Die Vollstrecker
hinweggeflogen. Ich kann mich noch an die glühenden Augen erinnern.«
»Auch an Zähne?«
»Nein, das nicht. Worauf wollen Sie denn hinaus? Denken Sie vielleicht an Vampire?«
»Das schließe ich nicht aus. Schwarze Vampire.«
»Und was würde Ihnen das bringen?«
»Nicht mir«, sagte ich lächelnd. »Es würde Ihnen zumindest bringen, daß Sie wissen, wo Sie sich aufgehalten haben.«
»Aha.« Eric La Salle sah nicht überzeugt aus. Aber Purdy Prentiss mischte sich ein.
»Mich überrascht die Exaktheit Ihrer Fragen, Mr. Sinclair. Für mich hörten sie sich an, als wüßten Sie ziemlich genau Bescheid, in welcher Welt wir uns aufgehalten haben.«
»Das kann durchaus sein. Es geht mir um die schwarzen Vampire, von denen Eric erzählte. Sollte meine Vermutung zutreffen, dann haben Sie beide in einer Welt gelebt, die vor langer Zeit untergegangen ist. Und zwar in Atlantis.«
Beide blickten mich an. Beide sagten zunächst nichts, bis Purdy die Schultern hob. »Haben Sie wirklich Atlantis gesagt?«
»Bestimmt.«
»Ein Märchen, Mr. Sinclair.«
»Waren Ihre Träume auch Märchen? Oder die Gestalt, die auf Sie beide zugeflogen ist?«
»Nein.«
»Eben, Mrs. Prentiss. Dieses Monstrum ist aus Ihrer Zeit erschienen, und ich bin davon überzeugt, daß Sie im alten Atlantis gelebt haben. Nicht in den Städten am Meer, in denen es sehr prunkvoll zuging. Nein, Sie beide haben sich durch das Hinterland schlagen müssen. Durch eine unwirtliche Gegend, in der Gefahren aller Art lauerten. Das ist die andere Seite des Kontinents gewesen. In dieser Zeit wurde die Magie nicht so ins Abseits gestellt wie in unserer. Man lebte mit ihr. Man akzeptierte sie. Es gab Weise und Zauberer. Prinzen und Bettler. Krieger und Feige. Ein Spektrum der Menschheit, wie sie heute auch noch existiert, aber eben unter anderen Voraussetzungen.«
»Gut gesagt«, lobte mich die Staatsanwältin. »Ich habe auch über die schwarzen Vampire nachgedacht. Doch wie sehen Sie dann dieses Schattenmonster, das uns angriff?«
»Keine Ahnung.«
»Bitte?«
»Ich habe keine Ahnung, wie ich es sehen soll. Ich kenne den Zusammenhang nicht.«
»Das ist schlecht«, sagte La Salle.
»Stimmt, aber wir sind noch nicht am Ende.«
»Was schlagen Sie denn vor?«
»Mrs. Prentiss, wir sind alle erwachsen und für die Wahrheit aufgeschlossen. Ich denke mir da folgendes. Dieser Angriff war ein erster Versuch, nicht mehr. Sie müssen davon ausgehen, daß noch andere erfolgen werden, aus welchen Gründen auch immer. Man hat Sie damals zwar getötet, aber man hat Sie nicht richtig getötet, verstehen Sie? Sie konnten beide eine Wiedergeburt erleben. Sogar Ihr Schwert, Eric, hat den Weg mitgemacht, was kaum zu fassen ist, aber ich sagte Ihnen, daß die Mächte in diesem alten Kontinent ein Wissen besaßen, von dem wir heute nur träumen können.«
»Wir müssen also mit weiteren Angriffen rechnen!« brachte La Salle es auf den Punkt.
»Ja.«
»Und auch damit, daß uns dieses Monstrum nicht weiterhin als Schatten attackiert, sondern sich – wie soll ich sagen? – materialisiert und dabei fester wird?«
»Auch das.«
»Dann war die erste Attacke nur ein Versuch?« flüsterte Purdy Prentiss.
»Davon müssen Sie ausgehen.«
Beide schauten mich an. Ich hielt mich zurück, weil ich sie nicht stören oder mit Vorschlägen durcheinanderbringen wollte. Damit mußten sie allein zurechtkommen.
Purdy strich ihr Haar zurück. »Das ist nicht einfach«, sagte sie, »und feige bin ich auch nicht.«
Eric nickte.
»Ich denke, daß wir zusammenbleiben sollten. Uns hat das Schicksal die Wege geebnet. Wir sollten sie nicht zerstören.«
»Ich habe einen Job.«
»Was denkst du, was ich habe.«
»Ich muß Richter Clarence Dumby beschützen und…«
»Ach, du bist derjenige. Nein, das kann ein anderer übernehmen. Dafür sorge ich.«
»Wenn du das schaffst, ist es okay. Aber nicht die Lösung des Problems, denn danach muß es trotzdem weitergehen.«
»Das wird es auch.«
»Hast du dir darüber Gedanken gemacht?«
Purdy nagte an ihrer Unterlippe. »Das habe ich in der Tat. Ich denke, wir wollten zunächst einmal zusammenbleiben.« Sie lächelte heiter. »Das kennen wir ja aus alter Zeit.«
Eric war einverstanden. »Nur – wo?«
»Wie wohnst du?«
Ich hatte zugehört und lächelte innerlich. Diese Person namens Purdy Prentiss ließ sich so leicht nichts vormachen. Sie kam direkt auf den Punkt.
Eric hatte mit seiner Antwort gezögert und sah sogar ein wenig verlegen aus.
Weitere Kostenlose Bücher