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Die volle Wahrheit

Die volle Wahrheit

Titel: Die volle Wahrheit Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Terry Pratchett
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Würdenträger?«
    Die Frage hing zart in der Luft.
    »So viele wie möglich«, sagte William.
    »Prächtige Kutschen, Diademe, elegante Kleider?«, fragte Lord Veti-
    nari und betrachtete dabei den Knauf seines Gehstocks.
    »Jede Menge.«
    »Ja, ich bin sicher, dass es nicht daran mangeln wird«, sagte Lord Ve-
    tinari, und Wil iam wusste: Paul König würde seine Tochter an mehr
    feinen Leuten vorbeiführen, als er zählen konnte. Und mit Zahlen
    kannte er sich aus, obwohl es in seiner Welt für Buchstaben kaum Platz
    gab. Frau König standen glückliche hysterische Anfäl e bevor, allein aus
    passivem Snobismus.
    »Als Gegenleistung möchte ich dich bitten, Kommandeur Mumm
    nicht zu verärgern«, sagte der Patrizier. »Beziehungsweise nicht mehr als
    unbedingt erforderlich.«
    »Ich bin sicher, wir können an einem Strang ziehen.«
    Lord Vetinari hob erneut die Brauen. »Oh, ich hoffe nicht, nein, wirk-
    lich nicht. An einem Strang ziehen – das ist das Ziel von Despotie und
    Tyrannei. Freie Menschen ziehen in unterschiedliche Richtungen.« Er
    lächelte. »Nur so lässt sich Fortschritt erzielen. Und man muss natürlich
    mit der Zeit gehen. Um nicht zu sagen: mit der Times. Ich wünsche euch einen guten Tag.«
    Der Patrizier nickte den Anwesenden zu und verließ das Gebäude.
    »Warum seid ihr alle noch hier?«, fragte William, als der Bann schließ-
    lich brach.
    »Äh… wir wissen nicht, was wir tun sollen«, erwiderte Frau Tilly
    hoffnungslos.
    »Geht und sucht nach Dingen, von denen die Leute in der Zeitung le-
    sen möchten«, sagte Sacharissa.
    »Und Dinge, die sie nicht in der Zeitung sehen wol en«, fügte Wil iam
    hinzu.
    »Und interessante Dinge«, sagte Sacharissa.
    »Wie zum Beispiel der Hunderegen von vor zwei Monaten?«, fragte
    Herr O’Keks.
    »Vor zwei Monaten hat es keine Hunde geregnet!«, entgegnete Wil iam scharf.
    »Aber…«
    »Ein Hündchen ist kein Regen. Es fiel aus einem Fenster. Wir sind nicht an Niederschlägen aus Tieren, spontanem Feuer oder Entführungen interessiert, bei denen silberne Scheiben eine maßgebliche Rolle
    spielen…«
    »Es sei denn natürlich, so was passiert tatsächlich«, bemerkte Sacha-
    rissa.
    »Ja, natürlich, das ist klar «, sagte William. »Aber solange es nicht wirklich geschieht, haben wir kein Interesse daran. Verstanden? Nachrichten
    bestehen aus ungewöhnlichen Dingen, die geschehen…«
    »Und aus gewöhnlichen Dingen, die geschehen«, meinte Sacharissa
    und zerknül te einen Bericht von einer Sitzung des Vereins für komi-
    sches Gemüse.
    »Und aus gewöhnlichen Dingen, ja«, sagte William. »Aber Nachrich-
    ten sind hauptsächlich Dinge, von denen irgendwo irgendjemand
    möchte, dass wir sie nicht in der Zeitung bringen…«
    »Aber manchmal möchte irgendwo irgendjemand, dass wir sie brin-
    gen«, warf Sacharissa ein.
    »Nachrichten sind…« William unterbrach sich. Die anderen muster-
    ten ihn höflich, während er mit offenem Mund und erhobenem Zeige-
    finger dastand.
    »Nachrichten«, sagte er schließlich, »hängen von den Umständen ab.
    Ihr werdet sie erkennen, wenn ihr sie seht. Alles klar? Gut. Geht jetzt
    und sucht welche.«
    »Das war ein wenig schroff«, tadelte Sacharissa, als die neuen Mitar-
    beiter gegangen waren.
    »Nun, ich habe nachgedacht«, sagte Wil iam. »Ich meine, wir haben
    einiges erlebt, eins hat zum anderen geführt…«
    »… zwei Männer versuchten, uns zu töten; man hat dich ins Gefäng-
    nis gesteckt; es gab eine Hundeplage; der Schuppen ist abgebrannt, du
    warst frech zu Lord Vetinari…«, sagte Sacharissa.
    »Ja, nun… und deshalb… ich finde, du und ich… wir sol ten uns den
    Nachmittag freinehmen. Ich meine«, fügte er verzweifelt hinzu, »nir-
    gends steht geschrieben, dass wir die Zeitung jeden Tag herausbringen
    müssen.«
    »Abgesehen von der Stelle ganz oben auf der ersten Seite«, sagte Sa-
    charissa.
    »Ja, aber man darf doch nicht alles glauben, was man in der Zeitung liest.«
    »Nun… meinetwegen. Ich schreibe nur noch diesen Bericht zu En-
    de…«
    »Mitteilungen für dich, Herr William«, sagte einer der Zwerge und leg-
    te einen Papierstapel auf den Schreibtisch. William stöhnte leise und
    ging die Unterlagen durch. Der Stapel enthielt einige Test-Botschaften
    aus Lancre und Sto Lat. Schon jetzt konnte er erkennen, dass er bald
    aufs Land musste, um richtige Reporter auszubilden; die gut gemeinten Sendungen von Lebensmittelhändlern und Gastwirten, die einen Cent
    pro Zeile bekamen,

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