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Die Voegel der Finsternis

Titel: Die Voegel der Finsternis Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Victoria Hanley
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suchte seine Farben. Kräftig und sehr lebhaft. Dieser junge Mann hat erst vor kurzem viel Energie verausgabt. Sie fragte sich, wofür er seine Energie eingesetzt hatte. Ihre Konzentration ließ nach und sie musste an Torinas Warnung denken. Hätte Hester nur zugelassen, dass der Unsichtbarkeitszauber aufgehoben würde. Wohl mochte der Ruf der Königin als Große Seherin von den einen in Zweifel gezogen, von den anderen verspottet werden, doch sie besaß die Kristallkugel der Großen Maria. Womöglich stimmte wirklich etwas nicht in der Burg. Renaiya spürte, wie schwach sie geworden war. Gab es etwas, das ihr die Kraft raubte? Vielleicht geht mir meine Gabe verloren. Sie senkte den Kopf und besann sich wieder auf Dorjan. Was war seine Gabe? Genovener, Heiler der Träume.
    Ihre Augen weiteten sich, fast musste sie lachen. Sie hatte sich in ein Wunschbild verstiegen. Genovener! Diese Gabe hatte es das letzte Mal lange vor der Eroberung Bellandras durch Kareed in der Burg gegeben. Obgleich Ellowen Tays Renaiya genau unterwiesen hatte, wie die Gaben zu erkennen waren, hatte sie nie zuvor einen Genovener benennen können. Sie schloss ihre Augen. Befreie mich von allem Falsch, und lass mich die Wahrheit schauen.
    Als sie diesmal die Antwort vernahm, erhob sie sich und ging unruhig auf und ab. Die Draden taten sich schwer, überhaupt einen Heiler von außen zu akzeptieren. Was sollte sie ihnen sagen, wenn dieser Außenseiter sich als begabter erwies als jeder Schüler aus Bellandra vor ihm? Hester wird mich aus dem Rat entfernen lassen wollen.
    Renaiya setzte sich wieder und zwang sich zur Vernunft. Wieder und wieder fragte sie nach Dorjans Gabe und immer war die Antwort: Genovener. Die Gabe der Genovener unterschied sich von den Gaben aller anderen Heiler - sie heilten diejenigen, deren Seelen verwirrt waren. Genovener wussten schreckliche Ängste und zerstörerische Schwermut zu heilen und konnten sogar einen vom Wahnsinn Besessenen wieder zu Klarheit und Ruhe bringen. Sie wanderten durch Träume und träumten bei Tag. Renaiya sah auf ihre verkrampften Hände. Langsam und schwer atmend, löste sie einen Finger nach dem anderen. Hester würde nicht erfreut sein, aber auch sie konnte die Augen nicht vor der Wahrheit verschließen. Es sollte ein Grund zum Feiern sein, einen Genovener zum Schüler zu haben. Alle Ellowen würden an Dorjans Studium teilhaben. Wäre er aus Bellandra, würde dies ein Grund zum Feiern sein. Gabe ist Gabe. Ich jedenfalls freue mich. Renaiya wäre froh gewesen, sich mit einem Gleichgesinnten beraten zu können. Da dies nicht möglich war, lenkte sie ihre Aufmerksamkeit den beiden anderen Novizen zu.
    Zuerst Sara, die sich so anmutig bewegte. Wie ungerecht. Die Enkelin Karreeds, des Aggressors, der das friedliche Bellandra zerstörte. Seinem Samen sollte niemals eine Gabe entspringen. Renaiya atmete in kurzen Stößen. Warum wirkt die Weihe der Ellowen nicht ewig? Als ich sie empfing schien alles ganz einfach - der Einklang allen Lebens, die Liebe, die sich über alles ergoss — und nun zittern meine Hände vor schändlichen Gefühlen. Renaiya betete, von Gram und Zorn befreit zu werden und die Erhabenheit der Ellowen wiederzuerlangen. Sie wartete, bis sie ihre Seelenruhe wieder gefunden hatte, dann fragte sie nach Saras Gabe. Die Antwort war klar und deutlich. Firaner. Seelenkrieger.
    Renaiya sprang auf und schlug mit der Faust auf den Tisch. Die Vase kippte um, Wasser und Blumen ergossen sich über den Tisch. Sie stellte die Vase wieder auf und stopfte die zerzausten Blütenstängel hinein, die sie durstig und vorwurfsvoll anzusehen schienen. Egal. Ein Dra würde die Unordnung später wieder wegräumen, niemand würde ein Wort darüber verlieren. Eine Firanerin. Das war unmöglich. Das konnte einfach nicht sein. Seit Jahrhunderten war kein Firaner mehr benannt worden. Ellowen Tays hatte sogar vorgeschlagen, diese Gabe von der Liste zu streichen. Niemand wusste, warum die Gabe der Seelenkrieger überhaupt in die Liste der heilenden Gaben aufgenommen worden war, denn ein Firaner heilte niemanden. Ich muss mich irren. Über Jahre haben Tays und ich Dutzende Lyrener, Phytosener, Aviener, Sanginer und Trianer benannt. Aber nicht einen Genovener. Und selbst unsere Vorgänger benannten nie einen Firaner. Sara entstammt einem Geschlecht von Kriegern, flüsterte ihr ihre Eingebung zu. Sie ist die Enkelin von Kareed dem Eroberer, die Tochter von Landen, der nach Bellandra zurückkehrte, als sein Volk die

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