Die Voegel der Finsternis
„Aber seitdem hat es Veränderungen in der Burg gegeben. Als Ihr aufbracht, stand die Burg noch, jetzt liegt sie in Trümmern. Als Ihr gingt, war Bern dabei, die Grenze zu zerstören, die unsere Welt schützt. Nun ist er tot und die Grenze ist repariert. Als Ihr gingt..." „Unmöglich!"
„Unmöglich? Ja, vielleicht lügt mein Kristall." „Euer Kristall! Aber der Unsichtbarkeitszauber ..." „Es gibt keinen Unsichtbarkeitszauber mehr. Die Unsichtbarkeit ist überwunden und wird nicht wiederkommen. Trotzdem glaube ich, dass bis zum Abend dieses Tages noch etwas geschehen wird." Die Königin beugte sich vor. „Ihr habt Eure Reise umsonst gemacht."
Camber schielte wieder zu den Soldaten. „Gibt es hier im Palast niemanden, der die Dienste eines Heilers benötigt?"
„Eines Heilers ja, aber nicht Eure Dienste." Camber richtete sich auf. „Wie könnt Ihr es wagen? Ich bin ein Lowen!"
„Ihr seid mit den Insignien der Burg der Heiler gekommen, Ihr erwartet, willkommen und geachtet zu werden, wie es einem wahren Heiler zusteht, und gleichzeitig plant Ihr, den König von Bellandra zu vergiften und Bellandras Vermächtnis zu zerstören." Die Königin setzte den Kelch ab und erhob sich. „Ich beschuldige Euch des Verrats, Camber. Ich klage Euch vor dem Obersten Seher Rascide, vor dem Hauptmann der königlichen Wachen, Bangor, vor den Palastwachen und vor dem König selbst an!"
Vor dem König?
Der Vorhang hinter Königin Torina wurde zur Seite geschoben und hervor trat ein groß gewachsener Mann in einer weinfarbenen Robe. Er trug ein offenes Schwert, dessen Klinge wie tausend Juwelen glitzerte. „König Landen?" Camber brachte die Worte kaum über ihre Lippen. Er nickte. Wie war es möglich, dass er gesund und wohl vor ihr stand? Bern hatte ihr versichert, der König und die Königin seien beide todkrank Er hatte auch gesagt, das Schwert und der Kristall Bellandras würden nie mehr Macht erlangen. Vor ihr stand ein gesunder König mit einem glänzenden Schwert Und eine zornige Seherin, die Königin, die Berns Tod in ihrem Kristall gesehen hatte. Camber versuchte, ihre Gedanken zu ordnen. Der schwarze Unsichtbarkeitszauber. Ich muss um die Kelche den schwarzen Unsichtbarkeitszauber legen. Wenn niemand sie sehen kann, wird auch das Gift nicht entdeckt
Als Erstes musste sie den Schatten rufen. Sie rief, aber er schien weit weg und matt. Er würde nicht ausreichen, um den schwarzen Unsichtbarkeitszauber sofort wirken zu lassen!
Sie musste sich etwas anderes ausdenken. „Da Ihr mich beschuldigt", sagte sie, „muss ich mich dem Gesetz unterwerfen. Ich werde meinen Heiltrank wieder mitnehmen und Euer Urteil erwarten." „Es ist nicht nötig, dass Ihr Euren Heiltrank mitnehmt", sagte Königin Torina. „Medizin ist genau das, was Ihr jetzt braucht" Sie nahm den Kelch. „Ein stärkender Trank wird Euch nach der anstrengenden Reise gut tun." Wieder mühte sich Camber, den Schatten zu erreichen, doch er war noch schwächer und entfernter als zuvor. Sie kam sich wie eine Närrin vor, weil ihre Knie so stark zitterten. „Mir geht es sehr gut, Euer Majestät."
„Aber ich möchte, dass Ihr Euch so gut fühlt, wie es Euer Trank erlaubt Ihr müsst keine Angst haben, Camber. Es ist Eure eigene Mixtur — Ihr wisst am besten, was sie enthält."
Camber appellierte an den König. „Alle nennen Euch den barmherzigsten Herrscher aller Zeiten." König Landens fester Blick machte sie fast ebenso nervös wie das schonungslose Starren der Königin. „Die Barmherzigen haben es nicht nötig, an meine Barmherzigkeit zu appellieren. Euch ist hier die Möglichkeit gegeben, den Vorwurf des Verrats zu entkräften.
Warum wollt Ihr nicht trinken, was Ihr uns selbst gebracht habt?"
Aufgeregt sah sich Camber nach irgendeinem mitfühlenden Gesicht um, fand aber nur feindselige Blicke. „Ich bin unschuldig!" „Dann trinkt", sagte die Königin. Camber nahm den Kelch aus Bangors Händen und hob ihn an ihre Lippen. Sie schmeckte den Geschmack der Kirschen, als die Flüssigkeit durch ihre Kehle rann.
Teil 7
Das Silber und das Grau
30
Jaspers Rippen protestierten bei jedem Atemzug, das Brandmal auf seiner Stirn glühte und seine Nase juckte. Das war das Schlimmste, wenn man gefesselt war — man konnte sich nicht kratzen. Aber all diese Misslichkeiten waren nichts im Vergleich zu dem Anblick, den Devin bot. Er lag neben ihm mit gefesselten Händen und versuchte, seiner Gefangenschaft in der Wüstenfestung zu trotzen und eine
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