Holzwände gedrungen waren, bewiesen, dass nur wenige die empörende Lüge, sie würden in ein Krankenhaus gebracht, geschluckt hatten, obwohl man ihnen erlaubt hatte, sich wieder anzukleiden. Er wollte das Totengebet für sie sprechen, doch er vermochte es nicht, denn angesichts der Kinder, die in den Tod geschickt wurden, erschien ihm die ganze Welt wie zu Eis

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