Die volle Wahrheit
damit ist alles in Ordnung, wenn es einem …t Leid tut.«
Herr Nadel staunte, und gleichzeitig regte sich Argwohn in ihm. Aber er spürte, wie… gewisse Dinge zu ihm aufschlossen. Gesichter verbargen sich im Dunkeln, und Stimmen flüsterten. Er wagte es nicht, den Kopf zu drehen, aus Furcht davor, etwas hinter sich zu sehen.
Für einen Dollar konnte man einen Sack Kartoffeln kaufen. »Und es funktioniert ?«, fragte er.
»Klar. Bei mir zu Hause tragen die Leute seit …ten Jahrhunderten Kartoffeln mit sich herum. Das würden sie wohl kaum machen, wenn es nicht funktioniert.«
»Woher stammst du?«
Herr Tulpe versuchte, sich auf diese Frage zu konzentrieren, aber seine Erinnerungen enthielten zu viel Schorf.
»Bei mir zu Hause gab es… Wälder«, sagte er. »Und… brennende Kerzen«, murmelte er. »Und… Geheimnisse«, fügte er hinzu und starrte ins Nichts.
»Und Kartoffeln?«
Herr Tulpe kehrte ins Hier und Heute zurück.
»Ja«, sagte er. »Immer gab’s jede Menge Kartoffeln. Wenn man seine Kartoffel hat, wird alles gut.«
»Aber… ich dachte, man müsste in Wüsten beten, jeden Tag einen Tempel besuchen, Lieder singen, Armen etwas schenken…« »Oh, dagegen gibt es nichts einzuwenden«, erwiderte Herr Tulpe. »Aber wichtig ist vor allem, dass man eine …te Kartoffel dabei hat.« »Dann kehrt man lebendig zurück?«, fragte Herr Nadel, der noch immer nach dem Kleingedruckten suchte.
»Ja. Es hat ja keinen Sinn, tot zurückzukehren. Wer würde den …ten Unterschied bemerken?«
Herr Nadel öffnete den Mund für eine Antwort, und Herr Tulpe beobachtete, wie sich sein Gesichtsausdruck veränderte.
»Jemand hat mir die Hand auf die Schulter gelegt!«, hauchte Herr Nadel.
»Fühlst du dich nicht gut?«
»Siehst du niemanden?«
»Nein.«
Herr Nadel ballte die Fäuste und drehte sich um. Ziemlich viele Leute
waren auf der Straße unterwegs, aber niemand schenkte ihnen mehr als nur beiläufige Aufmerksamkeit.
Sein Selbst verwandelte sich immer mehr in ein Puzzle, und er versuchte, die einzelnen Teile wieder zusammenzufügen.
»Na schön, na schön«, sagte er. »Wir kehren jetzt zum Haus zurück, holen dort die restlichen Diamanten, schicken Charlie ins Jenseits und, und… suchen einen Gemüseladen… Muss es eine ganz bestimmte Kartoffel sein?«
»Nein.«
»Gut. Aber zuerst…« Herr Nadel blieb stehen, und sein mentales Ohr hörte einen Sekundenbruchteil später das Geräusch von Schritten hinter ihm verklingen. Der verdammte Vampir hatte irgendetwas mit ihm angestellt, so viel stand fest. Die Dunkelheit war wie ein Tunnel gewesen, und in der Finsternis lauerten Dinge…
Herr Nadel glaubte an Drohungen und Gewalt, und in Zeiten wie dieser glaubte er auch an Rache. Eine innere Stimme, die man gerade noch als »Vernunft« bezeichnen konnte, brachte einen Einwand hervor, wurde jedoch von einer einfachen und primitiven und automatischeren Antwort überstimmt.
»Der dreimal verfluchte Vampir ist schuld daran«, sagte er. »Und einen Vampir zu töten… He, das ist praktisch lobenswert!« Seine Miene erhellte sich. Gute Taten stellten Heil in Aussicht. »Es ist allgemein bekannt, dass Vampire über böse okkulte Macht verfügen. Einen von ihnen abzumurksen… Das wäre gewissermaßen ein Punkt zu unseren Gunsten.«
»Ja, aber… wen kümmert’s?«
»Mich.«
»In Ordnung.« Selbst Herr Tulpe wagte es nicht, Einwände zu erheben, wenn er diesen Tonfall hörte. Herr Nadel konnte auf sehr einfallsreiche Weise unangenehm werden. Außerdem gehörte es zum Ehrenkodex, keine Beleidigung ungesühnt zu lassen. Das war allgemein bekannt.
Nervosität drang nach und nach durch die von Badesalz und Wurmpulver zerfressenen Kanäle in Herrn Tulpes Hirn. Er hatte immer bewundert, dass sich Herr Nadel von schwierigen Dingen wie langen Sätzen nicht einschüchtern ließ.
»Was verwenden wir?«, fragte er. »Einen Pflock?«
»Nein«, sagte Herr Nadel. »Bei diesem Vampir möchte ich ganz sicher
sein.«
Er zündete eine Zigarette an, mit einer Hand, die nur ein wenig zitterte, und betrachtete dann das brennende Streichholz.
»Ah«, brummte Herr Tulpe. »Na gut.«
»Also los «, sagte Herr Nadel.
Falten bildeten sich auf Rockys Stirn, als er die Hinweise betrachtete, die jemand an die Tür des Stadthauses der de Wordes genagelt hatte. »Was das bedeuten?«, fragte er.
»Die Schilder weisen darauf hin, dass sich die Gilden jeden vorknöpfen, der hier einbricht«, erklärte Sacharissa und holte den Schlüssel
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