Die volle Wahrheit
polierten Boden. Otto wir-
belte so schnel herum, dass er zu einem Schemen wurde, und nach
einem dumpfen Klatschen ging ein zweiter Mann zu Boden.
»Was sol das bedeuten? Ja, was nurr? Ich mache Gebrrauch von eur-
rem zivilisierrten Faustkampf, und ihrr wol t garr nicht kämpfen?«, frag-
te Otto und sprang dabei wie ein Amateurboxer vor und zurück. »Ah,
vielleicht möchtest du kämpfen…« Seine Fäuste wurden so schnell,
dass keine Einzelheiten mehr zu erkennen waren, als sie auf den Mann
wie auf einen Sandsack eintrommelten. Otto richtete sich auf, als sein
Gegner fiel, schwang eine Faust wie beiläufig zur Seite und traf den
angreifenden vierten Mann am Kinn. Der Bursche drehte sich in der
Luft.
Dies al es geschah innerhalb weniger Sekunden. Und dann fasste sich
William genug, um eine Warnung zu rufen. Zu spät.
Otto blickte auf das Schwert hinab, das sich ihm in die Brust gebohrt
hatte.
»Nun sieh sich das einerr an«, sagte er. »Ist euch eigentlich klarr, dass
in meinem Dschob ein Hemd keine zwei Tage lang hält?«
Er wandte sich an den zurückweichenden Lord de Worde und ließ die
Fingerknöchel knacken.
»Halt es von mir fern!«, rief seine Lordschaft.
William schüttelte den Kopf.
»Ach, du hältst mich also fürr ein es «, erwiderte Otto. »Es – wie für Tierr oder Biester. Nun, dann will ich mich auch so verrhalten.«
Er griff nach Lord de Wordes Jacke und hob ihn mit einer Hand auf
Armeslänge hoch.
»In meinerr Heimat gibt es Leute wie dich«, sagte er. »Sie sagen dem
Mob, was err tun sol . Ich bin nach Ankh-Morrporrk gekommen, weil
hierr angeblich alles anderrs ist, aberr eigentlich stimmt das garr nicht.
Immerr und überral gibt es Leute wie dich! Und was sol ich jetzt mit
dirr machen?«
Mit der freien Hand holte Otto das Schwarze Band hervor und warf
es weg.
»Ich habe den verrdammten Kakao nie gemocht«, sagte er.
»Otto!«
Der Vampir drehte sich um. »Ja, William? Was möchtest du?«
»Dies geht zu weit.« Lord de Worde war erblasst. Nie zuvor hatte Wil-
liam so deutliche Furcht in seinem Gesicht gesehen.
»Ach, tatsächlich? Soll ich ihn beißen, William? Soll ich dich beißen, Euerr Lorrdschaft? Nun, vielleicht nicht, denn William hält mich fürr
eine gute Perrson.« Er zog Lord de Worde näher, bis nur noch wenige
Zentimeter ihre Gesichter voneinander trennten. »Aberr vielleicht muss
ich mich jetzt frragen, wie gut ich bin? Oderr sol te ich frragen: Bin ich besserr als du?« Er zögerte ein oder zwei Sekunden und riss den Mann
dann ganz zu sich heran.
Er gab Lord de Worde einen sanften Kuss auf die Stirn, setzte den
zitternden Mann ab und tätschelte ihm kurz den Kopf.
»Nun, eigentlich ist derr Kakao nicht so übel, und die junge Frrau am Harrmonium zwinkerrt mirr manchmal zu«, sagte Otto und trat zur
Seite.
Lord de Worde öffnete die Augen und sah William an.
»Wie kannst du es wagen…«
»Sei still«, sagte Wil iam. »Folgendes wird geschehen: Ich verzichte
darauf, Namen zu nennen. Das ist meine Entscheidung. Weißt du, ich
möchte nicht, dass meine Mutter mit einem Verräter verheiratet gewe-
sen ist. Außerdem geht es mir um Rupert. Und um meine Schwestern.
Und um mich selbst. Ich schütze unseren Namen. Wahrscheinlich ist
das falsch, aber ich mache es trotzdem. Und noch einmal werde ich dir
nicht gehorchen. Indem ich nicht die Wahrheit sage. Zumindest nicht
die ganze. Und was die Leute betrifft, die den Dingen auf den Grund
gehen wol en… Ich bin ziemlich sicher, dass sie früher oder später al es
herausfinden. Und bestimmt regeln sie al es, ohne Aufsehen zu erregen.
Du weißt schon… auf deine Art und Weise.«
»Verräter«, hauchte Lord de Worde.
»Das würden die Leute sagen.«
Lord de Worde nickte wie jemand, der in einem unangenehmen
Traum gefangen war.
»Die Edelsteine kann ich unmöglich nehmen«, sagte er. »Ich wünsche
dir viel Vergnügen, mein Sohn. Denn… du bist zweifel os ein de Worde.
Guten Tag.« Er drehte sich um und ging fort. Nach einigen Sekunden
öffnete sich knarrend eine ferne Tür und schloss sich leise.
William wankte zu einer Säule. Er zitterte. In Gedanken wiederholte er noch einmal al es und stel te fest: Sein Gehirn hatte nicht ein einziges
Mal den Boden berührt.
»Ist alles in Orrdnung mit dirr, William?«, fragte Otto.
»Ich fühle mich elend, aber abgesehen davon… Ja, es ist al es in Ord-
nung. So viel hartnäckige Sturheit und egoistische Arroganz…«
»Du gleichst
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