Die Voegel der Finsternis
dazu gebracht hatte,
durch die Baumkreise zu treten, an die Art, wie er das
Lied des Tezzarin gestört hatte.
„Wenn der ..." Dorjan unterbrach sich. „Sara? Alles in
Ordnung?"
Sie hielt sich am Bettpfosten fest. „Ich glaube, Bern bringt diesen Schattenkönig zum Lächeln, und ich habe auch ..."
„Sara", sagte Dorjan sanft, „Bern ist ein Charmal. Er hat dich verführt. Du wusstest nichts davon." Sie erzählte ihm vom siebten Kreis, von Bern und dem Tezzarin und fürchtete, Dorjan würde sie dafür verachten.
„Woher wusste Bern, dass es dir gelingen würde, den Käfig aufzubrechen?" „Ich weiß es nicht."
Diese Schattengeschichten! Sie sehnte sich nach dem Licht einer Kerze. Ruhelos stand sie auf. Als sie eine Kerze gefunden hatte, ging sie in die Eingangshalle, zündete sie an einer der Laternen an und brachte sie zu Dorjan zurück. „Wie kann es der Schattenkönig wagen, mir im Traum schwarze Vögel zu schicken!", sagte sie. „Das nächste Mal werde ich den Vogel nicht entkommen lassen. Ich werde ihn töten."
Renaiya suchte jemanden, konnte sich aber nicht mehr erinnern, wen. Jemanden, der jung war und einen kämpferischen Geist hatte. Die Person, nach der sie suchte, konnte die Burg schützen und ihren Niedergang aufhalten. Wer war es? Schatten zogen durch ihr Gedächtnis und verwischten jeden Gedanken. Sie hörte ein kräftiges Flügelrauschen. Einen Augenblick lang hob sie hoffnungsvoll den Kopf. Vielleicht war der Tezzarin zurückgekehrt. Doch dann sah sie, dass es kein Tezzarin war, sondern ein Wesen, dunkler als die Dunkelheit, dessen Größe alles andere verdrängte. Der Vogel kam näher, und sie verstand nicht, warum sich ihre Füße plötzlich so schwer anfühlten. Sie wollte rennen, kam aber nicht vom Fleck. Der Vogel näherte sich schnell. Sie musste eine Tür erreichen, bevor er sich auf sie stürzte. Dann konnte sie den
Vogel ausschließen. Warum gehorchten ihr die Beine nicht?
Eine eiskalte Klaue streifte ihren Hals. Renaiya wollte schreien. Plötzlich wusste sie, wen sie um Hilfe rufen musste, wen sie gesucht hatte. Sara, das Mädchen mit der Gabe der Krieger, die Enkelin von Kareed dem Eroberer. Und da begriff Renaiya, dass sie schlief und einen Traum träumte, aus dem sie nicht erwachen konnte.
Vor ihr öffnete sich ein wirbelnder, blendender Kreis aus Licht. Sie wusste sofort, dass dieses Licht ihren physischen Tod bedeutete, und sah weg. Zu ihrer Linken verdichtete sich die Luft und nahm die Form einer grauen Halle an. Dort im Grauen stand eine Gestalt, ein geflügelter Mann, der hinter einer schmalen Silberschranke auf sie wartete. Er lächelte sie an und winkte. „Wenn du diese Schranke überschreitest, kannst du deinen Platz in der Welt behalten", sagte er. Zwei Türen. Doch niemand rief aus dem blendenden Licht nach ihr.
„Komm, Renaiya. Nur ein Schritt", sagte der geflügelte Mann. „Du musst nicht sterben. Komm über die Grenze, komm zu mir. Ich habe über dich gewacht, du bist mein."
„Nein", sagte Renaiya. „Nein. Ich bin niemals dein gewesen."
Die Riesenklaue zerrte an ihrem Rücken. Sie hatte keine Zeit mehr zu bedauern, was sie getan hatte oder was sie hätte tun können, wenn die Dinge anders gewesen wären. Keine Zeit, das plötzliche Ende ihres langen Lebens als Heilerin zu betrauern. Sie würde ihr Wissen nicht weitergeben können, sich nicht verabschieden, sich nicht entschuldigen, niemandem Glück wünschen können. Ihr Leben würde für sich selbst sprechen müssen. Renaiya schob allen Schmerz, alles Sehnen und Bedauern beiseite. Sie trat nach vorn und gab sich dem hellen licht hin.
14
Dorjan wurde durch das Gespräch mit Sara immer
wacher. Als er ihr von dem Traum erzählte, in dem er
das Mädchen mit dem Traumwenstein des erste Mal getroffen hatte, fragte sie ihn aufgeregt aus.
„Das Mädchen mit dem Licht! Deine Schwester?"
„Ich nehme es an. Und ich vermute, sie lebt in Sliviia."
„Und dieser — Traumwenstein, du sagst, er entfaltet die Gaben desjenigen, der ihn besitzt?"
„So geht die Sage. Eine alte Traumwensage, nach der er im Reich der Leere entstanden ist."
„Im Reich der Leere?"
„Ein Ort in der Mitte aller Welten:
Ein Staubkorn im Reich der Leere
ist fruchtbarer als alle Felder dieser Erde."
Die Verse lösten sich von Dorjans Lippen wie von selbst. „Es gibt nur wenige, die an diesen Ort reisen. Er ist sehr gefährlich."
„Aber es ist jemand dort gewesen, der den Traumwenstein gemacht hat?"
Ja. Gemacht und in
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