Die volle Wahrheit
nicht im öffentlichen Interesse, wenn bestimmte Dinge be-
kannt werden«, sagte Herr Schräg langsam. »Dies sollte die Zeit der…
Versöhnung sein.«
»Da bin ich ganz deiner Meinung. Also sorgst du bestimmt dafür,
dass ich es Mumm nicht ermöglichen muss, einem gewissen Kobold
zuzuhören.«
»Erstaunlicherweise gibt es da einen Präzedenzfal . Im Jahr 1497 ge-
lang es einer Katze…«
»Gut. Und du wirst ein vernünftiges Gespräch mit der Graveursgilde
führen. Du bist gut, wenn es um vernünftige Gespräche geht.«
»Nun, ich werde mir natürlich Mühe geben. Aber die Rechnung…«
»…existiert überhaupt nicht.«
Herr Schrägs pergamentenes Gesicht wirkte noch zerknitterter, als er
eine schmerzerfüllte Grimasse schnitt.
» Pro bono publico ?«, krächzte er.
»Oh, ja«, sagte William. »Du arbeitest ganz gewiss für das öffentliche
Wohl. Und was der Öffentlichkeit nützt, ist auch gut für dich. Ist das
nicht schön?«
»Andererseits«, sagte Herr Schräg, »wäre es vielleicht besser für al e, diese bedauerliche Angelegenheit zu vergessen. Es wird mir eine, äh,
Ehre sein, meine Dienste kostenlos zur Verfügung zu stellen.«
»Danke. Herr Pirsch ist jetzt Lo… ist jetzt der Patrizier?«
»Ja.«
»Die Gilden haben abgestimmt?«
»Ja, natürlich.«
»War es eine einstimmige Wahl?«
»Ich bin nicht verpflichtet, dir Antwort zu geben…«
William hob den Zeigefinger. »Ah?«
Herr Schräg wand sich hin und her. »Die Bettler und Näherinnen
stimmten dafür, die Sitzung zu vertagen«, sagte er. »Ebenso die Wä-
scherinnen und die Gilde der exotischen Tänzerinnen.«
»Mit anderen Worten… Königin Molly, Frau Palm, Frau Krippe und
Frau Dixie Wumm«, sagte William. »Offenbar hat Lord Vetinari ein
interessantes Leben geführt.«
»Kein Kommentar.«
»Würdest du sagen, dass sich Herr Pirsch bereits auf die vielen Prob-
leme freut, die das Regieren über Ankh-Morpork mit sich bringt?«
Herr Schräg dachte über die Frage nach. »Ich glaube, das könnte tat-
sächlich der Fall sein«, räumte er ein.
»Wozu zum Beispiel die Tatsache gehört, dass Lord Vetinari völlig
unschuldig ist. Was ein ziemlich großes Fragezeichen hinter Pirschs
Ernennung zum Patrizier setzt. Würdest du ihm raten, seinen Dienst
mit einigen zusätzlichen Unterhosen anzutreten, nur für den Fall?
Schon gut, diese Frage brauchst du nicht zu beantworten.«
»Es ist nicht meine Aufgabe, die Gildenversammlung aufzufordern,
eine legitime Entscheidung zu revidieren, selbst wenn sie auf der
Grundlage von… falschen Informationen erfolgt ist. Es steht mir auch
nicht zu, Herrn Pirsch Ratschläge bezüglich seiner Unterwäsche zu
erteilen.«
»Wir sehen uns morgen, Herr Schräg«, sagte William.
Es blieb Wil iam gerade Zeit genug, sich auszuziehen und hinzulegen,
bevor er aufstehen musste. Er wusch sich so gut wie möglich, streifte
ein frisches Hemd über und ging vorsichtig zum Frühstück hinunter.
Diesmal erreichte er den Tisch als Erster.
Es herrschte die übliche Stille, als die anderen eintrafen. Die meisten
von Frau Arkanums Mietern sprachen nur dann, wenn sie etwas zu
sagen hatten. Schließlich nahm auch Herr Schmitzenmacher Platz und
holte die neueste Ausgabe der Times hervor.
»Ich konnte die Zeitung heute Morgen nicht bekommen«, sagte er
und schlug die Times auf. »Deshalb habe ich die andere besorgt.«
William hüstelte. »Steht was Interessantes drin?«, fragte er. Ganz deut-
lich sah er die Schlagzeile in großen, fett gesetzten Versalien:
HUND BEISST MANN!
Er hatte eine Nachricht daraus gemacht !
»Oh… Lord Vetinari ist noch einmal davongekommen«, sagte Herr
Schmitzenmacher.
»Nun, das wundert mich nicht«, kommentierte Herr Flach. »Schlauer
Bursche, was auch immer die Leute sagen.«
»Und sein Hund ist wohlauf«, sagte Herr Schmitzenmacher. William
hätte ihn am liebsten geschüttelt, weil er so langsam las.
»Das freut mich«, sagte Frau Arkanum und schenkte Tee ein.
»Ist das alles ?«, fragte William.
»Oh, hier steht viel politischer Kram«, meinte Herr Schmitzenmacher.
»Erscheint mir al es ziemlich weit hergeholt.«
»Ist von irgendwelchem Gemüse die Rede?«, erkundigte sich Herr
Wagenbauer.
Herr Schmitzenmacher untersuchte sorgfältig die anderen Seiten.
»Nein«, sagte er.
»Meine Firma möchte sich mit diesem Mann in Verbindung setzen
und ihn fragen, ob wir das Saatgut für ihn verkaufen können«, fuhr
Herr Wagenbauer fort. »Die
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