Die Voegel der Finsternis
Kriegskunst erlernte. Renaiya dachte daran, wie Königin Torina, die Mutter des Mädchens, gegen Hester aufgestanden war. Sie setzte sich wieder und bat erneut um Einsicht in Saraveldas Seele.
Das Mädchen weiß nichts von seiner Gabe. In ihr schlummern übermäßige Kräfte. Sie glaubt, sie besäße die Gabe der Trianer. Wenn ich sie zum Trianer erklärte, würde niemand die Wahrheit erfahren.
Renaiya beschloss, Sara vorläufig aus ihren Gedanken zu verbannen. Sie wollte sich Bern zuwenden und sich erst wieder mit Sara beschäftigen, wenn sie sich wieder beruhigt hatte. Berns Gabe zuzuordnen würde ein Leichtes sein. Hester würde sich freuen, wenn ihr Neffe seine Ausbildung zum Draden begänne. Vielleicht trat er in ihre Fußstapfen und würde eines Tages zum Oberdraden aufsteigen.
Renaiyas Gedanken verweilten einen Augenblick auf der Gestalt des jungen Mannes, seinen ernsten Augen und seiner geschniegelten Haartracht. Er war schön und hatte perfekte Umgangsformen. Zu vollkommen. Renaiya hatte gelernt, den Fehlern eines Menschen bis in sein Innerstes zu folgen, und sie liebte die kleinen Makel, die eine Persönlichkeit ausmachten. Bern hatte etwas Unechtes an sich, etwas Unwirkliches, als würde man in einem Bergstollen einen geschliffenen Diamanten entdecken. Am besten wäre es, sie würde ihn benennen und nicht weiter über ihn nachdenken. Alles an ihm deutete auf die Gabe der Draden. Seit Generationen hatten Mitglieder seiner Familie im Dienst der Burg gestanden.
Doch sie musste das Ritual vollenden. Befreie mich von allem Falsch, und lass mich die Wahrheit schauen. Berns Seele offenbarte sich ihr wie geheißen — ein wenig oberflächlich und überheblich, doch das war normal bei einem Draden. Renaiya überwand den Wunsch, die weiteren Schritte des Rituals auszulassen und konzentrierte sich auf das Wesen des Kandidaten.
Und fiel ins Uferlose, wo sie festen Boden erwartet hatte.
Renaiya atmete schwer, schlug mit den Händen um sich und warf schon wieder die Vase um. Doch diesmal hob sie sie nicht auf.
Charmal. Ein Charmal in der Burg der Heiler. Bern hatte sich bereits eine falsche Maske zugelegt. Trotz seiner Jugend muss ihn jemand bereits in die Kunst der Täuschung eingeführt haben. Ein Charmal. Ein Zauberer mit der Gabe des Scharfblicks, aber ohne Gewissen. Ein Charmal sieht anderen in die Seele und macht sie sich zu Willen.
Renaiya betrachtete das zerstörte Blumenarrangement und überlegte, ob sie wahnsinnig geworden war. Drei Novizen. Drei nie da gewesene Gaben, von denen eine überhaupt nicht in die Burg gehört.
Das Mittagsläuten riss sie aus ihrer Erstarrung. Stunden waren vergangen und sie musste während der Mahlzeit dem Speisesaal Vorsitzen. Wankend erhob sie sich, verließ die Halle der Seelenschauer und eilte zum Speisesaal. Dra Jem ließ sie mit einer Verbeugung eintreten. Renaiya versiegelte die Eingangstür mit einem leichten Zauber und ging zu dem kleinen Tisch, der für den Vorsitzenden Ellowen reserviert war. Der kunstvolle Blumenschmuck, die schneeweißen Tischdecken und das kostbare Porzellan ließen sie gleichgültig. Aber die Schüler, besonders drei von ihnen, beobachtete sie mit einer Aufmerksamkeit wie schon seit Jahren nicht mehr.
Während der Mahlzeit schwiegen die Schüler, wie es die Vorschrift verlangte. An einem Tisch vor Renaiya saßen Sara und Dorjan nebeneinander. Ihnen gegenüber saß Bern zwischen Jeanne, einer viel versprechenden Novizin der Kräuterheilkunde, und Lorel, der die Gabe der heilenden Musiker zugesprochen worden war. Beide Mädchen waren seit einem Monat hier. Renaiya konzentrierte ihre Aufmerksamkeit auf Sara und Dorjan. Waren es wirklich ein Genovener und ein Firaner, die dort vor ihr saßen? Ihr Magen zuckte plötzlich zusammen. Sie hatte den Eindruck, dass Dorjan dabei war, eine Verschmelzung vorzunehmen - mit Sara. Und das Gen des Mädchens kam ihm freundlich, wenn auch etwas unkontrolliert, entgegen. Renaiya war am ganzen Körper verspannt Sie rieb sich die Augen. Die Verschmelzung gehörte zu den fortgeschrittenen Übungen und Dorjan war ein Anfänger. Oder doch nicht''
Sobald die Dras die Tische abgeräumt hatten, durften die Schüler nach Belieben sprechen. Renaiya bemerkte, wie Bern sich über den Tisch beugte und Sara am Handgelenk berührte. „Ich habe dich beim Frühstück vermisst"
Sara lachte. „Und ich habe das Essen zum Frühstück vermisst"
Bern schmunzelte. „Wo warst du denn?" „Verschlafen."
„Bitte tu das nie
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