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Die Voodoo-Witwe

Die Voodoo-Witwe

Titel: Die Voodoo-Witwe Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jason Dark
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Silberklinge konnte er nicht entwischen.
    Sie traf ihn nicht in die Brust. Durch seine Bewegung hatte sich das Ziel verändert, aber sie bohrte sich wuchtig und auch sehr tief in seine linke Schulter hinein, leicht schräg auftreffend, so daß sie beinahe schon seine Brust erwischte.
    Zum erstenmal hörte ich seine Stimme. Es war kein Wort, sondern ein krächzender Schrei, der mir da entgegendrang. Er geriet ins Trudeln, hielt sein verdammtes Messer noch immer fest, schlenkerte den rechten Arm und taumelte endlich zurück. Sollte ich nachsetzen?
    Ich war mir nicht sicher, denn ein Mann wie er war auch angeschossen noch verflucht gefährlich. Der gab nicht auf, der würde weitermachen, wenn er konnte.
    Er fing sich wieder.
    Die Lampe hielt alles fest. Er fluchte, er knurrte tief in der Kehle — und rannte plötzlich vor.
    Es sah so aus, als würde er mitten in den Strahl hineinrennen, der zuckend und lautlos auf Brust, Hals und Gesicht explodierte. Er wirkte so wie ein tanzender Derwisch, sein Gesicht war eine haßerfüllte, schweißverklebte Fratze, und er schaffte es tatsächlich, seine furchtbare Klinge auf die Reise zu schicken.
    Dabei war er nicht so dumm, sie aus der Hand zu geben. Sein rechter Arm wurde nur sehr lang, ich sah die Klinge, ich sah ihn und hechtete von ihm weg.
    Das war genau der richtige Moment gewesen. Über mir hinweg schlug das mörderische Messer so hart, daß ich den fauchenden Laut noch mitbekam. Dann hörte ich ihn wüten, als er gegen die Wand prallte. Was weiter geschah, sah ich nicht, weil ich mich aus der unmittelbaren Gefahrenzone wegdrehte. Ich kam wieder auf die Füße, lief geduckt in die Kabinenmitte, ging aber rückwärts und prallte gegen den viereckigen Tisch.
    Er rutschte ein Stück weiter. Dadurch wäre ich beinahe auf den Rücken gefallen, hörte einen röhrenden Laut, dann klatschte etwas in meiner Nähe auf. Zum Glück drehte ich den Kopf zur anderen Seite, sonst wären mir die Scherben der zerbrochenen Vase ins Gesicht gespritzt und nicht im Nackenhaar gelandet.
    Ich kam wieder hoch.
    Seine Schritte stampften, als er auf mich zurannte. Die Lampe hatte ich verloren. Sie leuchtete auf dem Boden weiter, und ihr Strahl war in Richtung Bad gerichtet. Er erreichte sogar die Tür, aber das gab mir kaum Sicht.
    Mir geriet eine Lampe zwischen die Finger. Es war ein helles, ovales Ding.
    Ich wuchtete es ihm entgegen.
    Wieder entstanden Splitter, denn er hatte die Leuchte mit einem blitzschnellen Hieb zerstört.
    Und dann bewegte er sich nach rechts. Ein Drehsprung brachte ihn in diese Richtung. Wie ein Irrwisch huschte er durch den Lichtstrahl, und einen Moment später sah ich seine Gestalt an der Tür zum Bad und hörte auch seine Stimme.
    »Ich komme, Mutter!«
    Dieser Satz irritierte mich, ich kam mit ihm nicht zurecht, war eigentlich zu lange abgelenkt, denn das nächste Geräusch hörte sich an, als wäre eine Tür zugefallen.
    Sie knallte auch zu.
    Es war die zum Bad.
    Was wollte er dort? Sich einschließen und auf seine Mutter warten?
    Oder zu ihr gehen?
    Ich nahm mir einige Sekunden Zeit. Der Kampf war noch nicht beendet, nur in eine Pause eingetreten. Er würde bis zur bitteren Neige gehen, und es konnte nur einen Sieger geben.
    Ich stolperte durch die Dunkelheit auf meine Lampe zu, hob sie auf, leuchtete den Boden vor mir ab und sah dort etwas Helles liegen, das auch Reflexe warf.
    Da lag mein Dolch!
    Ob er aus der Wunde herausgerutscht war oder ihn der Häuter hervorgezogen hatte, konnte ich nicht sagen. Wichtig war erstens, daß ich ihn überhaupt zurückhatte, und es kam noch etwas dazu. Ich wußte jetzt, daß er kein Dämon war, denn die geweihte Klinge hätte ihn sonst zerstört und wäre nicht einfach so in seiner Schulter steckengeblieben. Ich hatte es mit einem ›normalen‹ Menschen zu tun, der anderen die Haut vom Körper zog.
    Ein Wahnsinn…
    Ins Bad war er geflohen. Ich erinnerte mich daran, daß es dort kein Fenster gab. Er hatte sich meiner Ansicht nach den falschen Fluchtweg ausgesucht. Es sei denn, er wollte sich bewußt in einem engen Raum aufhalten, wo die Ausweichchancen nicht sehr günstig waren. Ich beging nicht den Fehler, auf direktem Weg in Richtung Bad zu gehen, denn ich mußte immer wieder an seine Klinge denken, die lang und hart genug war, um eine Badezimmertür mit einem Hieb durchschlagen zu können. Wer dann dicht dahinter stand, wurde auch noch erwischt.
    Der Häuter hatte Blut verloren. Dicke, rote Flecken waren zu Boden geklatscht.

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