Die Voegel der Finsternis
Dinge immer nur schlimmer gemacht. Sie stolperte den Pfad entlang und überlegte sich, was ihre Eltern wohl sagen würden, wenn sie aus der Burg gewiesen würde, bevor ihre Gabe überhaupt benannt worden war.
„Guten Morgen, Sara." Aus dem Nebel tauchte Berns freundliches Gesicht auf. Er legte eine Hand auf ihren Arm. „Du weinst. Was ist los?"
Sie wollte seine Hand wegstoßen und davonlaufen. Fast hätte sie es auch getan, doch plötzlich fühlte sie sich benebelt wie die Luft, die sie umgab. Sie zögerte. „Ich habe jemanden beleidigt ..." Sie unterbrach sich, denn sie kannte Bern nicht gut genug, um ihm ein Geheimnis anzuvertrauen. Außerdem konnte Dorjan ihn nicht leiden.
„Beleidigt? Das kann nicht so schlimm gewesen sein." Er schob eine Hand in seine Tasche und zog etwas hervor, was wie ein Seidentüchlein aussah. „Das gehört zwar nicht zur Ausstattung der Burgbewohner, aber es ist sehr praktisch." Er reichte ihr das Tuch und sie wischte sich schnell die Tränen damit fort.
Sie verspürte den dringenden Wunsch, Bern alles zu erzählen, ihr ganzes Leben vor ihm auszubreiten, ihm ihre Schwächen und Geheimnisse, ihre Pläne und Wünsche zu offenbaren. „Bern, wenn ich dir sagen würde ..
Er nahm ihre Hand. Bei seiner Berührung strömte eine angenehme Wärme durch ihren Körper. War dies eine Verschmelzung ihrer Gene? Sara schwankte, ihr Kopf dröhnte.
Er legte seinen Arm um sie und drückte ihre Schulter. Sie wich nicht zurück. Sanft zog er ihr Gesicht nach oben. „Bitte, nicht weinen." Er beugte sich zu ihr und küsste ihr die Tränen fort. Seine Lippen wanderten langsam und warm an ihren Wangen entlang. Sie wehrte sich nicht, als er sie eng an sich zog, so eng, dass sich sein flacher Bauch an sie presste und ihr Körper sich an seinen schmiegte, als wären sie füreinander geschaffen. So fühlte es sich also an, das Küssen, das richtige Küssen! Sara hatte aufgehört zu weinen. Der Vorfall mit Ellowen Renaiya verblasste. Bern hielt sie fest umschlungen, der Nebel hüllte sie beide ein und sie spürten nichts mehr von der morgendlichen Kühle. Sie wollte an nichts anderes denken - sie wollte nur noch mit Berns köstlicher Kraft verschmelzen, Mund auf Mund und Hand in Hand.
Das Läuten der Glocken drang unangenehm an ihr Ohr. Bern ließ von ihr ab. „Hungrig, meine liebliche Sara?"
Sie verspürte keinen Hunger, nicht nach Essen. Sie woll te weiter seine Lippen kosten. Doch ließ sie ihm ihre Hand und ließ sich von ihm führen. Und als sie auf den Weg kamen, wo sie von anderen Schülern gesehen werden konnten, ließ er sie los. Sie sagte ihm nicht, wie sehr sie sich nach seiner Berührung sehnte. Sie sah Dorjan, doch sie beachtete ihn nicht. Nie war sie sich sicher, welche Gedanken hinter seinen fernen Augen ihm durch den Kopf gingen. Berns Augen hingegen waren offen und fröhlich. Dorjan würde niemals verstehen, was sie für Bern empfand.
Teil 3
Die Reise
8
Maeve wusste nicht, wo sie sich befand. Sie wusste nur, dass sie auf der Suche nach Devin war. Sie ging durch graue Flure mit vielen grauen Türen. Sogar das Licht hatte einen fahlen Grauton und fiel stumpf und leblos auf vorspringende Mauern. Die Wände, die sie streifte, fühlten sich an wie vereistes Metall. Höhnisches Flüstern verfolgte sie und vermischte sich zu einem unaufhörlichen Zischen. „Das arme Mädchen weiß nicht wohin ... Sie weiß nicht, was sie tun soll, wenn ihr niemand etwas sagt... Sie ist verloren." Wenn Maeve sich umdrehte, war niemand da, und sie sah nichts als eintönige Gänge, schiefe Decken und kalte Wände. „ Verloren, verloren. " Sie wollte den Stimmen widersprechen, und doch wusste sie, dass sie wirklich verloren war.
Das Geflüster im Rücken ging sie weiter durch fahl erleuchtete, düstere Flure. Jetzt waren die Stimmen über ihr. „Sie ist verloren . . . Sie weiß nicht wohin." Vor ihr tauchte ein junger Mann auf. Sie hatte ihn nicht kommen sehen, wusste nicht, von wo er hätte kommen können, und doch war er da. Als er sie erblickte, hielt er den Atem an.
„Der Traumwenstein", flüsterte er, „Du besitzt den Traumwenstein?"
Maeve blickte an sich hinunter. Der Stein erglühte zu goldenem Licht und verströmte eine Wärme, als hätte er die Kraft, mit seinem Licht die graue Düsternis zu zerbrechen. Sie berührte den Stein und vernahm deutlich, wenn auch schwach die Melodie der Traumwen. „Woher wusstest du das?", fragte sie den jungen Mann.
Aus der Nähe erkannte sie, dass
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