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Die Voegel der Finsternis

Titel: Die Voegel der Finsternis Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Victoria Hanley
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doch einen Weg geben, sie zu prüfen." „In der Tat", sagte Rascide, „genau das habe ich vor."
    Torina fühlte sich in dem ehrwürdigen Saal des Palasts von Bellandra noch immer nicht zu Hause. Hoch oben im Deckengewölbe war ein Mal, wo einst der magische Kronleuchter von Bellandra gehangen hatte. Obwohl ihr nie erzählt worden war, was damals passiert war, wusste sie es, weil sie ihr Seherauge befragt hatte. Sie hatte gesehen, wie der Kronleuchter zu Boden stürzte und seine Kristalllichter in tausend Stücke zersprangen. Und alles auf Befehl ihres Vaters, Kareed. Nun hatte der Leiter der Seherschule sie hergebeten. Warum, fragte sich Torina zornig, machten die Seher solche Umstände, um jetzt, nach über fünfzehn Jahren, mit ihr zu sprechen? Sic hatten sie mit allen ihnen zur Verfügung stehenden Mitteln zu diesem Treffen genötigt.
    Als sie das erste Mal nach Bellandra gekommen war, hatte sie mit diesen Männern und Frauen Kontakt aufnehmen wollen, denn sie hatte sich mit ihnen, die auch sehen konnten, verwandt gefühlt. Sie war zur Schule der Seher gereist und mit hohen Erwartungen und Vorfreude über ihre Schwelle getreten. Sie hatten sie abgewiesen. Zeerd, der damalige Schulleiter, hatte sie beschuldigt, einen gestohlenen Kristall zu besitzen, und hatte nicht auf sie gehört, als sie ihm erklärte, dass Maria die Kristallkugel ihrem Vater mit dem Auftrag gegeben hatte, sie seiner rothaarigen Tochter zu bringen. Nein, Zeerd hatte darauf bestanden, dass sie den Kristall der Großen Seherin zurückgeben müsste, wenn sie etwas für Bellandra tun wollte. Und dazu war sie nicht bereit gewesen. Zwei weitere Schulleiter waren gekommen und gegangen. Jedes Mal hatte Torina vorsichtige Annäherungen gemacht und ihnen ihren guten Willen mitteilen lassen. Sie hatte nur eisige Antworten bekommen. Der gegenwärtige Leiter, Rascide, war besonders frostig gewesen.
    Torina saß neben König Landen auf einem leicht erhöhten Podest Sie trug ein cremefarbenes Gewand, das geflochtene Haar krönte ihr Haupt. Sie hatte, wie gewöhnlich, keinen Schmuck angelegt. Obwohl Bellandra einige der kostbarsten Juwelen des Königreiches besaß, zog sie es vor, ungeschmückt zu erscheinen. Nur ein fein gearbeiteter Lederbeutel, der die Kristallkugel der Großen Seherin enthielt, ruhte in ihrem Schoß. Ein Rascheln von Stoffen kündigte die Seher an, mehrere Männer und Frauen in bestickten grünen Gewändern traten ein. Torina erhob sich zur Begrüßung. Sie verneigten sich und nahmen auf den Kissen auf dem mit Teppichen ausgelegten Boden Platz. Der Sprecher, ein groß gewachsener Mann, der die Insignien des Obersten Sehers der Seherschule trug, blieb stehen. Torina betrachtete kühl sein glattes, schwarzes Haar, sein fließendes Gewand und sein kantiges Gesicht „„Guten Abend, Majestäten. Ich bin Rascide, der Leiter der Seherschule."
    Torina nickte und versuchte, ihre Ungeduld zu verbergen.
    „Wir würden Euch nicht belästigen, meine Königin, wenn es nicht eine Angelegenheit höchster Wichtigkeit wäre", fuhr er fort „Wir sind auf eine Besorgnis erregende Störung gestoßen." „Eine Störung welcher Art?", fragte sie. „Dann habt Ihr nichts dergleichen gesehen, Hoheit?" Es gelang ihm, Verachtung zu zeigen und sie gleichzeitig mit dem Ehrentitel anzusprechen. „Ich muss gestehen, dass ich meine Kristallkugel in den letzten Tagen nicht konsultiert habe", antwortete sie. Seine schwarzen Augen drückten Zweifel aus. „Würdet Ihr uns die Ehre geben, jetzt in die Kristallkugel zu schauen?"
    Ihnen die Ehre geben. Als wollte die Dohle singen, um die Nachtigall zu ehren. Sie glauben mir nicht. Aber warum sind sie dann gekommen ?
    Eine junge Frau mit rundlichen Gesichtszügen saß in der Mitte der ersten Reihe. Torina beschloss, den Sprecher zu ignorieren und sich stattdessen auf das sanfte Gesicht dieser jungen Seherin zu konzentrieren. „Aber sicher, Rascide."
    Rascide ging zu den anderen Sehern und setzte sich auf ein Kissen. Torina hoffte, ihre Befangenheit zu überwinden. Aber sie wurde nur noch stärker. Bellandrischer Brauch schrieb vor, nicht in der Öffentlichkeit zu sehen. Wenn sie darum bat, allein gelassen zu werden, wären sie dann gekränkt? Wenn sie an Ort und Stelle in ihren Kristall blickte, würden sie sie dann verspotten, weil sie die Regeln nicht beachtete? Irgendetwas stimmt nicht. Ich muss herausfinden, was es ist. Sie holte ihren Kristall hervor.
    Rascide beobachtete sie stumm. Die Königin war in seine Falle

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