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Die Voegel der Finsternis

Titel: Die Voegel der Finsternis Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Victoria Hanley
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tapfere Miene aufzusetzen. Was waren das für Menschen, die einem Kind die Hände banden? Jasper kannte die Antwort. Menschen wie Morlen. Er und Devin lagen hilflos zu Morlens Füßen. Das einzige Licht in dem geräumigen Gemäuer kam von einem schmalen Fenster und von einem großen Oberlicht, das sich in unerreichbarer Höhe befand. Ungefähr zwanzig bewaffnete Männer, die Hälfte von ihnen Zinds, standen Wache. Weitere vierzig Männer standen an der Wand. Sie waren unbewaffnet und viele hatten bläulich verfärbte Prellungen an der Stirn. „Hilf den Gefangenen, Pel", sagte Morlen. Jasper erschauerte, als er dieselbe Stimme vernahm, die in seiner Traumreise mit Dorjan so ruhig zu Maeve
     
    gesprochen hatte. Er erinnerte sich daran, was Maeve ihm über Morlens Augen erzählt hatte, und sah lieber den Diener Pel an.
    Pels Gesicht war rot entzündet, die Sklavennarben stachen bleich daraus hervor. „Ihnen helfen, Herr?" Er machte aus seiner Verblüffung keinen Hehl. „Hilf ihnen, sich zu setzen. Und nimm ihnen die Fesseln ab."
    Jasper zwang sich, keine Miene zu verziehen, als Pel die raue Schnur von seinen Hand- und Fußgelenken abnahm. Er hob seine Hände zum Gesicht empor und kratzte sich an der Nase. Er winkte Devin zu, als auch dieser von den Fesseln befreit war. „Und nun bring mir die Waffen dieses Mannes, Pel." „W. .. Waffen, Herr?"
    „Waffen. Die Waffen, mit denen er die Posten, die Soldaten und die Arbeiter besiegt hat" „Er ... er hatte keine Waffen, Herr. Er ist ein Freier. Er hat mit Steinen geschmissen."
    „Du willst mir doch nicht sagen, Pel, dass dieser Mann mit ein paar Steinen aus der Wüste die Festung eingenommen und die ganze Vahssernte zerstört hat? Wie viele seiner Leute sind euch entwischt?" „Ich . .. ich weiß nicht, Herr. Wir haben keine anderen gesehen."
    „Keine anderen? Wirklich keine anderen?" „N.., nein, Herr."
    „Beeindruckend, in der Tat." Lord Morlens Stiefel
    näherten sich Jasper und Devin. „Ein Mann - auf der Suche nach einem Kind?"
    Eine unheimliche Stille breitete sich aus, bis Jasper sich nach einem Geräusch sehnte, nach irgendeinem Geräusch, alles, nur nicht dieses bedrohliche Schweigen.
    „Tötet sie", sagte Morlen in einem beiläufigen Ton. Als Jasper sein Todesurteil vernahm, war sein erster Gedanke, dass er mit bloßen Fäusten gegen diese Männer kämpfen wollte, bevor sie Devin noch mehr antun konnten.
    „W. .. wollt Ihr sie nicht erst verhören, Herr?", fragte Pel verblüfft.
    „Ach, du denkst, ich meine die Gefangenen? Nein, Pel, mit denen werde ich mich noch beschäftigen. Sie haben mir einiges zu erklären." Seine Stiefel machten kehrt, sodass Jasper die Absätze sehen konnte. „Nein, ich meine, tötet sie. Die Wachen." Jasper sah hoch. Morlen zeigte auf die übel zugerichteten Männer an der Wand. „Die so genannten Wachen, die nicht gewacht haben. Diese Narren, die nicht verhindert haben, dass meine Vahssernte zerstört wird. Sie." Die Zinds sprangen behände auf, gefolgt von Morlens Soldatensklaven, und warfen sich auf die unglückseligen, unbewaffneten Männer. Jasper legte seinen Arm um Devin und barg dessen Gesicht an seiner Brust. Schon zweimal zuvor hatte Jasper unbewaffnete Männer um ihr Leben kämpfen sehen. Nun sah er wieder, mit
    welch verzweifelter Kraft die Arbeiter der Festung sich wehrten und mit bloßen Fäusten gegen Äxte und Messer kämpften. Inmitten des Gemetzels erkannte er den drahtigen, schmächtigen Mann, der ihm fast bis aufs Dach der Festung gefolgt war. Eichörnchen war schlau genug, sich mit einem großen Blonden und einem dunklen, stämmigen Kerl zusammenzutun. Zu dritt entwanden sie einem Zind die Axt, töteten ihn und nahmen sein Messer.
    Der Raum hallte von Schreien und dem Geräusch aufeinander prallender Messerklingen und Knochen wider. Die ganze Zeit über schaute Lord Morlen unbeteiligt zu, als sei er Zuschauer in einem Theaterstück. Überall war Blut, Jasper konnte es nicht mehr sehen. Vielleicht wäre es besser, durch eine einfache Klinge zu sterben, als abzuwarten, was Lord Morlen mit ihm und Devin vorhatte, wenn die Schlacht vorüber wäre. Er war nicht mehr gefesselt. Er konnte sich auf einen der Zinds stürzen. Aber das würde bedeuten, Devin im Stich zu lassen.
    Maeve war glücklich, als sie Fortuna entdeckte. Das zutrauliche Stupsen der Stute ließ sie für einen Moment vergessen, dass sie im Begriff war, sich Lord Morlen auszuliefern.
    Es war Saras Idee gewesen, sich zum Schein auszuliefern. Sie

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