Die Visionen der Seidenweberin (German Edition)
bald. Sie erfüllte mich mit Hoffnung, daß auch Du, allerreinste Seele, mich so begehrst, wie ich Dich begehre. Mehr als den Leib Christi selbst, mehr als sein Blut. Köstlich sind mir ihre Worte ...‹ «
Galisius sprang auf und lachte. Lachte so ausgelassen, daß der Greve für einen Moment befürchtete, der Mann sei irre geworden. Endlich faßte sich der Exorzist. »Vortrefflich«, sagte er, »vortrefflich. Nun sehe ich alles so klar und hell wie die Morgensonne. Ich wußte es doch. Ein Weib mußte dahinterstecken.«
Er sank auf die Knie. »Herr, ich danke dir. Gepriesen seist du, der Höchste, der das Männergeschlecht, in welchem er ja für uns geboren werden und leiden wollte, bis heute von einem so großen Verbrechen wie der Hexerei bewahrt hast.«
Fragend schaute der Greve den dürren Gelehrten an.
Der kam munter wieder auf die Füße. »So steht es im Hexenhammer. Ich bin beruhigt, der Wahrheit ist Genüge getan, wenn wir diese Anna herbeischaffen können. Ihr Tod wird alles, richten. Sie ist doch nur eine einfache Begine, nicht wahr?«
»Ja, vollkommen unbedeutend.«
»Nun denn, holt die Schöffen, zeigt ihnen die Briefe, erklärt alles, und dann verbrennt diese Ketzereien eines Verführten.«
»Worauf lautet die Anklage gegen die Schaffnerin Anna?«
»Auf Hexerei, was sonst.«
Der Greve nickte langsam. »Ich denke, in diesem Fall kann ich Euch recht geben. Ich werde den Gewaltrichter der Stadt mit ihrer Festnahme betrauen. Der Konvent ist aufgehoben, also wird sie sich auf weltlichem Gebiet bewegen.«
Galisius stimmte in das Nicken mit ein. »Ja, das klingt vortrefflich. Damit ist auch dem Rat Genüge getan, seine Machtbefugnis anerkannt, der Mord hinreichend erklärt. Was für einen herrlichen Morgen uns der Herr geschenkt hat. Ich denke, ich gehe zum Gebet in den Dom.« Er strich sein Gewand glatt, wandte sich zum Gehen.
»Noch eins. Wie soll ich mit Rebecca verfahren?« wollte der Greve wissen.
»Hat sie Verwandte?«
»Nur den Schwager, der sie anzeigte.«
Galisius blieb sinnend in der Tür stehen. »Freunde vielleicht?«
»Mehr als genug.« Der Greve seufzte.
»Es müßte ein verschwiegener Mensch sein.«
»Einer der nichts auf ihr Geschwätz von Teufeln gibt.«
»Nana«, warnte Galisius streng.
»Ich denke, der Doktor Birckmann wäre recht.«
»Von mir aus«, stimmte Galisius widerwillig zu, »obwohl er ein widerwärtiger Humanist ist und, wie ich hörte, Leichen aufschneidet, um im Werk des Herrn rumzupfuschen.«
»Er ist streng katholisch.«
»Hält es aber leider mit der Toleranz.«
»Nun, immerhin hat der Erzbischof ihn schon mehrmals in seiner Residenz in Brühl empfangen.«
Galisius hob gnädig die Augenbrauen. »Nun denn. Ihr habt recht. Bestellt den Quacksalber her, er möge die Begine Rebecca abholen, sobald die Schöffen ihre Zustimmung gegeben haben.«
Der als Quacksalber Gescholtene kniete mit sorgenvoller Miene neben der immer noch bewußtlosen Columba.
»Nun?« fragte Lazarus ungeduldig.
Birckmann schüttelte den Kopf. »Ich wünschte, ich könnte euch allen Hoffnung machen, aber leider bin ich ratlos. Die Wunde am Arm ist harmlos gegen den tiefen Fieberschlaf.«
»Aber es muß doch irgendein Kraut, eine Tinktur dagegen geben«, mischte sich der Feldhauptmann unwirsch ein.
»Du bist noch immer derselbe ungeduldige Geist wie in unseren Kindertagen, Melchior«, antwortete Birckmann halb wehmütig. Noch einmal schüttelte er den Kopf. »Wenn ich nur Rebecca holen könnte.«
Tringin schaute ihn aufgeregt an. »Ihr habt recht, sie gab mir damals im Kerker so wundersame Tinkturen zu trinken, daß mir der Kopf ganz leicht wurde. Sie ist ...«
» ... die beste Krankenwärterin, die ich kenne«, schloß Birckmann nickend, »doch leider ist sie für uns unerreichbar.«
»Was soll das heißen?« fragte Lazarus.
»Sie sitzt im erzbischöflichen Kerker. Man hat sie der Ketzerei angeklagt, und des Mordes.«
Der Feldhauptmann schaute verwirrt von einem zum anderen. »Rebecca? Sprichst du von Rebecca, der Schwester meiner Mutter? Was redest du von Ketzerei? Eine Seidenkauffrau ist sie, eine tüchtige Handwerkerin.«
»Das ist sie schon lange nicht mehr, Melchior. Vor Jahren schon gründete sie einen eigenen Konvent, nahm den grauen Schleier der Beginen. Sie hatte Visionen. Glaubte, der Herr spräche zu ihr. Und eben das, so fürchte ich, wurde ihr zum Verhängnis.«
»Verfluchte Religion!« stieß der Feldhauptmann hervor.
Birckmann sah ihn strafend an. »Sei es
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