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Die Voegel der Finsternis

Titel: Die Voegel der Finsternis Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Victoria Hanley
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der König weiter. „Ich weiß es nicht genau."
    Alle schwiegen. Rascide versuchte, Ordnung in seine aufgewühlten Gedanken zu bringen. König Landen
    suchte seinen Blick. „Ihr seid der Oberste Seher. Wie viel habt Ihr davon gewusst?"
    „Fast alles, Herr." Rascide kümmerte sich nicht um die Unruhe, die unter den Sehern entstand. „Warum habt Ihr nicht gesagt, was Ihr wisst?", wollte der König wissen.
    Rascide hustete. „Das Wissen um den Schattenkönig und die Silbergrenze ist den Heilern und Sehern vorbehalten."
    „Wer hat das angeordnet? Hat Eure Schülerin nicht
    gesagt, er strebe nach der Herrschaft über unser aller
    Seelen? Sind die Seelen derjenigen, die keine Seher
    oder Heiler sind, weniger wichtig?"
    „Nein, Herr. Natürlich nicht. Aber dieses Wissen ist bei
    den Unwissenden womöglich nicht sicher."
    „Wenn Ihr dieser Meinung seid, warum seid Ihr dann
    gekommen?", fragte Landen weiter.
    „Es ist üblich, im Falle einer Katastrophe die Große
    Seherin zu konsultieren."
    „Und wisst Ihr nun, wer sie ist?" Der König hob die Hand seiner Gemahlin empor. Rascide antwortete nicht. Der König erhob sich. „Wissen alle, wer dies ist?"
    Chandra sank auf ihre Knie, wobei sie sich in ihrem zerknitterten Gewand verhedderte, und sprach: „Ich weiß es, mein König." Andere Seher folgten ihrem Beispiel und bald hatten alle, außer Rascide, sie als die Große Seherin anerkannt. Er jedoch wollte sich ihr nicht unterwerfen. Sie ist nichts weiter als eine begabte Schwindlerin, die sich von einem Spion hat impfen lassen. Ich werde herausfinden, wer dieser Spion ist.
    „Landen, ich muss den Sehern noch etwas mitteilen", sagte die Königin. Der König wartete gespannt, was Torina zu sagen hatte. „Wenn Ihr versucht, paarweise zu sehen, werden Eure Visionen wieder heller werden." Das ist mit Sicherheit falsch, dachte Rascide, man kann seherische Kräfte nicht einfach vermengen. Das würde den Geist des Gegenübers nur behindern und die Vision zerstören.
    „Wenn wir zusammenarbeiten", sprach die Königin, „können wir unsere Seherkraft vielleicht noch ein paar Stunden länger erhalten. Wir müssen sofort beginnen und einander unsere Kräfte leihen." Die Seher starrten sie verständnislos an. „Beginnt", befahl der König mit donnernder Stimme. Chandra stellte sich eilig vor einen der anderen Seher, Rascide rührte sich jedoch nicht. Jeder Einzelne wird gebraucht", sagte die Königin. Sie stieg die zwei Stufen von ihrem Podest herab und ließ sich anmutig vor dem steif dasitzenden Rascide nieder. „Wir beide werden gemeinsam sehen", sagte sie zu ihm. „Wir werden zuerst Euren Kristall benutzen." Zuerst. Ihre Worte enthielten ein Versprechen - er würde die Gelegenheit bekommen, in Marias Kristallkugel zu blicken. Er war sich sicher, dass er dann alle Geheimnisse der Zukunft erkennen würde.
    Er hielt seinen Kristall, den schönsten, den die Schule der Seher zu bieten hatte, zwischen sich und die Königin und murmelte kurz die einführenden Worte. Die Königin war bereits in Stille versunken und schien ihn nicht zu hören.
    Rascide verbannte alle persönlichen Gedanken und Gefühle und löste sich von den Fesseln des Hier und Jetzt. Die Stille überwand seinen Unwillen, und er verspürte eine Ruhe, die außerhalb jeder Zeit zu liegen schien. Als die Oberfläche der Kristallkugel sich bis in seine inneren Visionen ausdehnte, ließ er sich ganz in sie versinken.
    Er ahnte sich über dem Gelände der Burg der Heiler, wenngleich er unter sich nichts sehen konnte. Der Zauber der Unsichtbarkeit verhindert die Sicht. Kalte Schatten wirbelten vorüber und der Wind schlug einen gleichmäßigen Takt. Dunkle, Furcht erregende Gestalten schwebten auf ihn zu. Vögel. Vögel, die zum Schattenreich gehören. Rascides Geist wollte vor der Kälte und den Schatten fliehen, aber er ließ nicht zu, dass seine Gedanken sich abwandten.
    „Eben", sagte eine Stimme, „Vögel, die durch das Reich der Träume fliegen und dem Schattenkönig dienen." Rascides Konzentration zerfiel. Benommen von dem, was er gesehen hatte, wurde ihm wieder bewusst, dass er sich im Palast von Bellandra befand. „Ja", sagte er, „Eben." Er wiederholte die Worte der Königin. Sie hatte es vor ihm gesehen! Und er hatte klarer und weiter
    sehen können als zuvor. Ihre Gegenwart hatte seine seherische Kraft verstärkt.
    Rascide schaute erneut in seine Zauberkugel, doch da war nichts. Nichts als rauchiger, grauer Nebel, dichter noch als am Beginn dieses

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